Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
von jemandem, dessen -36—
    Kühlschrank, wie man kurz davor entdeckt hatte, voll war mit den Fingern seiner Opfer.
    »Clinton Hillman«, sagte Kathy Torrance. »Friseur, Sushi-Koch, Musikjournalist, Komparse bei Hardcore-Streifen mit mittlerem Budget. Dieser Kopf ist natürlich frisiert.« Sie tippte auf ein paar Tasten und korrigierte das Bild. Auf ihrem Bildschirm wurden Clinton Hillmans Augen und Kinn um etliche Klicks kleiner. »Hat er wahrscheinlich selber gemacht.
    Wenn da ein Profi am Werk gewesen wäre, gäbe es keinerlei Anhaltspunkte.«
    »Der spielt in Pornos mit?« Laney empfand vages Mitleid mit Hillman, der ohne sein Kinn verloren und verwundbar aussah.
    »Die sind nicht an der Größe seines Kinns interessiert«, sagte Kathy. »Bei Pornos geht’s hauptsächlich darum, Bewegung einzufangen. In extremer Großaufnahme. Sind alles Body-Doubles. Bei der Post-Produktion legen sie bessere Gesichter drauf. Aber irgendwer muß trotzdem die Drecksarbeit machen und Sumpfrallen bumsen, stimmt’s?«
    Laney warf ihr einen Seitenblick zu. »Wenn Sie’s sagen.«
    Sie gab Laney einen professionellen Thomson-Datenhelm mit Gummibeschichtung. »Dann mal ran an ihn.«
    »Ran?«
    »An ihn. Suchen Sie diese Knotenpunkte, von denen Sie mir erzählt haben. Der Kopf ist der Zugang zu allem, was wir über ihn haben. Eimerweise pure Langeweile. Daten wie ein Tapiokameer, Laney. Eine endlose Vanilleebene. Er ist so langweilig, wie der Tag lang ist, und der Tag ist lang. Tun Sie’s. Machen Sie mich glücklich. Tun Sie’s, und Sie haben einen Job.«
    Laney betrachtete den aufgemotzten Hillman auf seinem Bildschirm. »Sie haben mir noch nicht gesagt, wonach ich suche.«
    -37-
    »Nach allem, was für Slitscan von Interesse sein könnte, Laney. Das heißt, nach allem, was für Slitscans Publikum von Interesse sein könnte. Welches man sich am besten als bösartigen, faulen, zutiefst ignoranten, ewig hungrigen Organismus vorstellt, der sich nach dem warmen Gottesfleisch der Gesalbten sehnt. Ich persönliche stelle mir gern was in der Größe eines Nilpferdjungen vor, das die Farbe einer Woche alter gekochter Kartoffeln hat und ganz allein im Dunkeln in einem überbreiten Wohnwagen am Stadtrand von Topeka lebt.
    Es ist über und über mit Augen bedeckt und schwitzt permanent. Der Schweiß läuft in diese Augen, so daß sie brennen. Es hat weder Mund noch Genitalien, Laney, und kann seine stummen, extremen Gefühle rasenden Zorns und infantilen Begehrens nur ausdrücken, indem es mittels einer universellen Fernbedienung die Kanäle wechselt. Oder sich an Präsidentschaftswahlen beteiligt.«
     
    »SBU?«
    Yamasaki hatte sein Notebook draußen und den Lichtstift schreibbereit. Laney stellte fest, daß es ihn nicht störte. Man sah dem Mann an, daß er sich damit gleich viel wohler fühlte.
    »Strategie Business Unit«, sagte er. »Ein kleiner Konferenzraum. Slitscans Post-Büro.«
    »Eine Post?«
    »Kalifornischer Plan. Die Leute haben keinen eigenen Schreibtisch mehr. Man holt sich einen Computer und ein Telefon aus dem Käfig, wenn man reinkommt. Schließt sie an ein Hotdesk an, einen aufgerüsteten Schreibtisch, wenn man mehr Peripherie braucht. Die SBU sind für Meetings gedacht, aber es ist schwer, eine zu kriegen, wenn man sie braucht.
    Virtuelle Meetings sind bei denen groß in Mode – besser bei sensiblen Themen. Man kriegt einen Spind für seinen persönlichen Kram. Mit Printouts läßt man sich lieber nicht -38—
    blicken. Und sie haben entschieden was gegen Postits.«
    »Weshalb?«
    »Weil man was aus dem hausinternen Netz aufgeschrieben haben könnte, und das könnte möglicherweise nach draußen gelangen. Ihr Notebook da wäre nie im Leben aus dem Käfig rausgelassen worden. Weil es kein Papier gab, hatten sie eine Aufzeichnung von jedem Anruf, jedem aufgerufenen Bild und jedem Tastenanschlag.« letzt nickte Blackwell. Sein stoppeliger Schädel fing das Rot von Amos’ Schlauchlippen auf. »Sicherheit.«
    »Und Sie waren erfolgreich, Mr. Laney?« fragte Yamasaki.
    »Sie haben die … Knotenpunkte gefunden?«
    -39-

4
    Venedig,
    dekomprimiert
    » J etzt halt mal die Klappe«, sagte die Frau auf 23E, ohne daß Chia ein Sterbenswörtchen gesagt hätte. »Die Schwester wird dir ’ne Geschichte erzählen.«
    Chia blickte von dem Bildschirm in der Rückenlehne auf, wo sie sich durch die elfte Ebene einer lobotomisierten Airline-Version von Skull Wars gekämpft hatte. Die Blonde schaute geradeaus; sie sah Chia nicht an. Ihr

Weitere Kostenlose Bücher