If You Stay – Fuereinander bestimmt
Tätowierung auf seiner Hüfte. Es ist eine zusammengerollte schwarze Schlange. Und darunter steht:
Trampel nicht auf mir herum.
Er hält meiner Mom jetzt die Pistole an den Kopf. Er sagt: ›Mach es. Oder ich bringe deinen Sohn vor deinen Augen um.‹«
Oh, Gott.
Bitte nicht.
Mir wird angst. Ich möchte zu Pax eilen und ihn trösten, diesen Verlauf der Ereignisse aufhalten, aber ich weiß, dass ich das nicht tun kann. Denn solange er sich nicht erinnert, können wir ihm nicht helfen. Ich bin es nun, die die Lehnen des Sessels umklammert, als er fortfährt. Mir ist speiübel, und Tränen tropfen auf meine Bluse herab.
»Was geschieht jetzt, Pax?«, erkundigt sich Dr. Tyler leise. »Bitte denk daran, dass du jetzt sicher bist. Der Mann kann dir nichts tun.«
»Der Mann steht mit dem Rücken zu mir, und ich kann meine Mom nicht richtig sehen. Aber ich weiß, dass sie immer noch da ist. Ihr Kopf bewegt sich auf und ab. Auf und ab. Sie weint immer noch, und ich kann erkennen, dass ihre Schultern zittern. Der Mann hat sie gerade fest geschlagen. Er sagt: ›Hör auf zu heulen, Schlampe. Bist wohl zu fein, um mir einen zu blasen, was?‹«
Tränen strömen mir über das Gesicht. Ich kann einfach nicht glauben, dass Pax das mit ansehen musste. Er muss schreckliche Angst gehabt haben. Es bricht mir das Herz, genau wie seines damals wohl zerbrochen ist. Wie gern würde ich es wieder heilen. Aber wie soll das möglich sein, wenn ein Kind so etwas mit angesehen hat?
»Meiner Mom hat noch niemals jemand weh getan, und ich will ihr helfen. Aber ich habe Angst. Doch außer mir ist niemand da. Mein Dad arbeitet noch, und ich weiß, dass er wollen würde, dass ich tapfer bin. Ich bin der Mann im Haus, der aufpasst, wenn er nicht da ist. Also stehe ich auf und renne aus dem Schrank.
Ich springe den Mann mit dem Revolver an, und er dreht sich genau in dem Moment um, als ich nach seiner Hand greife. Das Metall der Pistole ist kalt. Ich spüre es unter meinen Fingern, und dann ist da ein so lautes Geräusch, dass mir die Ohren klingen. Meine Mom fällt auf das Bett, und da ist eine Menge Blut.«
Ich bin erstarrt.
Oh, mein Gott.
Oh, mein Gott.
War Pax an den Abzug gekommen?
Oh, mein Gott.
»Der Mann schreit: ›Was, zum Teufel, hast du getan?‹, und er schüttelt mich. Dann schreit er weiter: ›Du hast deine Mutter umgebracht!‹ Meine Mom bewegt sich nicht, ihre Augen sind geöffnet, starren mich an. Aber sie sieht mich nicht. Der Mann hat recht. Ich habe meine Mutter umgebracht.«
Ich schaue mit großen Augen zu und wäre am liebsten in den anderen Raum gestürzt, um Pax in den Arm zu nehmen. Eine Träne kullert ihm über die Wange. Ich vermag mich kaum noch zu beherrschen. Dr. Tyler muss wohl ahnen, wie es in mir aussieht, denn er dreht sich um und spricht in die Kamera.
»Wir müssen es wissen«, sagt er leise. Ruhig. Und er sagt es zu mir.
Scheiße.
Ich hocke auf dem Sesselrand und presse mir eine Faust auf den Mund, während er fortfährt.
»Was passiert als Nächstes, Pax?«, fragt Dr. Tyler. »Denk daran, dass du in Sicherheit bist. Er kann dir nichts tun.«
»Ich weine, und der Mann gibt mir eine Ohrfeige. Er schreit schon wieder. ›Du verdammter kleiner Pisser! Das sollte doch gar nicht passieren! Ich werde dafür nicht in den Knast wandern. Kommt gar nicht in Frage. Und es gibt nur einen Weg, damit das nicht passiert.‹ Er packt mich im Nacken und stößt mich auf das Bett neben meine Mom. Ich blicke an mir herab, und da ist ihr Blut auf meinem T-Shirt. Ich greife nach ihrer Hand und halte sie fest. Der Mann befiehlt mir, die Augen zu schließen. Die Pistole gibt ein Klicken von sich. Ich schließe meine Augen noch fester. Aber nichts passiert.«
Ich bemerke, dass ich die Luft anhalte. Dies kann unmöglich sein. Dies darf einfach nicht sein. Es ist so absurd, so krass. Kein Wunder, dass Pax schwer traumatisiert ist.
Ich fühle mich innerlich wie taub, als Dr. Tyler ihn fragt, was als Nächstes geschehen ist.
»Der Mann sagt mir, dass er kein Kind umbringen kann. Er sagt, er kann’s einfach nicht. Er nimmt meine Hand und drückt sie nach unten. Viel zu fest, aber ich weine nicht mehr. Er zieht ein großes Messer aus seiner Hose und schneidet damit in meine Hand. Er macht ein X. Dann tunkt er das Messer in Moms Blut, zieht damit die Schnitte nach und sagt: ›Schwöre mir beim Blut deiner Mutter, dass du niemals verrätst, wie ich aussehe. Mit diesem X habe ich mein Zeichen auf dir hinterlassen.
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