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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Stunden dauern, bis ich sie finde.«
    »In achtzehn Minuten und fünfunddreißig Sekunden«, sagt Mahnmut, »wird etwas geschehen, das vielleicht alles verändert.«
    Ich sehe ihn an und warte.
    »Ich habe einen … Apparat dort oben im Caldera-See platziert«, sagt der kleine Roboter. »Orphu und ich haben ihn aus dem Jupiterraum mitgebracht. Dieses Ding dorthin zu bringen, war tatsächlich das Hauptziel unserer Mission, obwohl es eigentlich nicht so geplant war, dass wir… aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls löst sich der Apparat in siebzehn Minuten und zweiundfünfzig Sekunden selbsttätig aus.«
    »Ist es eine Bombe?«, frage ich heiser. Mein Mund ist auf einmal völlig trocken. Ich könnte nicht spucken, selbst wenn mein Leben davon abhinge.
    Mahnmut zuckt auf eine seltsam menschliche Weise die Achseln. »Das wissen wir nicht.«
    »Ihr wisst es nicht?!«, schreie ich. »Ihr wisst es nicht?? Wie konntet ihr da oben einen … einen Apparat platzieren und es mit einem Zeitschalter versehen, wenn ihr nicht wisst, was er machen wird? Das ist doch lächerlich!«
    »Mag sein«, sagt Mahnmut, »aber dazu sind wir von den Moravecs, die diese Mission geplant haben, hierher geschickt worden … oder vielmehr, dorthin.«
    »Wie lange noch, hast du gesagt?« Ich umfasse das vermeintliche Lederarmband an meinem Handgelenk, das als mein getarntes Chronometer dient. Das Armband enthält Mikroschaltkreise und kleine holografische Projektoren, falls ich die Zeit wissen muss.
    »Siebzehn Minuten und acht Sekunden«, sagt der kleine Roboter. »Und die Zeit läuft.«
    Ich stelle den Timer an meiner Uhr ein und lasse das kleine holografische Display sichtbar. »Scheiße«, sage ich.
    »Ja«, stimmt Mahnmut mir zu. »Qtest du wieder hinauf, Hockenberry? Zum Olymp?«
    Ich habe die Hand ans QT-Medaillon an meinem Hals gelegt, aber nur, weil ich auf der Suche nach Achilles ein paar Minuten sparen wollte, indem ich direkt ins achäische Lager teleportiere. Aber Mahnmuts Frage bewirkt, dass ich innehalte und überlege.
    »Vielleicht sollte ich das tun«, sage ich. »Jemand muss nachsehen, was die Götter im Schilde führen. Vielleicht könnte ich ein letztes Mal den Spion spielen.«
    »Und was dann?«, fragt der Roboter.
    Ich hebe die Schultern. »Dann komme ich zurück und hole Achilles und Hektor. Und dann vielleicht Odysseus und Paris. Äneas und Diomedes. Ich trage den Krieg zu den Göttern, indem ich diese Helden immer zu zweit dorthin bringe, wie die Tiere auf die Arche Noah.«
    »Als Logistik eines militärischen Feldzugs klingt das nicht sonderlich effizient.«
    »Kennst du dich mit Militärstrategie aus, kleiner Roboter?«
    »Nein. Eigentlich kenne ich mich nur mit einem U-Boot ein bisschen aus, das auf dem Mars gesunken ist. Und mit Shakespeares Sonetten.« Mahnmut macht eine Pause. »Orphu erklärt mir gerade, dass ich die Sonette nicht in meinen Lebenslauf aufnehmen sollte.«
    »Auf dem Mars?«, sage ich.
    Der glänzende, metallische Kopf hebt sich zu mir. »Hast du nicht gewusst, dass der Olymp in Wirklichkeit der Vulkan Olympus Mons auf dem Mars ist? Du hast doch neun Erdjahre lang dort gelebt, nicht wahr?«
    Einen Moment lang ist mir so schwindlig, dass ich zu einem niedrigen Felsbrocken taumeln und mich hinsetzen muss, weil ich fürchte, sonst auf dem Boden wieder zu mir zu kommen. »Mars«, wiederhole ich. Zwei Monde, der gewaltige Vulkan, die rote Erde, die niedrigere Schwerkraft, in die ich nach einem langen Tag auf der Ebene von Ilium immer so gern zurückgekehrt bin. »Mars.« Hol mich der Teufel!»Mars.«
    Mahnmut schweigt. Vielleicht weiß er, dass er mich für einen Tag genug in Verlegenheit gebracht hat.
    »Moment mal«, sage ich. »Auf dem Mars gibt es keinen blauen Himmel, keine Meere, keine Bäume und keine atembare Luft. Ich habe die erste Viking-Landung im Jahr 1976 gesehen. Und ich habe Jahre oder Jahrzehnte später im Fernsehen gesehen, wie dieses kleine Sojourner-Fahrzeug heruntergerollt und an einem Stein hängen geblieben ist. Da gab es keine Meere. Keine Bäume. Keine Lufl.«
    »Sie haben ihn terraformt«, sagt Mahnmut. »Und zwar erst vor kurzer Zeit.«
    » Wer hat ihn terraformt?« Ich höre den abwehrenden Zorn in meiner Stimme.
    »Die Götter«, sagt Mahnmut, aber das angedeutete Fragezeichen in seiner sanften Roboterstimme entgeht mir nicht.
    Ich schaue auf meine Uhr. Noch fünfzehn Minuten und achtunddreißig Sekunden. Ich tippe vor den Kameras oder Augen des Roboters – oder was

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