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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Mittagessen. Er … «
    » Ging er allein, oder hatte er eine Verabredung? «, hakte ich nach.
    Die beiden wechselten Blicke, die einer wortlosen Absprache gleichkamen. » Er ging allein «, antwortete Ruth Lorberg.
    Ich sah zu ihrer Kollegin, die die Luft anzuhalten schien.
    » Ja … er ging allein «, bestätigte schließlich auch sie und wich dabei meinem Blick aus.
    » Ich weiß Ihre Loyalität meinem Mann gegenüber ebenso zu schätzen wie Ihren Versuch, mich zu schonen. Aber mein Mann ist tot, und ich möchte wissen, warum er sterben musste. « Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, und kämpfte dagegen an. Wenn ich jetzt weinte, würde ich nichts erfahren. » Tatsachen sind eher zu ertragen als Ungewissheiten. Wenn es also etwas gibt, das ein wenig Licht in das Dunkel um den Tod meines Mannes zu bringen vermag, dann würde ich das gerne wissen. «
    Ruth Lorberg versuchte, meinem Blick standzuhalten. Ich wusste, wie sehr Gregor ihre Unerschütterlichkeit geschätzt hatte. Die Lorberg bringt so schnell nichts aus der Ruhe, hatte er oft gesagt Seinem Tod war es ganz offensichtlich gelungen, und das ließ mich auf ihr Verständnis hoffen. Schweigend sah ich dabei zu, wie sie innerlich einen Kampf auszufechten schien.
    » Ich habe mir stundenlang den Kopf darüber zerbrochen, ob ich etwas weiß, das zur Aufklärung beitragen könnte. Aber es fällt mir beim besten Willen nichts ein. Die Fälle, die Ihr Mann in letzter Zeit bearbeitet hat, bieten keinen Stoff, um ein Motiv daraus zu stricken. Es waren ganz normale Scheidungs-, Sorgerechts-und Erbschaftssachen. Natürlich hat es von der gegnerischen Seite auch schon mal Drohungen gegeben, aber nicht in der jüngeren Vergangenheit. «
    » Mir ist auch nichts Derartiges bekannt «, sagte ihre Kollegin. Kerstin Grooth-Schulte war optisch das Gegenteil von Ruth Lorberg –die Haarfarbe ihres Wuschelkopfs wechselte im Rhythmus der Mode. Und hochgeschlossen, so hatte sie einmal mit Blick auf ihre Kollegin gesagt, würde nicht einmal ihr Totenhemd sein. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer Gegensätzlichkeit waren die beiden ein eingespieltes Team. » In den vergangenen Monaten war es eher ruhig, was die so genannten überschießenden Emotionen betrifft «, fuhr sie fort. » Natürlich geht es im Familienrecht nicht immer harmonisch zu, aber dass Ihr Mann von einer gegnerischen Partei umgebracht worden sein sollte, kann ich mir nur sehr schwer vorstellen. « Sie schüttelte mit Nachdruck den Kopf.
    » Keine Streitereien, keine bösen Worte oder überfallartigen Besuche? Gar nichts in dieser Art? « Ich machte kein Hehl aus meiner Enttäuschung.
    Ihr Nein kam wie aus einem Munde und war voller Bedauern.
    Es musste jedoch etwas Außergewöhnliches gegeben haben, sonst wäre Gregor nicht tot. » Worum ging es bei seiner letzten Mandantin an diesem Tag? «
    » Sie heißt Barbara Overbeck «, antwortete Kerstin Grooth-Schulte. » Worum es bei dem Gespräch ging, weiß ich leider nicht, Ihr Mann hat darüber weder Notizen gemacht noch ein Band besprochen. Sie hatte einen Termin um siebzehn Uhr dreißig, war allerdings nicht seine letzte Mandantin an diesem Abend. Ich musste noch einmal in die Kanzlei, da ich die Einkäufe, die ich in der Mittagspause gemacht hatte, vergessen hatte. Es war Viertel nach sechs, Frau Overbeck war noch be i i hm. Ich habe kurz den Kopf in sein Büro gesteckt, um mich bemerkbar zu machen. Ihr Mann telefonierte. Er sagte: Ich denke, das ist keine Sache, die man am Telefon besprechen sollte. Ich bin sicher noch eine halbe Stunde in der Kanzlei … In Ordnung, dann also in zehn Minuten hier. Deshalb nehme ich an, dass er noch jemanden erwartet hat. Wer das gewesen sein könnte, kann ich beim besten Willen nicht sagen. « Sie sah mich mitfühlend an.
    » War mein Mann an diesem Tag anders als sonst? Bedrückt oder ungewöhnlich schweigsam? «
    » Das hat die Kripo auch schon gefragt «, antwortete Ruth Lorberg. » Er war nicht anders. Und ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass er sich umgebracht hat. « Sie faltete die Hände und beugte sich näher zu mir. » Niemand aus meinem näheren Umfeld hat sich bisher das Leben genommen, ich kann also nicht sagen, wie sich jemand benimmt, der kurz davor steht, dazu fehlt mir –zum Glück –die Erfahrung. Aber ich kann aus voller Überzeugung sagen, dass niemand, der sich so benimmt wie Ihr Mann, vorhat, sich aus dem fünften Stock vom Balkon zu stürzen. «
    » Wie hat er sich denn

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