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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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weiterhin, dass du da drinnen eingesperrt worden seist?« Sie hob den Blick vom Glas, ohne ihn anzusehen. »Es war eine traumatische Zeit für dich, Johan. Der Druck war sehr groß und du stehst mit beiden Beinen in einem Sumpf. Im Moment ist einfach alles ein bisschen zu viel für dich. Eben deshalb habe ich vorgeschlagen, Dr. Moe anzurufen.«
    Dr. Moe war ein pensionierter Arzt. Er war der Hausarzt der Familie gewesen und hatte sich besonders nach dem Brand von 1969 um die Fjelds gekümmert. Auch nachdem er in den Ruhestand gegangen war, war er immer für sie da.
    »Vielleicht morgen«, antwortete Johan ausweichend. »Im Moment bin ich zu müde, um klar zu denken.«
    »Möchtest du, dass ich heute Nacht hier schlafe?«
    Es gab nichts, was er sich sehnlicher gewünscht hätte, aber sein Stolz verbot ihm, das Angebot anzunehmen. »Das ist nicht nötig, Rita. Ich werde sofort einschlafen, wenn ich mich hinlege.«
    Mit einem merkwürdigen Aufblitzen in den Augen sah sie kurz zu ihm hinüber. »Sicher wirst du das.«
    Johan leerte das Glas und schaute in eine andere Richtung, er wusste genauso gut wie sie, dass er die ganze Nacht kein Auge zutun würde.
    In der Tür blieb sie stehen. »Ich weiß, dass du die Papiere aus dem Safe entfernt hast, Johan. Ich hoffe bloß, du hast diesen verrückten Zirkus nicht veranstaltet, damit ich glaube, dass die Papiere jetzt unauffindbar wären.«
    Johan starrte sie sprachlos an.
    »Schlaf drüber. Morgen bist du hoffentlich wieder bei Verstand. Dann rufst du die Polizei an und erzählst ihnen die Wahrheit. Liefere am besten auch gleich alles bei ihnen ab, was du an Papieren gefunden hast. Das könnte uns weiterhelfen.« Bevor er sich sammeln konnte, war sie fort.
    Die Standuhr im Wohnzimmer schlug dreimal.
    Ihr Ton hatte ihn früher nie gestört. Jetzt machte er ihn wahnsinnig. Schon seit Mitternacht wälzte er sich im Bett herum, fühlte das Uhrenschlagen regelrecht auf seinem Körper. Eins – zwei – drei.
    Abgeschlossen.
    Nicht abgeschlossen.
    Der Kopf.
    Leere.
    Alles kreiste in seinem Bewusstsein und hielt ihn quälend wach.
    Ritas Gesichtsausdruck war nicht misszuverstehen gewesen. Die herabgezogenen Mundwinkel, unzufrieden und höhnisch zugleich. Sie war der Meinung, dass er phantasierte. Er sei im Begriff, den Verstand zu verlieren.
    Hatte sie recht?
    Er setzte sich auf die Bettkante. Ein Schlag. Halb vier.
    Es war, als riefen ihn Stimmen. Er musste die Tür berühren. Sie anfassen, sich vergewissern, dass sie jetzt abgeschlossen war.
    Er glaubte Rita nicht. Auch nicht, dass der Safe wirklich leer war. Sie behauptete, dass er sich alles eingebildet habe. Dann müssten die Papiere ja noch im Safe liegen. Rita aber sagte, die Türstünde weit offen, der Safe enthalte nichts. Da passte doch etwas nicht zusammen.
    Und er hatte das Klicken gehört und tatsächlich versucht, die Tür von innen zu öffnen. Er konnte sehr wohl noch zwischen Realität und Einbildung unterscheiden.
    Die Kälte auf der Kellertreppe ließ ihn erzittern. Der Geruch dort unten, eigenartig organisch, wie nasse Erde oder Schimmel, erinnerte ihn unangenehm an Blut. Sein Puls begann zu rasen. Er bekam nicht genügend Luft. Es nützte nichts, tief einzuatmen – seine Brust war zu eng. Die Füße bewegten sich unsicher vorwärts. Kalter Schweiß strömte aus allen Poren, die Angst vor dem Ersticken presste seinen Brustkorb noch enger zusammen.
    Johan näherte sich dem Raum mit dem Safe und hörte sein eigenes Röcheln wie aus weiter Ferne. Den Safe in der Ecke nahm er eigenartig unscharf wahr. Er schwankte darauf zu. Der ganze Raum rotierte. Aus der Öffnung starrten ihn milchig weiße Augen an.
    Alles um ihn herum entfernte sich. Ein Schatten legte sich über Johan, als er fiel.
    Der Fußboden in der Diele war kalt. Johan erwachte durchgefroren. Sein Blick streifte verwirrt umher, hinüber zur Kellertür. Er musste geträumt haben, geschlafwandelt sein. Oder war er in der Nacht wirklich dort unten gewesen? Die Bilder hatten sich in seine Netzhaut eingebrannt. Aber es war undenkbar.
    Obwohl er sich krank und elend fühlte, stand er auf. Er fuhr zusammen, als die Uhr im Wohnzimmer fünfmal schlug. Seine Nerven lagen blank. Er ertrug dieses Geräusch einfach nicht. Die Uhr musste aus dem Haus.
    Er schleppte sich hoch in sein Zimmer, trank auf der Bettkante noch einen großzügig bemessenen Cognac und schlief ein.

Kapitel 44
    29. Oktober 2007
    Eira sah die Frau hinter der großen Grünpflanze in der

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