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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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wütend. Als hätte er was verloren. »Dabei weiß ich nicht mal, wofür ich’s eigentlich gehalten habe«, murmelte er vor sich hin.
    »Fällt jeder drauf rein«, sagte der Barkeeper.
    Vor seinem geistigen Auge sah Rydell, wie jemand dort draußen an dieser Talstraße saß und auf Autos wartete. So wie damals, als er mit seinen Freunden unter den Büschen in der Jefferson Street gelegen und den Leuten Dosen unter die Reifen geworfen hatte. Hörte sich an, als ob eine Radkappe abgefallen wäre. Dann konnte man zusehen, wie sie ausstiegen und nachschauten und den Kopf schüttelten. Was er gesehen hatte, war also nur eine Version davon gewesen, jemand, der mit einem teuren Spielzeug gespielt hatte.
    »Scheiße«, sagte er und konzentrierte sich darauf, Chevette Washington in der Menge ausfindig zu machen. Jetzt war es nicht mehr der Geruch von Bier oder Rauch, der ihm
in die Nase stieg, sondern eher der von nassen Haaren und Klamotten und einfach von Körpern. Und da war sie, mit ihren beiden Freunden; sie hockten an einem kleinen runden Tisch in einer Ecke zusammen. Die Kapuze des Sweatshirts war jetzt unten, und Rydell sah einen weißen Stoppelkopf mit der Tätowierung einer Fledermaus oder eines Vogels an der Seite, dort, wo sie nicht mehr zu sehen sein würde, wenn die Haare nachwuchsen. Es war eine Tätowierung, die jemand mit der Hand gemacht hatte, nicht so eine, wie man sie an einem computergesteuerten Tisch bekam. Glatzkopf hatte im Profil ein hartes kleines Gesicht, und er schwieg. Chevette Washington erzählte dem anderen irgendwas, und sie sah nicht glücklich aus.
    Dann änderte sich die Musik, die Drums setzten ein, als ob es Millionen wären, eine gestaffelte Formation, die sich irgendwie bis hinter die Wände erstreckte, und seltsame Wogen statischen Rauschens rollten auf ihnen herein, ebbten ab und kamen von neuem heran, dazu Frauenstimmen, die wie Vögel kreischten, und nichts davon war natürlich; die Stimmen sausten mit dem Dopplereffekt von Sirenen auf einem Highway vorbei, und wenn man genau hinhörte, waren die Drums aus kleinen Soundschnipseln zusammengesetzt, die gar nicht von Drums stammten.
    Die Japanerin – das Hologramm, rief Rydell sich ins Gedächtnis – hob die Arme und begann zu tanzen, eine Art Shuffle mit schlängelnden Bewegungen, nicht zum Rhythmus der Drums, sondern zu den Wellen statischen Rauschens, die über deren Sound hin und her spülten, und als Rydell auf die Idee kam, die fette Frau anzuschauen, sah er, dass ihre Augen offen waren und dass sich ihre Finger in dem Plastikmuff bewegten.
    Niemand sonst in dem Laden schenkte der Japanerin die geringste Aufmerksamkeit, nur Rydell und die Frau im Rollstuhl. Rydell lehnte an der Bar, sah sich den Tanz des Hologramms an und überlegte, was er als Nächstes tun sollte.

    Warbabys Wunschzettel sah folgendermaßen aus: Am besten war es, wenn er die Brille und das Mädchen bekam, das zweitbeste war die Brille, und nur das Mädchen rangierte eindeutig auf dem dritten Platz, war aber ein Muss, wenn sonst nichts ging.
    Josies Musik verebbte ein letztes Mal, und der Tanz des Hologramms endete. Von ein paar Tischen kam Applaus von Betrunkenen, und Josie nickte ein wenig, als ob sie ihnen dankte.
    Das Schreckliche daran war, dachte Rydell, dass Josie dort saß, in diesen Rollstuhl gequetscht, und einfach nicht sonderlich gut darin war, dieses Ding tanzen zu lassen. Er musste an den Blinden im Park in Knoxville denken, der den ganzen Tag dort rumsaß und auf einer antiken Gitarre schrummelte. Da saß er, blind, mit dieser alten Gitarre, und spielte einfach beschissen. Er schien auch nie besser zu werden. Rydell fand das einfach nicht fair.
    Jetzt standen ein paar Leute an einem Tisch in der Nähe von Chevette Washingtons Platz auf. Rydell war sofort mit dem Bier zur Stelle, das er gewonnen hatte, weil er Eddie Scheißdreck abgewimmelt hatte. Er war immer noch nicht nah genug dran, um zu verstehen, was sie sagten, aber er konnte es wenigstens probieren. Er versuchte, sich was einfallen zu lassen, um vielleicht ein Gespräch anzufangen, aber das schien ziemlich hoffnungslos zu sein. Nicht dass er aussah, als ob er nicht hierhergehören würde; er hatte den Eindruck, dass die meisten hier keine Stammkunden waren, sondern ein willkürliches Sammelsurium von Leuten, die vor dem Regen geflohen waren. Aber er hatte einfach keine Ahnung, was das für ein Laden war. Er wurde nicht schlau draus, was »Kognitive Dissidenten« bedeutete; es würde

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