Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
meine ich?« Er nickte überzeugt.
»Ich könnte mir vorstellen, dass ziemlich viele daran glauben. Man sollte niemals unterschätzen, was in einem Dorf auf dem Land alles vorgeht.« Am letzten Samstag wurden drei junge Frauen aus unserer Gemeinde wegen Hexerei angezeigt … Hexenkunst beschrieben und erklärt, A. D. 1709
KAPITEL 7
ES WAR ein schöner Morgen, auch wenn die Luft ein wenig frisch war, ein Hinweis darauf, dass sich der ungewöhnlich lange Sommer dem Ende näherte. Der Herbst klopfte an die Tür, mit dem Winter im Gefolge.
Meredith mochte diese Art von Wetter. Sommer und Winter erzeugten jeder auf seine Weise einen gewissen Müßiggang, der manchmal an Lethargie grenzte. Doch an Tagen wie diesen waren alle Sinne wach und beieinander. Hier war Meredith nun, auf dem Weg nach Stable Row, um gerade mal neun Uhr in der Frühe, und fest entschlossen, Sadie in ihrem Bau zu erwischen, noch bevor der Tag richtig angefangen hatte.
Sie hatte Alan allein im Cottage zurückgelassen, wo er beim Kaffee gesessen und in der Zeitung gelesen hatte. Er hatte ihr beim Weggehen versprochen, sich mit dem Tierarzt in Verbindung zu setzen, und sie wusste, dass er sein Wort halten würde. Sie würden sich später im Cottage wiedersehen und die Neuigkeiten austauschen.
In Stable Row traten Bruce und Ricky einen Fußball durch die Gasse, und ihr Lärm hallte von den alten Mauern wider. Wahrscheinlich gab es zu keiner Zeit in der abgelegenen Gasse Verkehr – umso eigenartiger, dass jemand ausgerechnet hier einen Laden betrieb. Es sei denn natürlich, dieser Jemand hatte einen guten Grund, diskret zu sein.
WIR-HABEN-ALLES sah genauso aus wie bei ihrem letzten Besuch in Stable Row. Im Schaufenster die gleichen verstaubten, vergilbten, wenig attraktiven Auslagen – sogar der Kater war noch da. In der gleichen Position – als hätte er sich in der ganzen Zeit nicht gerührt. Meredith betrachtete das Tier genauer und stellte fest, dass sich das ungepflegte Fell ganz unmerklich hob und senkte, was sie mit Erleichterung registrierte. Sie fand kaum Zeit, diesen Gedanken zu Ende zu denken, als ihr bewusst wurde, dass sie ihrerseits ebenfalls beobachtet wurde.
Auf der anderen Seite des Fensters, hinter der vernachlässigten Auslage, stand jemand und starrte Meredith an. Sie hatte das flüchtige Gefühl eines bohrenden, beinahe feindseligen Blicks, bevor sich die Person bewegte und vom Fenster wegtrat. Jetzt gab es keinen Weg mehr zurück. Mit einem nervösen Kribbeln in der Magengegend trat Meredith zur Tür und öffnete sie.
Der Laden dahinter war winzig und wurde durch die Verkaufstheke, die ein gutes Drittel des Zimmers einnahm, noch kleiner gemacht. Hinter der Theke neben einer großen, plumpen viktorianischen Registrierkasse, stand die Ladeninhaberin.
Sadie Warren war eine groß gewachsene Frau, fast so groß wie Meredith selbst mit ihren 1,77, wie Meredith überrascht feststellte, obwohl es keinen Grund gab, warum Mrs Warren nicht so groß sein sollte, oder dick oder dünn oder weiß Gott was. Doch es war nicht allein die Größe, die Meredith beeindruckte, sondern ihre Masse.
Meredith war schlank gebaut. Sadie hatte schmale Schultern und gewaltige Hüften. Ihre genauen Körperformen verbargen sich unter einem Zelt von hellblauem Kleid, das mit winzigen rosa und gelben Gänseblümchen getüpfelt war. Um den Hals trug sie ein orientalisch aussehendes Amulett. Ihr Gesicht war oval, die Nase von der Sorte, die gemeinhin als römisch beschrieben wird, und ihr Blick sehr scharf – der gleiche Blick, den Meredith draußen vor dem Schaufenster auf sich ruhen gespürt hatte. Die Haare von Mrs Warren glänzten verdächtig schwarz und waren rechts und links vom Kopf zu zwei Schwänzen zusammengefasst, die von hellrosa Plastikschmetterlingen gehalten wurden. Ihre Lippen lächelten die fremde Kundin freundlich an, doch ihre dunklen Augen blieben kalt und abweisend.
Meredith fühlte sich an Ernie Berry erinnert. In diesem Dorf gab es entschieden zu viele Menschen, bei denen das ständige Lächeln nicht bis zu den Augen reichte. Sie teilen ein Geheimnis …, dachte Meredith, und das war kein angenehmer Gedanke.
»Sie wünschen, meine Liebe?«, fragte Sadie Warren unverbindlich mit einer tiefen, rauen Stimme, die auf lebenslangen Missbrauch von Alkohol und Tabak schließen ließ.
»Hallo«, antwortete Meredith ein wenig verlegen.
»Ich bin für ein paar Tage zu Besuch im Dorf …«
»Ja«, antwortete Mrs Warren, als würde sie
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