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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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inzwischen der Rab der Bruderschaft, wusste, wie schwer es sein würde, Ehre und Rechtschaffenheit innerhalb der Brüder wiederherzustellen, und dass es vermutlich Jahre, wenn nicht Generationen dauern konnte, bis man die von ihm entwickelte neue Schrift akzeptierte. Aber er vertraute darauf, dass sich nach und nach wieder Studenten bei der Bruderschaft einfinden und die schnellere, leichter zu erlernende und damit effizientere Schrift begrüßen würden.
    Um ihnen meinen neuen Code beizubringen, überlegte er, sollte ich den Zeichen einen Namen
geben, damit sie sie sich gut merken können. Ich fange mit dem Ersten an, und weil es sich wie
ein
A
anhört, werde ich es
alep
nennen. Das zweite, das für
B
steht, werde ich
bet
nennen …
    Auf einen freudigen Ausruf von Esther hin wandte er sich um und sah Nobu, der erhitzt am Tor anlangte. Der ehemalige Sklave begrüßte Esther und überreichte ihr ein kleines Geschenk, das er in der Stadt besorgt hatte. Dann ging er zu David und Leah. »Du hattest recht, Meister. Es war fertig«, sagte er und händigte David einen kleinen Lederbeutel aus. »Ich habe mir erlaubt, einen Blick darauf zu werfen. Es ist der höchsten Götter würdig!«
    David strahlte und reichte Leah den kleinen Beutel. »Die Ehre gebührt dir.«
    Er hatte sie in seine Pläne eingeweiht, aber die endgültige Ausgestaltung kannte sie nicht. Was hatte die Kunstfertigkeit des Silberschmieds geschaffen? Gespannt zog sie die Schnur des kleinen Beutels auseinander und nahm den Inhalt heraus.
    »Halla!«,
stammelte sie, als der silberne Gegenstand in der Sonne funkelte. Auf dem handtellergroßen Medaillon zeichnete sich jede Einzelheit des Emblems klar und deutlich ab: der Stab, die Flügel, die sich nach oben windende Schlange. Das alte Symbol von Shubat und Ningishzida, das den Göttern eigene Symbol des Schreibens, der Weisheit und des Heilens, der Menschheit vor Urzeiten in die Hand gegeben. Nun glänzte es, wieder zum Leben erweckt, in diesem hellen Sommer einer neuen Blütezeit für Ugarit, um einer schwindenden Bruderschaft neues Leben einzuhauchen – durch Davids Eingebung auf einem blutgetränkten Schlachtfeld.
    »Bei Asherah«, flüsterte Leah. »Es ist wunderschön.«
    David umfasste Leahs Wange und küsste sie. »Und es ist ein gutes Symbol, Liebes. Wenn ich es auf Ton verewige und über Türen malen lasse und in Stein ritze, wird sich die Kraft der Flügel und der Schlange und des Baums entfalten, Säle und Hallen und Herzen und den Verstand der Bruderschaft erfüllen. Dann kann es nicht anders sein, als dass Rechtschaffenheit und Ehre bei meinen Brüdern wieder Einzug halten.«
    Als er das Schmuckstück wieder in dem Beutel verstaute, sagte er: »Jetzt, liebste Leah, habe ich die Gewissheit, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht. Selbst Tragödien können am Ende zu etwas Gutem führen. Sinn und Zweck meiner neuen Schrift ist es, einer Reform als Instrument zu dienen. Und wie die Bruderschaft nach einem neuen Symbol verlangte, benötigte sie auch eine neue Schrift. Nicht ohne Grund kam mir die Eingebung für den Code bei Anbruch des Tages, an dem der Morgenstern aufging. Ohne meine neue Schrift hätten die Brüder in Althergebrachtem verharrt und wären weiter für Korruption anfällig geblieben. Deshalb werde ich Shubat zum Schirmherrn der Schriftgelehrten erheben.«
    Aber nein, sagte er sich und rief sich jenen Tagesanbruch vor vier Jahren ins Gedächtnis
zurück. Es war gar nicht Shubat, der damals zu mir sprach, sondern der ältere, noch mächtigere El Shadai – der Allmächtige – und sein
Eloah,
der mir diese neue Schrift vermittelte. Als er sagte, der Tag des Buches stehe bevor.
    Was ist ein Buch?, überlegte David und stellte sich vor, ein Buch müsse so etwas sein wie die Schicksalstafeln oder die Schriftrollen der Ahnen. Nachdem Shalaaman wieder vollständig genesen war und sich mit ägyptischen Emissären getroffen hatte, um einen Friedensvertrag auszuhandeln, hatte David ihn über die Schätze informiert, die er in den Archiven sicher verwahrt hatte, um zu verhindern, dass sie gestohlen oder vernichtet wurden: Holzsplitter von der Arche, die ewiges Leben verhießen; einen blauen Stein, der vom Himmel gefallen war und die Zukunft offenbarte; einen aus einem unbekannten Material gefertigten Dolch, der stets nach Norden zeigte – all die wundersamen Schätze, die David Königin Hatschepsut im Austausch für Leah angeboten hatte. Shalaaman war von dieser erstaunlichen Sammlung

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