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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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nicht, das wurde immer öfter zum Problem. Den hier mochte sie und mochte ihn zugleich nicht, und dann denk mal logisch und kühl und mit Überblick.
    »Lahr«, murmelte Paul Niemann. »Ich wüsste wirklich nicht, was ...«
    Ruhig sagte sie, dass am Anfang der Ermittlungen immer die weiten Wege standen, die Umwege, die vielen falschen Spuren. Doch es
taten
sich immerhin Wege auf, nun ein Weg nach Lahr, und wenn nicht der sie weiterbrachte, dann eben ein anderer. Jeder Weg brachte Antworten, und alle Antworten waren wichtig, auch die negativen, denn sie schlossen die einen Spuren aus und holten vielleicht andere in den Fokus.
    »Ich verstehe«, sagte Paul Niemann und sah auf seine Hände hinab.
    Der Moment der Nähe war vorbei.
    »Und Ihre Kollegen? Die Techniker? Was sagen die?«
    »Die schreiben erst mal einen Bericht, und das kann dauern.«
    Er sah auf. »Sie haben nichts gefunden?«
    »Warten wir den Bericht ab, Herr Niemann.«
    »Aber wenn das länger dauert ...«
    Sie verdrehte die Augen. »
So
lang auch wieder nicht.« Sie stand auf, sagte, was sie vorhin zu seiner Frau gesagt hatte, sie hätten doch Zeit, zumindest bis zum Wochenende. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, spürte, dass er zurückzuckte, was wiederum sie zurückzucken ließ. Ihre Hand hing einen Moment lang in der Luft. »Haben Sie was dagegen, wenn ich mir den Garten ansehe?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie war schon in der Diele, als sie ihn sprechen hörte.
    »Wie zählt man sieben Tage?«
    Sie wandte sich um. Er sah sie an, auf die Ellenbogen gestützt, der Rücken krumm, der Kopf verschwand halb im Jackenkragen.
    »Ich meine, die sieben Tage, wann haben sie begonnen? Wenn er den Samstag mitzählt, ist Freitag der siebte Tag. Wenn er erst ab Sonntag rechnet, ist Samstag der siebte Tag. Aber heißt ›in sieben Tagen‹, dass er ... dass er von einem bestimmten Tag an am siebten Tag kommt? Oder lässt er sieben Tage vergehen und ... ich meine, kommt er dann erst am achten?«
    »Ich weiß es nicht, Herr Niemann.«
    »Das frage ich mich die ganze Zeit.«
    Sie nickte stumm.
    »Wie er zählt. Wann er kommt.«

4
    IM GARTEN , unter dem schweren grauen Oktoberhimmel, der die Luft staute und in den Augen schmerzte, hatte sie keine Lust, an Paul Niemann und den alten Krieger zu denken, zu spekulieren, wie er zählte, wann er kommen würde. Mach mal Pause, dachte sie und fragte sich, was sie da vorhin bei Steinle zu spüren geglaubt hatte.
    Steinle und romantische Gefühle?
    Sie ging an der Thujenhecke entlang, ließ die Hand über die tropfnassen Zweige streifen. Ein anderer Garten kam ihr in den Sinn, ein Garten in Günterstal in einer Sommernacht vor dem Regen, während des Regens. Richard Landen und sie auf der Terrasse, später im Wohnzimmer, dann hatte Thomas Ilic angerufen, die Jagd nach dem falschen Marcel begonnen.
    Verliebtheit, dachte sie, das war es, was in ihrem Leben fehlte. Der Letzte, den sie damit geplagt hatte, war Richard Landen gewesen, der zwischen drei Ländern und hundert Städten pendelte und manchmal anrief, und wenn sie dann zu ihm kam oder er zu ihr, war dieses Gefühl für ein paar Stunden wieder da, bei ihm wie bei ihr, und sie sprachen darüber, dass sie unter anderen Umständen in einem anderen Leben in einer anderen Zeit ...
    Wunderbare Gespräche, weil es das andere Leben und die andere Zeit nie geben würde.
    Es war ihr nicht leicht gefallen, sich vom Lebensentwurf
Familie zu verabschieden, für den Mick bis vor vier Jahren und etwas überraschend Richard Landen bis vor eineinhalb Jahren gestanden hatten, aber noch schwerer schien es zu sein, eine Vorstellung zu entwickeln, was an dessen Stelle treten sollte. Zweimal im Monat Sex mit unterschiedlichen Partnern?
    Ach, dachte sie, warum nicht?
    Aber sie ahnte, dass das vielleicht nicht genug war. Andere Gefühle wollten wohl auch mal wieder ran.
    Sie wandte sich um, sah Paul Niemann in seinem unbeleuchteten Wohnzimmer stehen, in ihre Richtung blicken, mehr eine Ahnung als ein Körper, sah ihn durch Straßen laufen, die silberne Digitalkamera in der Hand, auf der Suche nach einem alten Krieger, der sich auf diese Weise kaum finden lassen würde.
    Sie ging weiter, am Zaun entlang, hinter dem steile Felder und Wiesen lagen, Wege verliefen, Wald hinauf zum Schönberg. Die frische Feuchtigkeit der Luft tat gut nach dem überheizten Haus der Niemanns. Sie atmete tief, fühlte sich wohl am Rand der Felder und Wiesen, inmitten all der Feuchtigkeit. Auf der einen Seite ein

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