Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt
bis zur Mitte der Treppe hinauf und setzte sich auf eine Stufe. Sie
wohnte in dem Gebäude direkt gegenüber. Ihre Eltern waren wahrscheinlich wie
üblich auf einer Benefizveranstaltung oder Ausstellungseröffnung, jedenfalls
lagen die Fenster der Penthousewohnung dunkel und verlassen da.
Als Serena seine Hand losließ, fragte sich Dan, ob er
irgendwas falsch gemacht hatte. Er verstand sie nicht und das machte ihn
wahnsinnig.
»Früher saßen Blair, Nate und ich oft hier auf der
Treppe rum und haben stundenlang über alles und nichts gequatscht«, erzählte
Serena traurig. »Manchmal hatten Blair und ich uns schon zum Weggehen fertig
gemacht und waren komplett geschminkt und alles, und dann kam Nate mit was zu
trinken an, wir haben uns Kippen gekauft, die Party geknickt und uns
stattdessen hier hingesetzt.« Sie sali zum Sternenhimmel auf. In ihren großen
Augen schimmerten Tränen.
»Manchmal wünsch ich mir echt...« Serena beendete den
Satz nicht. Sie wusste selbst nicht genau, was sie sich wünschte, nur dass sie
es satt hatte, sich wegen Blair und Nate schlecht zu fühlen. »Entschuldige
bitte«, schniefte sie und starrte auf ihre Schuhspitzen. »Hoffentlich versaue
ich dir nicht den ganzen Abend.«
»Quatsch«, sagte Dan.
Er wollte wieder nach ihrer Hand greifen, aber sie
hatte sie in die Manteltasche gesteckt. Stattdessen berührte er sie am
Ellbogen. Serena drehte sich zu ihm um. Das war seine Chance. Dan hätte gern
irgendwas Schönes, heillos Romantisches gesagt, aber sein Herz klopfte ihm bis
zum Hals, und er war unfähig zu denken, geschweige denn etwas zu sagen. Bevor
ihn die Angst völlig lähmen konnte, beugte er sich vor und küsste sie auf den
Mund - ganz sanft. Die Erde bebte. Er war froh zu sitzen. Als er sich wieder
zurückzog, sah Serena ihn an. In ihren Augen flackerte es.
Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Nase und
lächelte. Dann hob sie das Kinn und küsste Dan. Es war ein flüchtiger Kuss auf
die Unterlippe und danach lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. Dan schloss
die Augen und versuchte, sich zu beruhigen.
O Gott, was geht nur in ihr vor?, fragte er sich
verzweifelt. Warum sagt sie es mir nicht?
»Wo hängt ihr auf der West Side denn so ab?«, fragte
Serena. »Hast du da auch einen Stammplatz?«
»Eigentlich nicht.« Dan legte einen Arm um sie. Er
wollte jetzt nicht reden. Er wollte sie an der Hand nehmen, von der Klippe
springen und sich auf dem Rücken im Mond beschienenen Meer treiben lassen. Er
wollte sie wieder küssen. Und wieder und wieder. »Tagsüber setze ich mich
manchmal an den Teich im Central Park, du weißt schon, wo die Kids ihre Segelboote
fahren lassen. Abends laufen wir oft einfach so rum.«
»Ach, der Teich«, sagte Serena. »Nimmst du mich mal
mit?«
Dan nickte. Er würde sie überallhin mitnehmen.
Er wartete darauf, dass Serena den Kopf hob, damit sie
sich wieder küssen konnten. Aber sie blieb an seine Schulter gelehnt sitzen,
atmete den Geruch nach abgestandenem Rauch ein, der seinem Mantel entströmte,
und fühlte sich zum ersten Mal seit langem getröstet.
Sie saßen noch eine Weile so da. Dan war derart selig,
nervös und durcheinander, dass er noch nicht einmal Lust hatte zu rauchen. Er
wünschte, sie könnten so einschlafen und dann im rosa Licht der Morgendämmerung
erwachen, noch immer innig umarmt.
Bald darauf hob Serena den Kopf. »Ich glaub, ich geh
lieber, sonst schlaf ich hier noch ein«, sagte sie und stand auch schon auf.
Sie beugte sich zu Dan hinab und küsste ihn auf die Wange. Eine ihrer
Haarsträhnen kitzelte ihn zärtlich am Ohr und er erschauerte. »Bis bald, ja?«
Dan nickte. Musst du
wirklich schon gehen? Er wagte nicht, den Mund zu öffnen, aus Angst, ihm
könnten die Worte entschlüpfen, die ihm schon den ganzen Abend auf der Zunge
lagen. Ich liebe dich. Er hatte immer
noch zu viel Angst, sie zu vergraulen.
Er sah ihr hinterher, wie sie mit flatterndem
Blondhaar über die Straße rannte. Der Portier öffnete ihr die Eingangstür und
sie verschwand im Gebäude.
Serena nahm den Aufzug nach oben. Sie klimperte mit
dem Schlüsselbund in der Manteltasche. Noch vor ein paar Wochen hatte sie
freitags zu Hause vor dem Fernseher gesessen und sich selbst bemitleidet. Echt
ein Glück, dass sie in Dan einen neuen Freund gefunden hatte.
Dan blieb noch auf der Treppe sitzen, bis kurz darauf
gegenüber im obersten Stockwerk das Licht anging. Er stellte sich vor, wie
Serena das Penthouse betrat, die Stiefel von den Füßen
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