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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Teil seines Regals brauchte. Was auch immer sie auf dem Balkon zu suchen hatte … er hat sie ganz bestimmt nicht dorthin gestellt, um vom Balkon zu springen. Das ist absurd! «
    » Angehörigen fällt es oft schwer, einen Suizid als Todesurs a che zu akzeptieren «, gab Kai-Uwe Andres zu bedenken. » Auch wenn Sie die Möglichkeit eines solchen Suizids verneinen, Frau Gaspary, gab es irgendwelche Anzeichen, die jetzt in der Rückschau in diese Richtung gedeutet haben könnten? Denken Sie in Ruhe darüber nach. Sie müssen mir diese Frage nicht sofort beantworten. «
    » Es gab keine derartigen Anzeichen. « Ich stellte das Glas auf den Tisch und rieb meine eiskalten Hände aneinander. » Gibt es irgendetwas, das gegen eine Selbsttötung und für einen Unfall spricht? «
    Felicitas Kluge sah ihren Kollegen von der Seite an. Er schien zu überlegen, ob es richtig war, sein Wissen mit mir zu teilen, ob dieses Wissen mich nicht verleiten würde, in die falsche Richtung zu denken. » Der Abstand zwischen dem Absprun g punkt und der Stelle, an der der Körper Ihres Mannes auf den Boden schlug, ist relativ gering «, sagte er zögernd. » Er kann also nicht abgesprungen sein, wie es Suizidenten oft tun. «
    » Können Sie mir das bitte erklären? «
    » Jemand, der sich das Leben nehmen will, springt in der Regel ab und liegt dann in einiger Entfernung von der Mauer oder dem Absprungpunkt. Handelt es sich hingegen um einen Unfall, versucht also der Betroffene, sich festzuhalten, dann schlägt er ziemlich nah neben der Hauswand oder unterhalb des Abstur z punktes auf. «
    » Aber dann … «, hakte ich ein.
    Mit einer knappen Handbewegung gebot er mir Einhalt. » Moment, Frau Gaspary! Ziehen Sie bitte keine falschen Schlüsse. Es gibt auch Menschen, die versuchen, ihre Selbstt ö tung zu verschleiern. Sie springen nicht ab, sondern lassen sich ganz bewusst fallen. «
    » Und lassen dann auf dem Balkon eine Trittleiter stehen? Das passt nicht zusammen. Und das passt nicht zu meinem Mann. Wenn er seinen Tod in dieser Weise geplant hätte, dann wäre ihm ein solcher Fehler nicht unterlaufen. « Ich schluckte trocken. » Warum sollte er überhaupt seine Absicht verschleiert haben? Um uns zu schonen? « Der Tod schonte niemanden.
    Felicitas Kluge rutschte tiefer ins Sofa. Einen Augenblick lang betrachtete sie ihre Hände, dann fixierte ihr Blick meinen. » Beim Verschleiern eines Suizids geht es weniger um das Schonen der Angehörigen als um die Versorgung der Familie. Wenn zum Beispiel ein Lebensversicherungsvertrag noch keine drei Jahre läuft, dann zahlen die Versicherer bei einer Selbstt ö tung nicht. Außer sie hat nachweislich im Zustand einer seelischen Erkrankung stattgefunden. «
    » Sie sprechen von einer Depression … «
    Sie nickte. » Zum Beispiel. «
    » Gregor war nicht depressiv. Wir haben eine Stunde vor seinem Tod noch miteinander telefoniert. Er war wie immer. «
    » Was genau hat er Ihnen gesagt? «, fragte Kai-Uwe Andres.
    Ich brauchte nicht lange darüber nachzudenken. Es waren seine letzten Worte an mich gewesen. Wie sollte ich sie je vergessen? » Er sagte, dass er in einer Besprechung sitze, die noch gut eine Stunde dauern würde. Ich solle schon mal ohne ihn anfangen zu essen. «
    » Sie sagten, er sei wie immer gewesen? «
    » Er war angespannt, so wie er war, wenn seine Geduld strap a ziert wurde. Aber das war nichts Ungewöhnliches in seinem Job. Er ist … er war … Anwalt für Familienrecht. Da geht es um die unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Gefühle. Bei dieser Thematik können sich nur die wenigsten Menschen auf das Wesentliche beschränken. Es kam oft vor, dass er sich Leiden s geschichten in epischer Breite anhören musste. So etwas kann die Geduld schon mal strapazieren. «
    » Hat er Ihnen gesagt, um wen es sich bei seinem Besucher oder seinen Besuchern handelte? «, fragte die Beamtin.
    Ich schüttelte den Kopf. » Das hätte er schon allein wegen der Vertraulichkeit nicht gesagt. «
    » Frau Gaspary … wo finden wir die persönlichen Unterlagen Ihres Mannes? « Felicitas Kluge saß nun sprungbereit auf der Kante des Sofas.
    » In unserem gemeinsamen Arbeitszimmer. «
    » Können Sie es uns bitte zeigen? Wir werden einige Gege n stände beschlagnahmen müssen, bis die Sachlage eindeutig geklärt ist. «
    Wie vom Donner gerührt sah ich sie an. » Beschlagnahmen? «
    » Das ist Vorschrift. « Sie stand auf. » Sie bekommen alles so schnell wie möglich zurück. Den

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