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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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eine Grimasse, als eine Erschütterung durch das Gewicht lief, das auf seiner zerbrochenen Rüstung ruhte. Eine Weile sagten die beiden Männer nichts mehr. Der Stammeskrieger schien ebenfalls Schwierigkeiten mit der Atmung zu haben.
    Am Ende war es das Unbehagen, das Bull dazu brachte, wieder etwas zu sagen und sich dadurch abzulenken. »Stimmt es eigentlich, dass sich eure Frauen die intimen Körperteile mit Schmuck durchstoßen?«, fragte er.
    Erscha hob den Kopf und drehte Bull sein bärtiges Gesicht zu. Seine Zähne waren angespitzt. »Ja, das ist wahr. So haben wir es schon lange vor den Q’osiern gemacht.«
    »Eure Frauen müssen bemerkenswerte Bettgenossinnen abgeben.«
    »Sag nicht so etwas«, keuchte der Mann. »Dann muss ich an meine Frauen denken. Bestimmt willst du nicht, dass ich jetzt einen Ständer bekomme.«
    Bull versuchte, nicht böse zu lachen.
    »Ich will dir etwas sagen. Du hast schon einen.«
    »Du machst Scherze.«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    Es folgte ein Augenblick der Stille. »Man sollte doch meinen«, ertönte schließlich die gedämpfte Stimme des Stammeskriegers, »dass das Bluten die ganze Nacht hindurch so etwas verhindert.«
    »Ja, das sollte man meinen.«
    »Das war übrigens ein netter Schnitt in meinem Bein.« Es war das zweite Mal, dass ihm der Mann dieses Kompliment machte. Bull antwortete mit denselben Worten wie zuvor.
    »Es war ungeschützt. Dir mangelt es an der unteren Verteidigung.«
    »Das liegt an meiner Größe. Eigentlich solltest du die gleichen Schwierigkeiten haben.«
    »Ja.«
    Die Wolken über ihren Köpfen wurden heller. Sie bewegten sich fast unmerklich, aber je länger Bull sie anstarrte, desto mehr hatte er den Eindruck, dass er selbst und der ganze Rest der Welt unter ihm sich bewegten.
    In der Ferne verstummte eine weitere Stimme mitten im Schrei.
    »Du solltest froh sein, Bull. Was ist besser? Neben deiner zerbrochenen Charta zu sterben oder für den Rest deines Lebens in einer Zelle zu verrotten?«
    »Durch eine Erektion aufgespießt zu sein, ist wohl kaum ein glorreiches Ende.«
    »Nicht«, kicherte der Mann wieder. »Es tut sehr weh, wenn ich lache.«
    Bull zuckte unter dem erzitternden Gewicht auf ihm zusammen.
    »Du hast mir noch nicht gesagt, was du getan hast, um eine solche Bestrafung zu verdienen.«
    Bull schmatzte; sein Mund war trocken. Und seine Kehle brannte vor Durst. »Ich habe einen Mann getötet«, sagte er. »Einen Helden aus Bar-Khos.«
    »Einen Helden? Und was hatte dieser Held dir getan?«
    »Er hat meinen jüngeren Bruder ausgenutzt. Und dann hat er ihm das Herz gebrochen.«
    »Aha, jetzt verstehe ich.«
    Eine Weile hörte er Erschas Atmen zu, das immer flacher wurde. Der Mann kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Bull war Adrianos, dem Helden des Nomarl-Angriffs, ein einziges Mal begegnet. Es war vor zwei Jahren gewesen, als die Massen zugesehen hatten, wie Bull gegen den Meister aus Al-Khos gekämpft hatte. Er hatte den Mann und seinen raschen Verstand gemocht und sogar ein gewisses Maß an Bewunderung für das empfunden, was er gegen die Reichsarmee bewirkt hatte.
    Auch Bulls jüngerer Bruder hatte Adrianos bewundert und war Soldat beim Sonderkommando unter seinem Befehl geworden. Im letzten Jahr war er im Alter von vierundzwanzig Jahren bei einem Tavernenstreit umgekommen, den er begonnen hatte, als eine Gruppe von Adrianos Freunden hereingekommen war und die Tugenden des Mannes gelobt hatte. Bull war über den Tod seines jüngeren Bruders außer sich gewesen, aber sein Entsetzen hatte sich noch gesteigert, als er den Grund für diesen Kampf und seine plötzliche Feindseligkeit gegenüber Adrianos erfahren hatte.
    Er spürte, wie seine Wut stieg, als er sich daran erinnerte.
    Bull drehte den Kopf zur Seite und atmete die Erinnerungen aus. Durch seine Tränen sah er nichts als Leichen – ein Teppich aus Toten in jeder Richtung, in die er schaute. Er hoffte, dass es Wicks gutging. Er hoffte, dass der Junge nicht irgendwo unter den Gefallenen lag.
    Ein Stiefelpaar kam in Sicht. Bull blinzelte, damit er einen klareren Blick bekam, und sah, wie sich zwei Soldaten auf ihre Speere stützten und zu ihm heruntersahen.
    »Hier ist noch einer«, sagte der kleinere der beiden Männer. Er hob seinen Speer und zielte mit der blutigen Spitze auf Bulls Hals.
    Bull weigerte sich zurückzuzucken. Er wartete mit offenen Augen und wünschte nur, es möge schnell gehen.
    »Nein«, krächzte Erscha. Der große Mann drehte den Hals und sah

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