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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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kniff die Augen vor Schmerzen zusammen. Schließlich spuckte er Schleim in die Flammen, die kurz aufzischten, während er den Kopf zwischen die Knie steckte.
    »Der Lehrling, den sie in Q’os verbrannt haben – das war dein Junge, nicht wahr?«
    »Ja, das war meiner«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Aber er hat kein Siegel getragen.«
    »Nein.«
    Also hatte der alte Farlander doch noch etwas Menschliches an sich, dachte Ché.
    Er betrachtete den Mann im schwachen Licht des Tages. Asch war alt geworden, seit Ché ihn vor vielen Jahren in Cheem gesehen hatte. Er war dünner, als Ché ihn in Erinnerung hatte. Die Gesichtsknochen stachen scharf und kantig unter der dunklen Haut hervor, die von Runzeln durchzogen und papierdünn war. Der graue Bart war verwildert. Die Augen lagen tief in den Höhlen und waren von einem schwachen Gelb.
    Er sah einen Mann, der dem Tod näher war als dem Leben.
    »Was mache ich hier?«, fragte Asch ihn. »Das ergibt für mich keinen Sinn.«
    »Ich sitze hier und frage mich dasselbe.«
    Der Farlander hob den Kopf und sah Ché lange an. Er richtete den Blick auf die Stumpen der kleinen Finger und zuckte zusammen. »Was machst du hier, Ché?«, fragte er. »Bist du einer von ihnen?«
    Ché wandte sich ab.
    »Ché?«
    Während sich die Sekunden dahinzogen, spürte er das wachsende Misstrauen des alten Mannes.
    »Du hast Sato verlassen, ohne es uns zu sagen«, meinte Asch.
    Ché schaute noch einmal hinüber zu dem Vogel, der wieder über dem Hang schwebte. Ein Teil von ihm wollte dem alten Mann alles beichten und ihm sagen, welchen Anteil er an der Vernichtung des R o ¯ schun-Ordens hatte. Aber er stellte fest, dass er es nicht konnte.
    Trotzdem begriff der alte Farlander allmählich. »Du hast die ganze Zeit hindurch zu ihnen gehört. Zum Reich. Aber wie konnte das sein? Der Seher hätte es in dir bemerkt.« Asch richtete sich auf, was ihm offenbar Schmerzen bereitete. »Was bist du, Ché? Was hast du getan?«
    »Ich bin ein Diplomat«, fuhr Ché ihn an, »der einfach nur leben will. Was ich getan habe, alter Mann? Ich habe dir das Leben gerettet.«
    Ché versuchte sich wieder zu beruhigen, als ihn der Farlander ungläubig anstarrte. Viele widersprüchliche Gefühle quollen in ihm hoch.
    Es ist also vorbei , hatte der uralte Seher traurig zu Ché gesagt, als sie in der Nacht gesessen und das brennende R o ¯ schun-Kloster betrachtet hatten. Alle, die er während der Jahre an diesem Ort kennengelernt und mit denen er sich angefreundet hatte, bis sie für ihn wie eine Familie gewesen waren, starben in den Flammen.
    Du solltest mich jetzt töten, Ché , hatte der alte Seher zu ihm gesagt. Bring es hinter dich, denn es ist mir lieber, wenn du es machst und nicht irgendein Fremder .
    Ché schluckte. Er schaute Asch über das erbärmliche Feuer hinweg an und wusste, dass dieser alte R o ¯ schun einer der letzten seiner Art war, ob wohl ihm das nicht bewusst war.
    Dieses Wissen fühlte sich für ihn wie ein schmutziges Geheimnis an.
    »Sie wissen, dass die R o ¯ schun in Cheem leben«, sagte Asch schließlich, und in seinem Blick lagen plötzlich Anklage und Wut.
    Ché wollte nicht darüber sprechen.
    Der alte Mann warf seinen Umhang beiseite, sprang Ché an, brach aber zusammen, bevor er ihn erreicht hatte. Ché regte sich nicht. Er sah zu, wie der Farlander sich wieder aufzurichten versuchte, es aber nicht schaffte.
    Ché stand auf und zog Asch dorthin zurück, wo er gelegen hatte. Dann warf er den Umhang wieder über den zitternden Körper. Asch schaute in die Wolken, während sich seine Brust schnell hob und senkte.
    Ché wollte etwas sagen, wollte seinen eigenen Verlust mit Asch teilen und öffnete den Mund, doch er brachte nichts heraus.
    Der alte R o ¯ schun kicherte jetzt; es war ein knarrendes, von Bitterkeit durchtränktes Geräusch.
    »Alles ist verloren«, krächzte Asch in sich hinein.
    Neugierig hielt Ché den Kopf schräg. Er beobachtete, wie das Grinsen aus dem Gesicht des Farlanders verschwand und Asch wieder ernst wurde.
    Ché sagte: »Ich vermute, jetzt willst du mich töten.«
    Der alte Farlander sah ihn eindringlich an. »Sobald ich die Kraft dazu habe.«
    Er wandte den Blick ab und sah, wie der junge Falke auf der anderen Seite des Tales in die Luft stieg und dabei heftig mit den Flügeln schlug. Er hielt etwas in den Krallen, das sich zu befreien versuchte.
    Ché lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    *
    Im frühen Glimmen des Tages beobachtete Bull, wie die

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