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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Und dabei dürfen wir keine Richtung vernachlä s sigen, mag sie uns auch noch so unwahrscheinlich erscheinen. «
    Meine Wut war so schnell verraucht, wie sie gekommen war. Zurück blieb eine lähmende Schwäche. Hätte ich ihnen sagen sollen, dass ich nicht hinter jeder Verabredung mit einer anderen Frau ein Verhältnis vermutete? Dass –hätte Gregor tatsächlich eines gehabt –ich mit ihm darüber geredet hätte? Dass ich um unsere Ehe gekämpft hätte? Und dass Mord nicht Bestandteil meines Konfliktlösungsrepertoires war? Wozu? Sie hätten mir ohnehin nicht geglaubt.
    » Wie ist Ihr Mann mit Ihrer Erkrankung zurechtgekommen? «, fragte er.
    Davon hatten sie also auch erfahren. Ich schluckte gegen die Wut an, die bereits wieder von mir Besitz zu ergreifen drohte. » Meine Erkrankung hat ihn belastet, so wie sie jeden anderen Partner auch belastet hätte. Es war nicht leicht für Gregor, damit umzugehen, aber er hat es geschafft. Wenn Sie jedoch glauben, er hätte sich deshalb von mir ab-und einer anderen zugewendet, dann irren Sie. « Meine Stimme war rau. Ich trank einen Schluck Wasser.
    Nachdem er sich Notizen in seinem Buch gemacht hatte, sah er auf. Sein Blick war sachlich, er ließ noch nicht einmal erkennen, ob ich ihn überzeugt hatte. » Wir müssen Sie das fragen, Frau Gaspary «, hob er an. » Wo waren Sie am Monta g abend gegen zwanzig Uhr dreißig, als Ihr Mann vom Balkon stürzte? «
    » Ich war hier. « Meine Stimme war nur noch ein Krächzen.
    » Kann das jemand bezeugen? «
    » Nein. « Ich sah zu Gregors Foto und hielt mich an seinem Gesicht fest, neben dem ich nie wieder aufwachen würde.
    » Was haben Sie gemacht? «, fragte Felicitas Kluge.
    » Ich habe gelesen. « Wie lange würde mein Herz diesen schnellen Puls aushalten? Ich atmete dagegen an.
    » Hatte Ihr Mann in letzter Zeit mir irgendjemandem Streit? Gab es heftige Auseinandersetzungen? «
    Ich schüttelte den Kopf.
    » Denken Sie bitte nach, Frau Gaspary, diese Frage ist wic h tig. «
    » Jeder Mensch hat mal Streit. « Ich sah sie abweisend an.
    » Mit wem hatte er Streit? «, hakte sie nach.
    » Es war kein Streit, es war eher eine Auseinandersetzung. Aber wenn es um dieses Thema ging, sind die beiden öfter mal aneinander geraten. Das ist ohne Bedeutung für Ihre Ermittlu n gen. «
    » Wenn Sie diese Entscheidung bitte uns überlassen … «, wies Kai-Uwe Andres mich sanft, aber entschieden zurecht. » Also, mit wem gab es eine Auseinandersetzung? «
    » Ich möchte nicht, dass Sie unsere Freunde da mit hineinzi e hen. «
    Er ließ sich nicht erweichen, sondern bestand auf einer An t wort. » Ihre Freunde werden Verständnis dafür haben und ebenfalls an einer raschen Aufklärung des Falles interessiert sein. Wie heißen Ihre Freunde? «
    » Annette und Joost Kogler. «
    » Worum ging es bei dieser Auseinandersetzung? «
    » Um eine von Joosts Affären «, antwortete ich widerwillig. » Mein Mann hat ihn aufgefordert, die Sache in Ordnung zu bringen. «
    » Was hat er mit in Ordnung bringen gemeint? «
    Ich war kurz davor, ihn anzuschreien, er solle gefälligst den Mörder meines Mannes suchen, anstatt unsere Freunde zu brüskieren. Mit zu Fäusten geballten Händen beantwortete ich seine Frage: » Ich nehme an, er wollte, dass Joost seine Affäre beendet. «
    Ihren beredten Blicken nach zu urteilen, glaubten sie, auf ein Motiv gestoßen zu sein, nach dem sie lange gesucht hatten.
    » Annette wusste von der Affäre ihres Mannes. Und selbst wenn sie es nicht gewusst hätte –mein Mann hätte ihr sicher nicht davon erzählt, und Joost hätte Gregor nicht umgebracht, falls Ihre Fragen darauf hinauslaufen. Die beiden waren Freu n de. Würden Sie mir jetz t b itte sagen, warum Sie mir diese Fragen überhaupt stellen? Bisher hatte ich den Eindruck, dass Sie davon überzeugt sind, mein Mann habe sich das Leben genommen. «
    Die Kriminalbeamtin sah kurz zu ihrem Kollegen, bevor sie zu sprechen begann. » Nach unseren bisherigen Ermittlungen können wir lediglich einen Unfall als Todesursache ausschli e ßen. Es bleibt abzuklären, ob sich Ihr Mann selbst das Leben genommen hat oder ob wir es mit einem Tötungsdelikt zu tun haben. Die Spurensicherung hat ergeben, dass es an dem Griff der Trittleiter, die auf dem Balkon stand, keinerlei Fingera b drücke gibt. Jemand muss sie also abgewischt haben. Außerdem wurden bei der Leichenschau Hämatome am Bauch Ihres Mannes festgestellt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Balkonbrüstung

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