Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
was. Claudia hatte den Song noch nie gehört und hätte sich vor Lachen fast in die Hose gemacht. Sie konnte es einfach nicht glauben. Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt und sich die Tränen aus den Augen gewischt hatte, wollte sie von Rydell wissen, warum er denn überhaupt Polizist werden wollte. Und er hatte sich dabei irgendwie unbehaglich gefühlt, weil es so war, als ob sie sein Studium an der Akademie ebenfalls komisch fände, so komisch wie diesen dämlichen Song. Aber auch deshalb, weil er darüber eigentlich noch nicht sonderlich viel nachgedacht hatte.
In Wahrheit hatte es wahrscheinlich eine Menge damit zu tun, dass er und sein Vater sich immer Cops in Schwierigkeiten angeschaut hatten, weil einem diese Sendung ernsthaft Respekt einflößte. Man bekam zu sehen, mit was für Problemen sich die Polizei rumschlagen musste. Nicht bloß mit bewaffneten Schleimscheißern, die voll auf Dope waren, sondern auch mit den Anwälten dieser Schleimscheißer und den verdammten Gerichten und allem. Aber wenn er ihr erklärte, es sei wegen einer Fernsehsendung, dann würde sie darüber auch bloß lachen, das wusste er. Deshalb dachte er eine Weile nach und erzählte ihr, der Grund sei, dass ihm der Gedanke gefalle, Menschen helfen zu können, die wirklich in Schwierigkeiten seien. Als er das gesagt hatte, sah sie ihn bloß an.
»Berry«, sagte sie, »das ist dein voller Ernst, nicht?«
»Sicher«, erwiderte er. »Glaub schon.«
»Aber Berry, wenn du ’n Cop bist, werden die Leute dich einfach anlügen . Die werden dich als ihren Feind betrachten.
Und sie werden überhaupt nur dann mit dir reden wollen, wenn sie in Schwierigkeiten sind.«
Während er fuhr, warf er ihr einen Seitenblick zu. »Wieso weißt du eigentlich so viel darüber?«
»Weil es das ist, was mein Vater macht«, sagte sie. Ende des Gesprächs. Und sie brachte das Thema nie wieder aufs Tapet.
Aber während seiner Zeit bei IntenSecure, als er Gunhead fuhr, hatte er daran gedacht, denn das war eigentlich ein Polizistenjob, nur dass er eben kein Polizist war. Die Leute, denen man helfen sollte, machten sich meistens nicht mal die Mühe, einen anzulügen, weil sie es waren, die die Rechnung bezahlten.
Und hier war er nun, auf dieser Brücke, und kroch unter einem Obststand hervor, um dem Mädchen zu folgen, das Warbaby und Freddie zufolge – denen Rydell keinen Furz weit traute, wie ihm immer klarer wurde – diesen Deutschen, oder was immer er war, in dem Hotel massakriert hatte. Und ihm die Brille geklaut hatte, die Rydell zurückholen sollte, so eine wie die von Warbaby. Aber wenn sie die vorher schon geklaut hatte, weshalb sollte sie dann später nochmal zurückkommen, um den Kerl umzubringen? Die eigentliche Frage war jedoch, was das eine mit dem anderen zu tun hatte, oder damit, dass er mit seinem Vater so oft Cops in Schwierigkeiten gesehen hatte. Und die Antwort war vermutlich, dass er, wie jeder andere in seiner Lage, einfach versuchte, sich seine Brötchen zu verdienen.
Dicke Regenströme kamen von verschiedenen Stellen in dem ganzen wirren Geflecht da oben herab und klatschten auf den Boden. Ein Stück von der Brücke entfernt leuchtete etwas rosarot auf, wie ein Blitz. Er glaubte zu sehen, wie sie etwas wegwarf, aber wenn er stehen blieb, um nachzusehen, was es war, würde er sie vielleicht verlieren. Sie bewegte sich jetzt, wich den Wasserfällen aus.
Die Technik der Straßenobservation war nichts, was auf der Akademie besonders geübt wurde, außer wenn man als so gutes Detektivmaterial galt, dass man eine direkt auf die Kripo-Kurse für Fortgeschrittene zugeschnittene Ausbildung bekam. Aber Rydell hatte sich trotzdem das Lehrbuch gekauft. Dummerweise wusste er von daher, dass man für so was mindestens einen Partner brauchte, vorausgesetzt, man hatte Funkgeräte und es gab ein paar Bürger, die ihren Geschäften nachgingen und einem auf diese Weise ein wenig Deckung gaben. Wenn man es so machen musste wie er jetzt, konnte man bestenfalls darauf hoffen, der Zielperson unbemerkt nachschleichen zu können. Dass sie es war, erkannte er an der ausgeflippten Haartracht, dem Pferdeschwanz, der im Nacken hochstand wie bei einem fetten japanischen Ringer. Sie war aber nicht fett. Ihre Beine ragten aus einer großen alten Motorradjacke heraus, die ein paar Jahre in einem Schuppen gehangen haben mochte, und sahen aus, als ob sie viel Sport machen würde. Sie waren von einem engen, glänzenden, schwarzen Stoff bedeckt, der Kevins
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