Idoru
Hausfriedensbruchs.
Und sie hatte die Aufzeichnung von Rez’ Botschaft gesehen, in der er den Leuten versicherte, er sei am Leben, es gehe ihm gut und er bedaure die ganze Sache, mit der er natürlich nichts zu tun habe. Das Monokelgerät trug er dabei nicht, aber er hatte denselben schwarzen Anzug und das T-Shirt an. Er sah jedoch dünner aus; jemand hatte das Bild frisiert. Anfangs hatte er grinsend gewitzelt, er sei nie im Hotel Di gewesen und habe überhaupt noch nie ein Liebeshotel aufgesucht, aber jetzt sollte er’s vielleicht mal tun. Dann war er ernst geworden und hatte gesagt, wie leid es ihm tue, daß Leute aufgrund eines unverantwortlichen Streichs Unannehmlichkeiten hätten und sogar verletzt worden seien. Und er hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt, indem er lächelnd erklärt hatte, das alles sei ungeheuer bewegend für ihn gewesen, denn wie oft komme man schon dazu, seiner eigenen Beerdigung beizuwohnen?
Und sie hatte die Besitzer und Manager des Hotel Di gesehen, die ihr Bedauern zum Ausdruck brachten. Es sei ihnen schleierhaft, sagten sie, wie das alles habe passieren können. Chia gewann den Eindruck, daß es hier zum guten Ton -318—
gehörte, sein Bedauern zu äußern, aber die Besitzer des Di hatten in ihrer Erklärung auch noch untergebracht, daß es kein Personal in ihrem Hotel gebe, damit die Gäste noch weniger gestört würden. Arleigh hatte das gesehen und gemeint, das sei die Werbung für sie gewesen, und sie wette, der Laden sei für die nächsten zwei Monate ausgebucht. Er war jetzt berühmt.
Alles in allem schien die Berichterstattung das Ganze wie ein Thema für die Sauregurkenzeit zu behandeln, eine Sache, die ernsthafte Kreise hätte ziehen können, wenn die Polizei nicht so umsichtig und geschickt gehandelt hätte, wie sie es zu guter Letzt getan hatte, indem sie Elektrobusse aus den Vororten herangeholt hatte, um die Mädchen zu Sammelstellen im ganzen Stadtgebiet zu fahren.
Arleigh war aus San Francisco, arbeitete für Lo/Rez und kannte Rez persönlich, und sie war es auch gewesen, die den Van durch die Menge nach draußen gesteuert hatte. Und dann hatte sie einen Polizeihubschrauber abgehängt, indem sie auf dieser Schnellstraße etwas völlig Verrücktes gemacht hatte, nämlich eine Wendung um 180 Grad direkt über den Betonmittelstreifen hinweg.
Sie hatte Chia und Masahiko zu diesem Hotel gefahren und in den aneinandergrenzenden Zimmern mit den sonderbaren Eckwinkeln untergebracht, wo jeder von ihnen über ein eigenes Bad verfügte. Sie hatte sie alle beide gebeten, dort zu bleiben und nicht zu porten oder das Telefon zu benutzen, ohne es ihr zu sagen, außer um den Zimmerservice anzurufen, und dann war sie gegangen.
Chia hatte zuallererst einmal eine Dusche genommen. Es war die beste Dusche ihres Lebens gewesen, und sie fühlte sich, als würde sie diese Klamotten nie wieder anziehen wollen, solange sie lebte. Sie wollte sie nicht mal ansehen müssen. Sie fand einen Plastikbeutel für die Sachen, die gewaschen werden sollten, stopfte sie dort hinein und steckte ihn dann in den Abfalleimer im Badezimmer. Dann schlüpfte sie in saubere -319—
Sachen aus ihrer Tasche – sie waren alle zerknittert, aber es fühlte sich großartig an – und fönte sich die Haare mit dem in die Badezimmerwand eingebauten Apparat trocken. Das Klo sprach nicht, und es hatte nur drei Tasten, deren Bedeutung man rauskriegen mußte.
Danach legte sie sich aufs Bett und nickte ein, schlief aber nicht lange.
Arleigh schaute immer wieder herein, um sich zu vergewissern, daß es Chia gut ging, und um ihr Neuigkeiten mitzuteilen, so daß Chia das Gefühl hatte dazuzugehören – wozu auch immer. Arleigh sagte, Rez sei jetzt wieder in seinem Hotel, er werde aber später kommen, um einige Zeit mit ihr zu verbringen und ihr für alles zu danken, was sie getan hatte.
Das löste bei Chia merkwürdige Gefühle aus. Jetzt, wo sie ihn in Fleisch und Blut gesehen hatte, war das ihren diversen früheren Wahrnehmungen gegenüber in den Vordergrund getreten, und ihre Empfindungen in bezug auf ihn waren irgendwie komisch. Verworren. Als hätte das alles ihn für sie in der Echtzeit angepflockt, und sie dachte immer wieder an ihre Mutter, die gemosert hatte, daß Lo und Rez beinahe so alt seien wie sie.
Und dann war da noch etwas. Es entsprang dem, was sie gesehen hatte, als sie hinten in dem Van zwischen dem kleinen Japaner mit dem herunterhängenden Jackettärmel und Masahiko gekauert hatte: Sie hatte
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