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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Indianerin, außer bei mir hatte sich die indianische
Abstammung bei keinem Familienmitglied gezeigt. Aber ich sah eindeutig wie ein
Schoschone aus.
    Als ich eine diesbezügliche Frage
stellte, schien sie das zu beunruhigen, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein.
Ich habe italienisches und skandinavisches Blut, mit einem Schuß irischem und
französischem. Eine richtige Promenadenmischung, könnte man sagen.«
    »Aber eine freundliche
Promenadenmischung, die selten bösartig ist, außer mir gegenüber.«
    Stephanie rümpfte die Nase.
    »Sie sind also hier«, fuhr Denny fort,
»um ein paar kleine Probleme zu lösen, die wir haben.«
    »Ihrem Ton nach zu schließen halten sie
sie nicht für sehr schwerwiegend.«
    Er hob seine eine riesige Hand und
wackelte mit ihr hin und her wie ein Modellflugzeug, das nicht ganz
flugtauglich ist. »Ich glaube, man übertreibt.«
    »Meine Schwester?«
    »Nun ja. Und Steff hier hat auch nicht
gerade dazu beigetragen, die Leute zu beruhigen.«
    Stephanie blies Rauch aus und
betrachtete ihn mit zusammengezogenen Brauen. »Ich habe nichts getan, um irgend
jemand zu beunruhigen. Wenn du nur ein bißchen gesunden Menschenverstand
hättest, würdest du noch mal genau überlegen, wieso das Zeug versunken ist.
Verdammte Insel. Hier spukt’s!«
    »Gehen wir doch der Reihe nach vor«,
sagte ich. »Was ist mit den Arbeitern, die nicht mehr kamen? Patsy erzählte
mir, Sie hätten versucht, mit ihnen zu reden, und sie wären nicht wieder zur
Arbeit erschienen, weil sie Angst hatten.«
    »Es waren fünf Leute von hier,
Chinesen. Zwei aus Walnut Grove und drei aus Locke.«
    »Locke ist die historische
Chinesenstadt, nicht wahr?« Ich hatte am Vorabend nicht sofort einschlafen
können — weil ich zuviel getrunken hatte, vermutlich — , und so hatte ich im Geographie
und in dem Buch über das Delta gelesen, die ich mir von Hank geliehen
hatte. Obwohl ich mehrmals mit Freunden per Schiff im Delta gewesen war, war es
mir nie gelungen, den Ort zu besuchen, den man Kaliforniens bäuerliches
Chinatown nannte.
    Denny nickte. »Was die Arbeiter
betrifft, so gibt es zwei Umstände, die gegen uns sind. Erstens haben die Leute
hier von dem Fluch, der auf Appleby Island liegt, gehört. Aberglauben und
Legenden und Tatsachen — sie bringen alles durcheinander. Irgendeine Kleinigkeit
verschreckte die Arbeiter, und sie verschwanden. So einfach ist das.«
    »Und was ist die andere Sache?«
    »Die chinesischen Gemeinden, vor allem
die von Locke, schließen sich ab und sind Fremden gegenüber mißtrauisch. Und
das mit gutem Grund. Überall in ihrer Stadt laufen Touristen herum und
behandeln die Chinesen wie Schaustücke. Bauunternehmer wollen die Stadt haben
und sie in eine Art asiatisches Disneyland verwandeln und so weiter. Jedenfalls
ist das Ergebnis, daß diese Leute nichts mit Außenstehenden zu tun haben
wollen, und das schließt uns ein.«
    »Wann haben die Arbeiter aufgehört?«
    »Mal sehen.« Er blickte Stephanie an.
»Es war kurz nachdem du kamst, nicht wahr?«
    »Zweite Woche Januar, glaube ich.«
    »Und was geschah genau, als Sie
versuchten, sie zurückzuholen?«
    »Die zwei Kerle aus Walnut Grove habe
ich nie aufgespürt, und die drei aus Locke wollten nicht mit mir sprechen. Als
sie mich kommen sahen, verschwanden sie in irgendwelchen Hauseingängen, was
dort sehr einfach ist. Aber dem Ausdruck auf ihren Gesichtern nach zu
schließen, hätte man glauben können, ich sei der Geist von Appleby Island
persönlich.«
    »Kann ich Namen und Adressen haben?«
    »Angela wird sie Ihnen sicherlich
geben. Sie kennen sie vermutlich schon. Sie hat ihr Büro im Untergeschoß, neben
der Bar.«
    »Okay. Und nun zu den Kanus, Stephanie,
Patsy meint, weder Sie noch Max Shorkey glauben, der Sturm könnte sie
losgerissen haben.«
    Stephanie schnaubte verächtlich und
drückte die Zigarette aus. »Sie hätten Shorkey nicht zu meiner Unterstützung
zitieren brauchen. Ich habe mein ganzes Leben lang mit Booten zu tun gehabt — mein
Vater hatte einen Bootsverleih in Seattle — , und ich weiß, wozu ein Sturm
fähig ist und wozu nicht. Außerdem habe ich die Taue überprüft, mit denen ich
die Kanus zusammengebunden hatte. Sie waren durchgeschnitten.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer das getan
haben könnte?«
    »Nein, aber wenn ich den erwische... «
    Ich überlegte, ob ich den anonymen
Brief erwähnen sollte, der den bevorstehenden Besuch von Neals Bruder bewirkt
hatte, ließ es dann aber. Ich würde Neal selbst danach

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