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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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mit vollem Korn und Nüssen.«
    Eira kritzelte auf seinen Block, während Vennestad vortrug, welche Schlüsse er inzwischen gezogen hatte. Erneut unterbrach Eira den Professor. »Wacholderbeeren. Preiselbeeren. Das verbinde ich mit Wild. Rentier, Elch, Schneehuhn. Ganz und gar nicht untypisch für diese Breiten. Aber gehacktes Fleisch … also keine Sauce und Kartoffeln?«
    »Definitiv nicht, Eira. «
    »Wann ist er gestorben?«
    »Der Tod muss maximal ein bis zwei Stunden nach dem Essen eingetreten sein. Die Ergebnisse weiterer Analysen erhalten wir morgen.«
    Eira legte auf, unsicher, ob das Gespräch zu irgendetwas anderem nütze gewesen war, als ihm den Appetit zu verderben. Vor seinem inneren Auge sah er das »Essenspaket«, das Vennestad vor einigen Stunden geöffnet und jetzt im Detail beschrieben hatte. Erschaute hinunter in seine Butterbrotdose und schaffte es nicht, das Bild auf seiner Netzhaut loszuwerden.
    Langsam schloss Eira die Dose, schob den Kaffee weg und vergrub sich wieder in seinen Papieren.

Kapitel 23
    Eira und Berger waren in Richtung Gebirge aufgebrochen. Sie parkten am Ende der Straße, die sie wieder das Tal hinaufgeführt hatte. Hier wurde der Weg bald zum Pfad. Feiner Nieselregen sprühte ihnen ins Gesicht.
    Nebel hatte die Berggipfel eingehüllt und die Luft kroch wie nasskalter Dampf in die Nasenlöcher. Der feine Regen war nur ein Vorgeschmack. Am Horizont rollten bleigraue Wolkenmassen heran, schwer von aufgespeichertem Niederschlag. Bald würde er entweder als Regen oder Schnee herunterkommen. Die Pfützen würden den Boden in eine glitschige, unförmige Masse verwandeln.
    Der drohende Wetterumschwung an sich konnte Eira nicht schrecken. Wohl aber das, was er mit dem Erdreich und dem Birkendickicht anrichten würde. Ab einer gewissen Niederschlagsmenge konnten wichtige Spuren und Hinweise verwischt oder gänzlich getilgt werden. Die gesamte vergangene Woche war ungewöhnlich niederschlagsarm gewesen. Eira würde es als echtes Pech betrachten, wenn sich das Wetter ausgerechnet jetzt änderte.
    Er strich sich mit dem Handrücken übers Gesicht und konzentrierte sich auf den noch relativ trockenen Boden. Es war dunkler geworden. Er brauchte nicht den Blick zu heben, um zu registrieren, dass die schwere Wolkendecke das ohnehin spärliche Licht in Dämmerung verwandelt hatte. Er fluchte laut auf Samisch.
    Berger, die bis jetzt still gewesen war, platzte heraus: »Kannst du nicht auf eine etwas integrierendere Art fluchen?« Unter ihren Schuhsohlen schmatzte es und sie rutschte ein Stück über den Boden. Wandern in nassem, unwegsamem Gelände war definitiv nicht ihr Steckenpferd.
    »Wir haben ja auch noch das Verkehrsdezernat, Berger. Denk drüber nach. Zum größten Teil Asphalt.« Eira bemerkte, dass der Boden mit Abdrücken von Fahrradreifen und den Sohlen all derer übersät war, die an Wochenenden und Nachmittagen hier oben gewandert waren. Er überhörte Bergers leises Gemurmel hinter sich und ging weiter.
    Sie näherten sich der Stelle, an der die Leiche gefunden worden war. Eira verließ den Weg. Das feine Regenwasser hatte bereits begonnen, den Grund aufzuweichen, aber noch nicht so stark, dass die Abdrücke und Spuren auf der Erde verschwunden waren. Es tropfte von der knorrigen, kleinen Birke, als er die Äste zur Seite bog. Eira wollte den Boden gründlich absuchen.
    Nachdem er lange in der Hocke gesessen und den Bereich mit den Augen und Fingern vorsichtig durchgekämmt hatte, erhob er sich und winkte Berger heran. »Sieh dir das an«, sagte er. »Siehst du die Furchen hier im Moos?«
    Berger nickte schwach. »Vielleicht«, murmelte sie. »Aber um ehrlich zu sein, sehe ich sehr wenig.«
    »Zumindest siehst du bestimmt, dass die Rinde an manchen umstehenden Birkenstämmen abgeschabt ist, oder? Schau mal, ein paar Blätter sind etwas zerfasert und an einigen Stellen sogar ganz abgerissen.«
    Sie nickte wieder.
    »Weißt du, welchen Schluss man daraus ziehen kann?«
    »Ganz und gar nicht, Eira.«
    »Dann lass es mich erklären. Das Deutlichste sind die Birkenstämme. Niedrige Moorbirken, wir befinden uns direkt unterhalb der Baumgrenze. Sie sind so niedrig und krumm, dass sie fast flach auf der Erde liegen. Etwas ist über sie hinweggeschrappt. Es hat die Rinde und die Blätter abgerissen. Das Gleiche gilt für das Moos dort. Siehst du, dass es etwas aufgekratzt ist?«
    »Erzähl mir lieber, welche Schlussfolgerung du daraus ziehst,Eira.« Berger war im Osloer Stadtteil

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