Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
jede richtige Antwort auf einer Liste abhaken. Meredith verlor vorübergehend den Faden und verstummte. Sadie wusste offensichtlich bereits Bescheid. Wahrscheinlich wusste sie eine Menge mehr über Meredith und Alan als umgekehrt. Meredith musste vorsichtig sein. Wusste Sadie beispielsweise auch, dass sie Rookery House besichtigt hatten? Ja, wahrscheinlich sogar das, weil Bruce und Ricky häufig bei ihr zu Besuch waren – ergo auch die Mutter der beiden. Wusste sie, dass Alan bei der Polizei war? Möglich. Vielleicht hatte die verstorbene Florence Danby von ihrem Neffen, seiner Frau und ihrer Familie erzählt. Gab es irgendetwas, das mit Parsloe St. John in Verbindung stand, von dem Sadie nichts wusste? Wahrscheinlich nicht.
»Ich dachte … ich suche ein Souvenir, das ich mit nach Hause nehmen kann«, begann Meredith.
»Nicht für mich, sondern für die Nichte meines Freundes.«
»Das wäre dann das kleine Mädchen …«, erwiderte Sadie im gleichen Ton wie vorhin, »das kleine Mädchen, das so in Pferde vernarrt ist?«
»Ja, Emma.« Mein Gott, die Frau wusste alles! Es war unheimlich. Hatte sie vielleicht irgendwo eine Kristallkugel stehen, zusammen mit all den anderen Paraphernalien des Hexenhandwerks? Nein, entschied Meredith. Florence Danby hatte im Dorf geschwatzt. Abgesehen davon waren Paul, Laura und die Kinder bestimmt häufig genug in Parsloe St. John gewesen, und Sadie hatte Emma und die anderen Kinder gesehen. Meredith riss sich zusammen. Ihre Fantasie drohte mit ihr durchzugehen.
»Emma«, sagte sie, und es entsprach der Wahrheit, »Emma sammelt allerlei merkwürdige Dinge aus Porzellan. Wenn es etwas ist mit einem Pferdebild darauf, umso besser. Wenn nicht, irgendein anderes Tier tut es auch. Oder eine Tierfigur. Ich hab durch das Schaufenster gesehen, dass Sie …« Ihr Blick schweifte auf das ungewöhnliche Sammelsurium von Kuriositäten im Regal hinter der Theke.
»Ich meine, Sie scheinen tatsächlich alles zu haben, wie der Name schon sagt«, beendete sie ihren Satz ein wenig lahm. Sadie nickte und drehte sich zum Regal um.
»Nun, wollen mal sehen. Im Augenblick haben wir nichts mit Pferden, fürchte ich. Nein, warten Sie.« Sie kramte in dem von einer dicken Staubschicht überzogenen Nippes und zog ein Teil hervor.
»Wie wäre es hiermit?« Sie stellte eine Plastikschachtel auf den Tresen. Sie trug die Aufschrift Kinderstickkasten und enthielt ein Stückchen Baumwollstoff mit einem grob aufgemalten Pferdekopf, ein paar Röllchen bunter Fäden, eine Durchziehnadel und ein kleines Papierbriefchen.
»Sämtliche Anweisungen stehen da drin«, sagte Sadie.
»Es ist etwas Lehrreiches. Wenn sie mit dem Sticken fertig ist, kann ihre Mutter es rahmen lassen. Kinder sollten ermutigt werden, etwas zu erreichen, jedenfalls ist das meine Überzeugung.« Meredith hatte keine Einwände. Sadie kramte weiter in ihren Regalen und zog aus den unterschiedlichsten Ecken und Winkeln kleine Dinge hervor.
»Hier ist ein kleiner Spaniel aus Keramik, recht süß … oh, ein Stück ist abgesprungen. Den werden Sie bestimmt nicht wollen … wenn doch, könnte ich Ihnen einen Preisnachlass von fünfzig Prozent gewähren … Ein Aschenbecher mit einer Katze? Nein, man sollte Kinder nicht zum Rauchen ermutigen. Sie fangen sowieso viel zu früh damit an, wenn niemand es ihnen verbietet, wie die beiden da draußen.« Sadie nickte zur Straße und meinte wohl Ricky und Bruce, die beiden Kinder von Janine Catto.
»Woher bekommen sie denn die Zigaretten?«, fragte Meredith schockiert. Die Catto-Geschwister waren wirklich noch ziemlich jung.
»Ich nehme an, sie klauen sie«, sagte Sadie.
»Nicht von mir. Ich habe ein Auge auf die beiden, wenn sie mich besuchen kommen. Nun ja, etwas mit Tieren …«
»Was ist das?«, fragte Meredith unvermittelt und deutete auf etwas an der Wand. Sadie drehte sich um.
»Oh. Das ist ein Bild«, antwortete sie auf ihre nüchterne Art.
»Aber was zeigt es?« Das Bild, das Merediths Aufmerksamkeit erweckt hatte, hing an der Wand links neben den Regalen. Rechts davon war ein blauer Perlenvorhang, der den Laden von den hinteren Räumlichkeiten abtrennte. Es war nicht zu erkennen, ob das Bild zum Verkauf stand. Es trug kein Preisschild – und es war, wie Meredith bemerkte, recht sauber im Gegensatz zu den restlichen Dingen, die in diesem schmuddeligen Laden standen, hingen oder lagen. Es sah nach Laienkunst aus, und dem Aussehen nach zu urteilen, war es in der Gegend von Parsloe St. John
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