Ilias
Gewährung
Oder verweigere mir’s! (nichts scheuest du!) daß ich es wisse,
Ganz sei ich vor allen die ungeehrteste Göttin!
Unmutsvoll nun begann der Herrscher im Donnergewölk Zeus:
Heillos, traun, ist solches, daß du mit Here zu hadern
Mich empörst, wann sie künftig mich reizt durch schmähende Worte.
Zanket sie doch schon so im Kreis der unsterblichen Götter
Stets mit mir und saget, ich helf im Streite den Troern.
Eile denn du jetzt wieder hinweg, daß nicht dich bemerke
Here; doch mir sei die Sorge des übrigen, wie ich’s vollende.
Aber wohlan, mit dem Haupte dir wink ich es, daß du vertrauest.
Solches ist ja meiner Verheißungen unter den Göttern
Heiligstes Pfand; denn nie ist wandelbar oder betrüglich,
Noch unvollendet das Wort, das mit winkendem Haupt ich gewähret.
Also sprach und winkte mit schwärzlichen Brauen Kronion;
Und die ambrosischen Locken des Königes wallten ihm vorwärts
Von dem unsterblichen Haupt; es erbebten die Höhn des Olympos.
So ratschlagten sie beid und trennten sich. Siehe, die Göttin
Fuhr in die Tiefe des Meers vom glanzerhellten Olympos,
Zeus dann in seinen Palast. Die Unsterblichen standen empor ihm
Alle vom Sitz, dem Vater entgegenzugehen; und nicht einer
Harrte des Kommenden dort, entgegen ihm traten sie alle.
Er nun nahte dem Thron und setzte sich. Aber nicht achtlos
Hatt es Here bemerkt, wie geheim ratschlagte mit jenem
Nereus’ Tochter, des Greises, die silberfüßige Thetis.
Schnell mit kränkender Rede zu Zeus Kronion begann sie:
Wer hat, Schlauer, mit dir der Unsterblichen wieder geratschlagt?
Immer war es dir Freude, von mir hinweg dich entfernend,
Heimlich ersonnenen Rat zu genehmigen! Hast du doch niemals
Mir willfährigen Geistes ein Wort gesagt, was du denkest!
Drauf begann der Vater des Menschengeschlechts und der Götter:
Here, nur nicht alles getraue dir, was ich beschließe,
Einzusehn; schwer würde dir das, auch meiner Gemahlin!
Zwar was dir zu hören vergönnt ist, keiner soll jenes
Früher erkennen denn du, der Unsterblichen oder der Menschen.
Doch was mir von den Göttern entfernt zu beschließen genehm ist,
Solches darfst du mir nicht auskundigen oder erforschen.
Ihm antwortete drauf die hoheitblickende Here:
Welch ein Wort, Kronion, du Schrecklicher, hast du geredet!
Nie doch hab ich zuvor mich erkundiget oder geforschet,
Sondern ganz in Ruhe beschließest du, was dir genehm ist.
Doch nun sorg ich im Herzen und fürchte mich, daß dich beschwatze
Nereus’ Tochter, des Greises, die silberfüßige Thetis.
Denn sie saß in der Frühe bei dir und umschlang dir die Knie.
Ihr dann winkend, vermut ich, gelobtest du, daß du Achilleus
Ehren willst und verderben der Danaer viel an den Schiffen.
Gegen sie rief antwortend der Herrscher im Donnergewölk Zeus:
Immer, du Wunderbare, vermutest du, spähest mich immer!
Doch nicht schafft dein Tun dir das mindeste, sondern entfernter
Wirst du im Herzen mir stets, was dir noch schrecklicher sein wird;
Wenn auch jenes geschieht, so wird mir’s also geliehen!
Sitze denn ruhig und schweig und gehorche du meinem Gebote!
Kaum wohl schützten dich sonst die Unsterblichen all im Olympos,
Trät ich hinan, ausstreckend zu dir die unnahbaren Hände!
Jener sprach’s, da erschrak die hoheitblickende Here;
Schweigend saß sie nunmehr und bezwang die Stürme des Herzens.
Doch rings traurten im Saale die göttlichen Uranionen.
Jetzo begann Hephästos, der kunstberühmte, zu reden,
Seiner Mutter zu Gunst, der lilienarmigen Here:
Heillos, traun, wird solches zuletzt und gar unerträglich,
Wenn ihr beid um Sterbliche nun euch also entzweiet
Und zu Tumult aufreizet die Himmlischen! Nichts ja genießt man
Mehr von der Freude des Mahls; denn es wird je länger, je ärger!
Jetzt ermahn ich die Mutter, wiewohl sie selber Verstand hat,
Unserem Vater zu nahn mit Gefälligkeit, daß er hinfort nicht
Schelte, der Vater Zeus, und uns zerrütte das Gastmahl.
Denn sobald er es wollte, der Donnergott des Olympos,
Schmettert’ er uns von den Thronen; denn er ist mächtig vor allen.
Aber wohlan, du wollest mit freundlichen Worten ihm schmeicheln;
Bald wird wieder zu Huld der Olympier uns versöhnt sein.
Jener sprach’s und erhub sich und nahm den doppelten Becher,
Reicht’ in die Hand der Mutter ihn dar und redete also:
Duld, o teuerste Mutter, und fasse dich, herzlich betrübt zwar!
Daß ich nicht, du Geliebte, mit eigenen Augen es sehe,
Wann er dich straft; dann
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