Illuminati
Licht der Erde entgegen. Er fühlte sich wie ein Surfer, der einer dreihundert Meter hohen Flutwelle zu entgehen versucht. Dann, plötzlich, war die Hitze verschwunden.
Er fiel wieder durch kühle Dunkelheit.
Für einen Augenblick spürte Langdon neue Hoffnung, doch im nächsten Moment verblasste sie so schnell, wie sie gekommen war. Trotz des Zugs auf seinen Armen, der ihm verriet, dass die Persenning seinen Sturz tatsächlich verlangsamte, raste die Luft noch immer mit ohrenbetäubendem Rauschen an ihm vorbei. Langdon wusste, dass er noch immer viel zu schnell sank, um die Landung zu überleben. Der Aufprall würde ihn zerschmettern.
Mathematische Gleichungen drehten sich in seinem Kopf, doch er war zu betäubt, um zu einem Ergebnis zu kommen. Ein Quadratmeter Stoff… zwanzig Prozent geringere Fallgeschwindigkeit. Er wusste nicht mehr, als dass die Persenning über ihm größer war und seinen Fall stärker verlangsamen würde. Unglücklicherweise jedoch wusste er auch, dass es nicht genug sein würde. Am Wind spürte er, dass er zu schnell fiel… unmöglich, den Aufprall auf dem tief unten wartenden Meer aus Beton zu überleben.
Die Lichter Roms erstreckten sich unter ihm, so weit sein Blick reichte. Die Stadt sah aus wie ein unglaublich heller Sternenhimmel, und Langdon fiel direkt in ihn hinein. Das weite Sternenfeld wurde lediglich von einem dunklen Streifen unterbrochen, der die Stadt in zwei Hälften teilte. Es war ein breites, dunkles Band, das sich wie eine fette Schlange zwischen den weißen Lichtpunkten hindurchwand. Langdon starrte hinunter auf das mäandernde Gebilde…
Einmal mehr stieg unerwartet Hoffnung in ihm auf.
Mit beinahe manischer Energie riss Langdon mit der Rechten an seinem improvisierten Fallschirm. Die Persenning flatterte lauter, blähte und wand sich, bis sie den Weg des geringsten Widerstands gefunden hatte. Langdon spürte, dass er seitwärts trieb. Er zog erneut, noch härter diesmal, ohne den Schmerz in seiner Handfläche zu beachten. Die Persenning blähte sich, und Langdon spürte, wie er sich seitwärts bewegte. Nicht viel, aber ein Stück! Er sah nach unten, zu der schwarzen dicken Schlange. Sie lag weit rechts von ihm, doch er war auch noch ziemlich hoch. Hatte er zu lange gewartet? Er zog mit aller Kraft und akzeptierte, dass nun alles in Gottes Hand lag. Er konzentrierte sich auf den weitesten Teil der Schlange und betete zum ersten Mal in seinem Leben um ein Wunder.
Der Rest war verschwommen.
Die Dunkelheit raste ihm entgegen… seine Turmspringererfahrung kehrte wieder… instinktiv drückte er den Rücken durch… pumpte die Lungen voller Luft, um seine inneren Organe zu schützen… spannte die Schenkel an… das Letzte, woran er sich erinnerte, war Dankbarkeit, dass der Tiber Hochwasser führte und sich schäumend und kalt durch sein Bett wälzte… und dreimal weicher als ein stehendes Gewässer.
Dann der Aufprall… und Schwärze.
Es war das laute Knallen und Flattern der Persenning gewesen, das die Gruppe von dem Feuerball hoch am Himmel ablenkte. Der Himmel über Rom war in dieser Nacht voller spektakulärer Bilder gewesen – zuerst ein Helikopter, der mit Höchstgeschwindigkeit senkrecht nach oben gestiegen war, dann eine gewaltige Explosion, und nun dieses eigenartige Objekt, das direkt in die wilden Strudel des Tiber gefallen war, ein kleines Stück vor dem Ufer der winzigen Isola Tiberina.
Seitdem die Insel als Quarantänestation für die Pestkranken des Jahres 1656 benutzt worden war, schrieben die Menschen ihr heilende Kräfte zu. Aus diesem Grund war später auch das römische Ospedale Tiberina auf der Insel errichtet worden.
Der Fremde war übel zugerichtet, als sie ihn aus dem Wasser zogen. Sein Puls ging nur noch schwach, doch es war ein kleines Wunder, dass sein Herz überhaupt noch schlug. Sie fragten sich, ob es der mystische Ruf der Insel war, der das Herz dieses Mannes irgendwie hatte weiterschlagen lassen. Minuten später, als der Fremde zu husten anfing und langsam das Bewusstsein wiedererlangte, wusste die Gruppe, dass die Insel tatsächlich magische Heilkräfte besaß.
126.
Kardinal Mortati wusste, dass es keine Sprache gab, die das Mysterium dieses Augenblicks hätte ausdrücken können. Die Lautlosigkeit der Vision über dem Petersplatz sagte mehr als tausend Engelschöre.
Während Mortati hinauf zu Camerlengo Ventresca blickte, spürte er den lähmenden Zusammenprall von Herz und Verstand. Die Vision schien real, doch
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