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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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in die Hände gefallen sei?
    Ob man ihr diese Version abnahm, scherte sie nicht. Asherah sei gesegnet, betete sie leise, und allmählich schlugen ihre zarten Hoffnungen in Freude um. Wenn Tamara mit einem Jungen niederkam, war das Haus von Elias gerettet!
    »Was höre ich da – Tamar soll hier sein?« Mit hochrotem Gesicht und schmutzigen Händen, Zeichen seiner Schufterei als einfacher Arbeiter, betrat Elias die Empfangshalle. »Die Götter sind meine Zeugen – sie kann nicht unter diesem Dach bleiben. Sie hat Schande über die Familie gebracht! Sie ist eine Hure!«
    Avigail versuchte ihn zu beschwichtigen, strich ihm über die Schultern. »Elias, mein Sohn, sprich rasch ein Gebet. Wenn das Kind ein Junge ist, wird er dein Enkel sein. Überleg doch, was das bedeutet!«
    Elias starrte seine Tochter an. Unbeweglich wie eine Statue stand er da, überrascht, überwältigt von widersprüchlichen Gefühlen. Eigentlich wollte er seinem Zorn auf Tamar freien Lauf lassen, ihre Schande anprangern, aber wie konnte er das angesichts der unerwarteten Chance auf einen Enkel, die sich ihm bot? Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach einem Stammhalter und der verletzten Ehre seines Hauses rang er um Haltung. Ein Mann hatte nun mal seinen Stolz.
    Inzwischen war auch Hannah verständigt worden. Mit wehendem Schleier stürzte sie herein. Als sie Tamar erblickte, drängte es sie, die Tochter in die Arme zu schließen. »Liebster Mann«, beschwor sie Elias, »Tamar ist unser Fleisch und Blut. Wir waren es, die sie gezeugt haben.«
    »Sie hat Schande über uns gebracht. Sie hat mich bestohlen und dem Ehemann ihrer Schwester beigelegen.«
    »Aber sie ist zurückgekommen! Die Götter sind mit uns. Sie bereut, und sie erwartet ein Kind. Elias, denk doch mal praktisch. Tamar wäre uns eine zusätzliche Arbeitskraft.«
    »Und ein weiterer Mund zu stopfen!«
    »Sie stickt wunderschön. Wir können ihre Handarbeiten verkaufen, Elias. Sie kann für ihren Unterhalt bezahlen.«
    Als Elias schwieg, fuhr Avigail fort: »Ich werde sofort meiner Cousine in Damaska schreiben. Dort wird man sich über die gute Nachricht freuen.« Und möglicherweise Geschenke schicken, dachte sie bei sich. Gold und Silber für Calebs Erstgeborenen …
    »Nein!«, widersprach Elias energisch. »Caleb hat uns bestohlen. Er hat mit der Schwester seiner Frau Ehebruch begangen. Seine Frau verlassen. Seine Familie muss gewusst haben, was für ein übler Bursche er ist. Sie haben uns wissentlich einen Dieb, einen Schurken geschickt. Als wir ihnen schrieben, dass er uns betrogen hat, haben sie sich taub gestellt. Sie haben jeden Anspruch auf das Kind verwirkt. Du wirst ihnen nicht schreiben.«
    Er drückte die Schultern durch und reckte das Kinn. »Weib«, wies er ungewohnt streng seine Ehefrau an, »sag unserer Tochter, dass sie bleiben kann. Aber sie soll mir nie wieder unter die Augen treten oder das Wort an mich richten. Bring sie und das Kind irgendwo abseits im Haus unter. Ich möchte sie nie wiedersehen.«
    Er machte kehrt und verließ hastig den Saal. Tamar hielt sich ihren Schleier vor das Gesicht, um ihr triumphierendes Lächeln zu verbergen.

    Sie hieß Edrea, und Jotham war in sie verliebt.
    Als er zärtlich über das polierte Holz des Großbaums fuhr, verebbte der Lärm im Hafen – das Geschrei der Möwen, die Rufe der Matrosen und Schauerleute, der steife Wind, der vom Großen Meer her wehte. Jotham hatte nur Ohren für den Klang von Edreas Segeln, ihren Leinen und ihrer Takelage.
    Heute war ihr Geburtstag, der Tag ihrer ersten Ausfahrt. Jotham war bei der Taufe jedes seiner Schiffe zugegen, gab ihnen persönlich ihren Namen und liebte sie alle. Wenn er einen Kapitän oder Matrosen erwischte, der mit einer seiner Schönheiten nicht einfühlsam umging, wurde er auf der Stelle ausgepeitscht.
    »Das ist unnatürlich«, warf ihm seine Schwester vor. Aber was wusste Zira oder welche Frau auch immer schon von der persönlichen Beziehung eines Mannes zu den Schiffen, die er baute? »Das kommt daher, dass du keine Kinder hast«, meinte sie. Sie mochte damit recht haben. Aber er war nun mal am glücklichsten, wenn er auf seiner Werft darüber wachte, wie Planken verlegt, Leinen und Segel vermessen und die Glückssymbole auf Bug und Heck gemalt wurden. Und bei der Namensgebung achtete er sehr darauf, nur solche auszuwählen, die einen guten Einfluss auf das Schiff versprachen. Edrea war kanaanäisch und bedeutete »mächtig«.
    Sie wird weite Reisen zurücklegen,

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