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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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zurück, bevor irgendwelche Wiederherstellungsarbeiten in Angriff genommen wurden. Da Prospero erklärte, die Arbeit der blauen Würmer und der orangefarbenen Flüssigkeit sei nicht zu beschleunigen, ließen sie diese Tanks ihren Zyklus durchlaufen. Die nackten, schwimmenden Menschen, deren Heilungsprozess fast beendet war, wurden früh zurückgefaxt. Von den sechshundertneunundsechzig Tanks in der Klinik waren jetzt nur noch achtunddreißig belegt – sechsunddreißig davon waren Intensivreparaturen, zwei waren reguläre Zwanziger, die hergefaxt worden waren und bei denen die normalen Ausbesserungsarbeiten begonnen hatten, bevor es Harman und Daeman gelungen war, die Faxcomputer abzuschalten.
    »Auch gefällt es Setebos, zu schaffen«, zischte die Stimme des unsichtbaren Caliban.
    »Halt’s Maul!«, rief Daeman. Er trat zwischen die leuchtenden Tanks und bemühte sich, in der niedrigen, aber merklichen Schwerkraft am Boden zu bleiben. Überall tanzten Schatten, aber keiner war massiv genug für einen Schuss.
    »So macht er sich daran, etwas zu schaffen: dort drüben den Hügel aus Torf hat er aufgetürmt und Vierecke aus weicher weißer Kreide zurechtgeschnitten und hineingesteckt«, wisperte Caliban aus dem Dunkel. »Und mit einem Fischzahn in jedes einen Mond geritzt, und an den Enden noch diese Piken aus Holz aufgestellt, und das Ganze obenauf mit dem Schädel eines Faultiers gekrönt, das er tot in den Wäldern gefunden hat – erlegen kann es einer allein nicht. Dieses ganze Werk hat überhaupt keinen Nutzen, nur um des Wirkens willen wurde es geschaffen, und eines Tages wird er es wieder niederreißen: So auch Er.«
    Harman lachte.
    »Was ist?« Daeman ging und schwebte zu der virtuellen Steuertafel zurück, wo dank der Holosphäre Prospero stand. Bei jedem Schritt trat er auf Teile und Stücke von Servitoren, eine Imitation des Kannibalentischs weiter hinten im Schatten.
    »Wir müssen bald weg von hier«, sagte Harman und rieb sich die geröteten Augen. »Ich fange allmählich an, in den Worten des Monsters einen Sinn zu erkennen.«
    »Prospero«, fragte Daeman, während er mit den Augen einen Schatten nach dem anderen im schattigen Wald sanft leuchtender Tanks absuchte, »wer oder was ist dieser Setebos, von dem Caliban ständig faselt?«
    »Der Gott von Calibans Mutter«, antwortete der Magier.
    »Und du hast gesagt, Calibans Mutter sei auch irgendwo da draußen.« Daeman hielt die Waffe in einer Hand und rieb sich mit der anderen die Augen. Er sah die Klinik nur verschwommen, und das lag nicht allein an dem driftenden Dampf des vergossenen flüssigen Sauerstoffs.
    »Ja, Sycorax lebt noch«, sagte Prospero. »Aber sie ist nicht auf dieser Insel. Nicht mehr.«
    »Und dieser Setebos?« setzte Daeman nach.
    »Der Feind des Ruhigen«, sagte Prospero. »Wie die beiden Mitglieder seiner Zweiergemeinde ein verbittertes Herz, das abwartet und beißt.«
    Über der Konsole ertönte ein Summton. Harman aktivierte virtuelle Bedienungselemente. Drei weitere geheilte – oder zumindest fast geheilte – Menschen wurden weggefaxt. Fünfunddreißig waren noch übrig.
    »Woher kommt dieser Setebos?«, fragte Harman.
    »Er ist aus dem Dunkeln hereingebracht worden, zusammen mit den Voynixen und anderen Dingen«, sagte Prospero. »Ein kleiner Rechenfehler.«
    »Gehört Odysseus zu diesen anderen Dingen, die aus dem Dunkeln hereingebracht wurden?«, fragte Daeman.
    Prospero lachte. »O nein. Der arme Kerl ist von jenem Scheideweg, wohin die meisten Nachmenschen geflohen sind, durch einen Fluch hierher geschickt worden. Odysseus hat sich in der Zeit verirrt; eine sehr, sehr böse Frau, die ich als Ceres kenne, die Odysseus jedoch als Circe gekannt hat – in jedem Sinne –, hat ihn auf seine Irrwege geschickt.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Harman. »Savi hat behauptet, sie habe Odysseus erst vor kurzer Zeit entdeckt. Er schlief in einem ihrer Kryobetten.«
    »Das stimmte auch«, sagte Prospero, »aber es war zugleich eine Lüge. Savi wusste über Odysseus’ Reise Bescheid und kannte auch sein Ziel. Sie hat ihn ebenso benutzt wie er sie, so viel steht fest.«
    »Aber ist er wirklich der Achäer aus dem Turin-Drama?«, fragte Daeman.
    »Ja und nein«, erwiderte Prospero auf seine aufreizende Art. »Das Drama zeigt eine Zeit und eine Geschichte, die sich mehrgleisig entwickeln. Dieser Odysseus stammt aus einer jener Verzweigungen, ja. Er ist nicht der Odysseus der gesamten Geschichte, nein.«
    »Du hast uns immer noch

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