Im Auge des Feuers
nickte. Er war schnell von möglichst simplen Lösungen zu überzeugen.
Eiras leere Colaflasche landete perfekt im Papierkorb in der entgegengesetzen Ecke des Raumes. »Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. Da geht es doch nicht nur um Geld.« Er stand auf. »Habt ihr die Buchungslisten des Flughafens überprüft? Und die der Schiffslinien?«
Berger warf ihren Pferdeschwanz zurück. »Kein Passagier unter ihrem Namen.«
Eira zögerte nicht länger. »Dann schreibt sie jetzt zur Fahndung aus. Bittet die Spurensicherung, ihr Zimmer in der Pension und all ihre Sachen aufs Genaueste zu untersuchen. Wenn es auch nur ein einziges Sandkorn oder eine winzige Faser gibt, die sie mit dem Fall in Verbindung bringen könnten, möchte ich das sofort erfahren!« Eira schnappte sich seine Jacke. »Kommt mit, wir müssen noch einmal das Personal der Pension vernehmen.«Eine halbe Stunde später hatten sie bereits einen Großteil der Angestellten der Pension befragt. Außer den Leuten, die an der Rezeption arbeiteten, hatte niemand mit Gunhild Wikan gesprochen.
Die Spurensicherung war noch in Gunhilds Zimmer beschäftigt. Eira stattete den Kollegen einen Besuch ab.
»Etwas Interessantes?«
»Sehr aufgeräumt und ordentlich hier«, murmelte der eine. »Nichts, aber auch gar nichts liegt überflüssig herum. So was erlebt man selten.« Er öffnete den Kleiderschrank und zeigte auf einen roten Wollmantel. »In der Tasche ist ein Schlüsselbund. Ein paar von den Schlüsseln sind meiner Meinung nach ziemlich alt.« Er reichte Eira den Schlüsselbund. Außer den Schlüsseln hing daran ein Škoda-Abzeichen. Eira sah sich den Schlüsselbund in allen Einzelheiten genau an, dann ließ er ihn in eine Plastiktüte fallen und griff zu seinem Handy.
Lange Zeit hob keiner ab.
Dann setzte Eira an: »Hallo, Johan. Ich habe eine kurze Frage an Sie: Hatte jemand in Ihrer Familie früher mal einen Škoda?«
Eira presste das Mobiltelefon noch fester ans Ohr, um auch tatsächlich jedes einzelne Wort von Johans Antwort verstehen zu können.
Nach einer kurzen Pause nickte Eira wortlos. »Aha … Hmm … Wie bitte? Ein Schlüssel?« Eira zwinkerte seinem Kollegen zu. »… Und Sie können sich deutlich daran erinnern? … Danke … Gut, Sie hören von mir.«
Eira sah erstaunt aus. »Das erste Auto von Karl Fjeld war offenbar ein Škoda gewesen und Johan behauptet, an Karls Schlüsselbund hinge ein Škodazeichen. Daran meint er sich genau erinnern zu können.« Eira deutete auf die Plastiktüte. »Das hier müssten dann also die Schlüssel sein, die Karl bei seiner Rückkehr dabeihatte und mit denen er auch ins Haus gekommen war.«
Eira wollte gerade gehen, als eine Frau einen Putzwagen durch die Rezeption schob. Er hielt sie an. »Kriminalpolizei. Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen. Bitte sagen Sie mir: Wie viele Leute sind hier als Reinigungspersonal angestellt?«
Die Frau sah ihn verblüfft an. »Heute bin nur ich hier.«
Er nahm sie behutsam, aber bestimmt beiseite. »Haben Sie mit der großen, älteren Dame von Zimmer 28 gesprochen? Sie wohnt schon eine Weile hier – Gunhild Wikan heißt sie.«
Die Frau nickte langsam. »Ja, natürlich. Eine sehr nette Dame. Bloß manchmal etwas kurz angebunden.«
»Sind Sie ihr heute mal begegnet?«
»Ich habe sie seit heute Morgen nicht mehr gesehen.«
»Wissen Sie vielleicht, wo sie hinwollte?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Sie sagte nichts darüber. Aber Frau Wikan sah aus, als wolle sie wandern gehen.«
»Hat sie jemals ein paar konkrete Orte erwähnt, die sie besonders mag, wohin sie unter Umständen gerne reisen würde?«
Die Reinigungskraft dachte nach. »Wir haben einmal von Hella gesprochen«, sagte sie plötzlich. »So sind wir ja überhaupt erst ins Gespräch gekommen. Allem Anschein nach ist sie oft da draußen gewesen, als sie jung war. Sie hat erwähnt, dass Freunde von ihr dort eine Hütte haben.«
»Wollte sie vielleicht heute dorthin?« Eira sprach hastig. Sein Gefühl sagte ihm, dass er nun rasch handeln musste.
Die Frau zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Sie wollte jedenfalls versuchen, vor ihrer Abreise noch einmal dort hinzukommen.«
Kapitel 72
Rita trat aus der Hütte. Von der Veranda aus sah sie die Schiffe im Sund vorbeigleiten – schwarze Silhouetten mit gelben Lichterreihen. Es war dunkel und kalt geworden. Sie setzte sich auf einen der Terrassenstühle und wickelte die Beine in eine doppelte Schicht Wolldecken. Über die Schultern hatte
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