Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt
gab sie sich
auch geschlagen und machte den obersten Knopf ihrer Jeans auf. »Gleichstand.«
Sie kicherte.
»Wie war's mit einem Spaziergang?«, schlug Dan mutig
vor und drückte so fest die zitternden Daumen, dass sie sich in seiner Faust
blau verfärbten.
»Superidee«, sagte Serena.
Für einen Freitagabend war auf der 60. Straße
erstaunlich wenig los. Die beiden schlenderten auf den Central Park zu. An der
Ecke der Madison Avenue blieben sie einen Moment vor Barneys stehen und guckten
ins Schaufenster. In der Par- fümerie im Erdgeschoss huschten noch ein paar
Angestellte umher und stellten alles für das hektische Samstagsgeschäft bereit.
»Ohne Barneys wäre ich echt verloren«, seufzte Serena,
als wäre der Laden ihr permanenter Lebensretter.
Dan war bloß ein einziges Mal in dem berühmten Kaufhaus
gewesen. In einem Anfall überbordenden Wunschdenkens hatte er sich mit der
Kreditkarte seines Vaters einen schweineteuren Armani-Smoking gekauft und sich
vorgestellt, darin auf einer schicken Bonzenparty mit Serena zu tanzen. Doch
der Anfall war vorübergegangen und dafür sein
Realitätssinn zurückgekehrt. Er hasste Bonzenpartys
und hätte es bis vor kurzem für unvorstellbar gehalten, dass Serena jemals
mehr als zwei Worte mit ihm wechseln geschweige denn mit ihm tanzen würde.
Deshalb hatte er den Smoking damals wieder zurückgebracht.
Die Erinnerung daran ließ ihn lächeln. Serena hatte
weit mehr als zwei Worte mit ihm gewechselt, sie hatte ihm angeboten, übers
Wochenende mit ihr wegzufahren. Sie waren im Begriff, sich ineinander zu
verlieben. Vielleicht würden sie sogar an derselben Uni studieren und den Rest
ihres Lebens miteinander verbringen.
Hey, Dan. Bleib auf dem Teppich. Dein Wunschdenken
geht wieder mit dir durch.
Auf Höhe der Ecke Central Park bogen sie in der Fifth
Avenue rechts ab und schlenderten Richtung Uptown. Sie gingen am Pierre Hotel
vorbei, wo in der zehnten Klasse mal ein Tanzschulenball stattgefunden hatte,
auf dem sie beide gewesen waren. Dan erinnerte sich deutlich daran, Serena
beobachtet und sich sehnsüchtig gewünscht zu haben, sie zu kennen. Sie hatte in
einem trägerlosen grünen Kleid, das ihr Haar noch mehr leuchten ließ, mit ihrer
Clique an einem Tisch gesessen und viel gelacht. Schon damals war er in sie
verliebt gewesen.
Sie kamen an der Praxis von Serenas Kieferorthopäden
vorbei und an der prächtigen alten Villa, in der die Frick Col- lection
untergebracht war. Dan wäre gern in das Museum eingebrochen, um sich mit Serena
in eines der schönen antiken Betten zu legen und sie zu küssen. Er wollte dort
mit ihr leben wie Flüchtlinge im Paradies.
Sie gingen auf der Fifth Avenue weiter. An der Ecke
zur 72. Straße blieb Serena stehen und blickte zu dem Penthouse hoch, in dem
Blair wohnte. Sie kannte Blair seit der ersten Klasse und war hunderte von
Malen bei den Waldorfs zu Hause gewesen, doch jetzt war sie dort nicht mehr
erwünscht.
Wenn Serena ganz ehrlich mit sich war, wusste sie,
dass sie daran nicht ganz unschuldig war. Sie wusste genau, warum Blair sauer
auf sie war. Es lag nicht bloß daran, dass sie sich so selten bei ihren New
Yorker Freunden gemeldet oder sich in Europa vergnügt hatte, während sich
Blairs Eltern scheiden ließen. Nein, den entscheidenden Dolchstoß hatte Serena
ihrer Freundschaft versetzt, als sie im Sommer vor ihrem Wechsel ins Internat
mit Nate geschlafen hatte.
Das war jetzt beinahe zwei Jahre her, und Serena kam
es vor, als wäre es einem anderen Mädchen in einem anderen Leben passiert.
Serena, Blair und Nate waren immer ein verschworenes Trio gewesen. Sie hatte
gehofft, Blair würde verstehen, dass so ein spontaner One-Night-Stand unter
guten Freunden schon mal vorkommen konnte, und ihr verzeihen. Außerdem war
Blair jetzt fest mit Nate zusammen. Aber sie hatte erst kürzlich davon erfahren
und war weit davon entfernt, Serena zu verzeihen.
Im Weitergehen kramte Serena in ihrer Handtasche nach
ihren Zigaretten und steckte sich eine in den Mund. Sie blieb stehen, zückte
ihr Feuerzeug und zündete sie an. Dan wartete, während sie den ersten Zug
machte und eine graue Qualmwolke in die kühle Novemberluft hauchte. Sie schlug
ihren abgetragenen, braun-karierten Burberrymantel vor der Brust zusammen.
»Ich weiß was. Wir setzen uns auf die Treppe vom Met«,
sagte sie. »Komm!« Sie griff nach Dans Hand und die beiden legten die zehn
Straßenblöcke bis zum Metropolitan Museum of Art im Laufschritt zurück. Serena
zog Dan
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