Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
Vom Netzwerk:
wir erfahren haben, eine angesehene Kanzlei. War seine Kanzlei auch finanziell erfolgreich, oder hatte er Geldsorgen? «
    » Er hatte keine Geldsorgen. «
    » Sind Sie sich sicher? «
    » Ich war sechs Jahre mit ihm verheiratet «
    » Es gibt Menschen, Frau Gaspary, die sind zwanzig Jahre verheiratet und wissen nur sehr wenig voneinander. « Er stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab und beugte sich vor. Mit gerunzelter Stirn legte er sich seine Worte zurecht » Wieso sind Sie sich so sicher? «
    » Ich kenne meinen Mann. « Irgendetwas nahm mir die Luft Ich stand auf und öffnete ein Fenster. Dann setzte ich mich wieder. » Ich kannte meinen Mann «, verbesserte ich mich stockend. » Wir hatten keine Geheimnisse voreinander, jedenfalls nicht solche, auf die Sie anspielen. Natürlich hat jeder Mensch seine kleinen Geheimnisse, und das ist auch gut so. Was jedoch unsere finanziellen Verhältnisse betrifft so bin ich darüber informiert Und ich kann Ihnen versichern, dass sie keinen Anlass zur Sorge geben. «
    Felicitas Kluge fragte: » Können Sie sich einen Grund vorste l len, aus dem sich Ihr Mann das Leben genommen haben könnte? «
    » Nein. «
    » Hatte er private Sorgen? «
    » Keine, die ihn zu einem solchen Schritt bewegt hätten. Mein Mann war weder lebensmüde, noch befand er sich in einer ausweglosen Situation. «
    » Würden Sie mir Ihren Mann bitte beschreiben? « Ihr war deutlich anzusehen, dass sie ihre Fragen als notwendig eracht e te. Gleichzeitig hatte sie Verständnis für mich und die Situation, in der ich mich befand. Sie würde mir nur das Nötigste zumuten.
    » Gregor ist … war … « Dieses Wort schnitt mir ins Fleisch. » Er war lebensfroh, hatte sehr viel Humor und eine große innere Stärke. Er konnte ausdrücken, wenn es ihm nicht gut ging, und er konnte manchmal alles um sich herum vergessen. Er war seinen Freunden ein Freund, er war Jana ein präsenter Vater und mir ein einfühlsamer Ehemann. « Ich griff nach dem Anker. Für Sekunden schloss ich die Augen und sammelte meine Kraft, um weiter zu sprechen. » Damit Sie nicht glauben, ich würde hier Schönfärberei betreiben, wie es üblich ist, wenn ein Mensch gestorben ist, werde ich Ihnen auch seine weniger angenehmen Seiten beschreiben. Gregors Gerechtigkeitsliebe konnte manc h mal anstrengend sein –für ihn selbst wie für andere. Er hat auf niemanden und nichts Rücksicht genommen, wenn es darum ging, etwas gerade zu rücken oder ein Unrecht wieder gutzum a chen. Er konnte aufbrausend sein. Mürrisch und in sich gekehrt, wenn ihn etwas stark beschäftigte. Dann war er nicht ansprec h bar, oder besser gesagt: nicht erreichbar. Es fiel ihm sehr schwer aufzugeben. Selbst wenn etwas völlig aussichtslos zu sein schien, hat er weiter gekämpft. Ein solcher Mensch bringt sich nich t u m, Frau Kluge. « Schwerfällig stand ich auf, ging zum Fenster und schloss es wieder. Die Kälte in mir war unb e schreiblich. Ich nahm mir eine Decke vom Sofa und wickelte mich darin ein. » Hat jemand gesehen, wie es passiert ist? «, fragte ich.
    » Bisher haben wir nur mit Nachbarn und Passanten gespr o chen, die einen Schrei gehört haben und kurz darauf den Aufprall. Wir wissen noch nicht, ob jemand den Sturz beobac h tet hat. «
    Ich verschloss mich gegen die Information, dass Gregor g e schrien hatte. Hätte ich sie an mich herangelassen, wäre ich in meine Einzelteile zerfallen. » Wie können Sie sich so sicher sein, dass es sich um einen Suizid handelt? « Ich sah zwischen beiden hin und her.
    Kai-Uwe Andres fühlte sich von meinem Blick angesprochen. » Sicher sind wir uns noch nicht, aber etwas ganz Entscheide n des deutet darauf hin, dass es kein Unglücksfall war. Vor der Balkonumrandung stand eine kleine, zweistufige Leiter. Was hätte die an dieser Stelle für einen Sinn, wenn nicht den, über die Umrandung zu klettern und zu springen? Wozu benutzte Ihr Mann diese Leiter üblicherweise? «
    Mein Hals war trocken. Ich räusperte mich mehrfach, um einen Ton herauszubekommen.
    Die Beamtin sprang auf und fragte, wo die Küche sei. Sie wolle mir ein Glas Wasser holen.
    » Gleich gegenüber «, krächzte ich.
    In null Komma nichts war sie zurück und drückte mir ein Glas in die Hand. Wie hatte sie sich so schnell in unserer Küche zurechtgefunden? Gehörte das zur Grundausbildung bei der Polizei?
    » Danke. « Ich trank vorsichtig, um mich nicht zu ver schlucken. » Diese Leiter … mein Mann hat sie benutzt, wenn er ein Buch aus dem oberen

Weitere Kostenlose Bücher