Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
unglücklich gewesen wäre?«
»Möchte vielleicht irgendjemand hören, was ich denke?«, fragte Meredith leise. Die beiden anderen sahen sie konsterniert an und entschuldigten sich gleichzeitig.
»Ich wollte Sie selbstverständlich nicht außen vor lassen, meine Liebe«, sagte Wynne und tätschelte Merediths Arm.
»Mir ist schon aufgefallen, dass du so ungewöhnlich still bist«, sagte Markby.
»Komm, lass uns hören, was du dir überlegt hast.«
»Nicht, wenn du in diesem schnodderigen Ton mit mir redest! Ich betrachte diese Angelegenheit wie Wynne als recht ernst. Wir sprechen schließlich über einen Todesfall und über das Leben der betreffenden Person.« Meredith runzelte die Stirn.
»Nur dass wir darüber jetzt keine Informationen mehr erhalten können. Es ist zu spät. Wynne hat es versucht, als sie den Nachruf aktualisieren sollte, und sie hat nichts herausgefunden. Keiner von euch beiden hat bisher die Frage nach dem Motiv erhoben. Ich weiß, dass Wynne sie angeschnitten hat; eventuell wegen Olivias Vergangenheit. Aber ich kann nicht glauben, dass irgendjemand eine achtzig Jahre alte Frau immer noch so hassen kann, dass er sie umbringt! Sie war sowieso am Ende ihres Lebens angelangt, und das ist der alles entscheidende Teil, jedenfalls in meinen Augen«, schloss Meredith. Wynne Carter und Markby sahen Meredith schweigend an. Markby trank einen Schluck von seinem Pint.
»Erzähl weiter«, sagte er dann.
»Was macht ein Mensch, der am Ende seines Lebens angekommen ist? Er ordnet seine Angelegenheiten und überprüft sein Testament. Sie war eine ziemlich wohlhabende Frau, vergiss das nicht. Vielleicht hat irgendjemand Erwartungen an ihr Testament geknüpft. Und manchmal ändern ältere Menschen ihr Testament willkürlich, aus einer Eingebung heraus. Vielleicht hat jemand, der in Geldnot war und sich als hauptsächlichen Nutznießer von Olivias letztem Willen sah, beschlossen … sicherzustellen, dass Olivia Smeaton keine Gelegenheit mehr bekam, ihr Testament zu ändern.«
»Aber niemand hat viel Geld bekommen, jedenfalls nicht ihrem Testament zufolge«, sagte Wynne nachdenklich.
»Julie Crombie bekam zweitausend … aber Max hat sowieso schon jede Menge Geld.«
»Dann hat sich der vermeintliche Haupterbe wohl geirrt. Trotzdem denke ich, es wäre eine Überprüfung wert, und wenn es nur wegen dem ist, was Janine uns erzählt hat.«
»Du meinst, als Olivia darüber gesprochen hat, wie schlimm Menschen zueinander sein können?« Markby beobachtete Meredith ganz genau.
»Nein, nicht das, sondern wie Janine ihre Arbeitgeberin dazu gebracht hat, neue Pantoffeln zu bestellen, und wo sich diese Szene abgespielt hat!« Meredith zögerte, um die Spannung zu steigern.
»In der Küche, an einem heißen Sommertag, als Janine gebacken hatte und sämtliche Türen und Fenster offen standen. Jeder im Haus oder draußen im Garten hätte die Unterhaltung hören können. Vielleicht ist jemand auf eine sehr hässliche Idee gekommen.« Markby neigte den Kopf nach vorn und legte das Gesicht in die Hände. Als er wieder aufsah, sagte er:
»Du bist genauso schlimm wie Wynne – und ich denke nicht daran, mich dafür zu entschuldigen! Ja, es wäre möglich! Es könnte sich so abgespielt haben! Aber wir besitzen keinerlei Hinweise, dass es sich tatsächlich so abgespielt hat. Wir wissen nicht, ob jemand das Gespräch der beiden Frauen belauscht hat oder auch nur um diese Zeit in der Nähe war, um lauschen zu können!«
»Du könntest noch einmal mit Janine darüber reden«, schlug Meredith vor.
»Nein, nicht ich, ganz bestimmt nicht! Das hat überhaupt nichts mit mir zu tun!«
»Und die andere Sache, die Sie übersehen haben«, mischte sich Wynne wieder in das Gespräch ein, »ist das Pony.«
»Nicht schon wieder dieses elende Pferd!«
»Es ist eine elende Geschichte, darin gebe ich Ihnen Recht. Jemand hat das Tier vergiftet, Alan. Gehen Sie zu Rory Armitage und sprechen Sie mit ihm darüber. Irgendjemand hat Olivia abgrundtief gehasst und ihr Böses gewünscht!« Die Diskussion hätte unendlich lange weiter andauern können, doch Meredith blickte über den Tisch hinweg zum Eingang und fragte unvermittelt:
»Wer um alles in der Welt ist denn das?« Der Mann, der in diesem Augenblick eingetreten war, füllte die niedrige, breite Tür völlig aus. Er war breit, nur mittelgroß, doch mit gewaltigen Schultern und massiven Oberarmen. Er trug ein schmuddeliges ärmelloses Unterhemd, das in einer Cordhose steckte, und
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