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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Whiskeys strömte durch seinen Körper, schliff die scharfen Kanten der Schmerzen ab und lockerte seine Glieder. Tom lag auf dem Bett, die linke Hand auf der Decke, die rechte eng um Anna geschlungen. Draußen vor dem Fenster drehte sich das Riesenrad, drehte und drehte und drehte sich …
    Morgen würde kein schöner Tag werden. Aber jetzt, in dieser Sekunde, war all das weit, weit weg. Vielleicht lag es am Schock, vielleicht am Alkohol. Egal. Tom war dankbar, dass er sich für einen Moment warm und behütet fühlen durfte, wie ein Boot im sicheren Hafen.
    Auf dem Nachttisch klingelte sein Handy.
    »Geh nicht ran«, flüsterte Anna in seine Achselhöhle.
    »Ich muss«, sagte er, zog den Arm behutsam unter ihr hervor und setzte sich auf. Die Nummer auf dem Display kannte er nicht. »Wahrscheinlich Halden. Wenn wir uns morgen stellen wollen, sollten wir ihm nicht weiter ausweichen.«
    »Wirst du es ihm jetzt sagen?«
    »Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.« Tom stand auf und reckte sich. »Von Angesicht zu Angesicht wär’s mir lieber. Außerdem will ich den Abend noch genießen. So ruhig werden wir es lang nicht mehr haben.«
    Anna lächelte ihn an. »Ich liebe dich.«
    »Und ich dich.« Er nahm ab. »Tom Reed.«
    »Hallo, Tom. Wie ist es so im W?« Jack Witkowskis Stimme drang klar und kalt aus dem Hörer. »Haben die immer noch diese kleinen Schnapsflaschen auf den Zimmern?«
     

15
     
    Fast wäre Tom das Telefon aus der Hand gefallen. »Wie –«
    »Wie ich euch gefunden habe?« Jack schnaubte. »Das ist mein Job. Hast du wirklich geglaubt, ich würde euch nicht finden, Vollidiot?«
    Toms Beine gaben unter ihm nach, und er ließ sich auf die Tischkante sinken. Seine und Annas Augen trafen sich. Sie hatte sich sofort aufgesetzt, als sie den Ton seiner Stimme bemerkte.
    »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Das W Hotel. Nett da?«
    »Ja.« Tom rang um Fassung. »Tolle Aussicht.«
    »Kann ich mir vorstellen. Was kostet das nochmal? Dreihundert die Nacht?«
    Vielleicht lag es daran, dass Jack so weit weg war. Vielleicht lag es am Schock oder am Schnaps oder an der Müdigkeit, aber Tom hatte einfach keine Lust mehr, sich einschüchtern zu lassen. »Na und? Dank deinem Geld können wir hier jahrelang wohnen.«
    Eine kurze Pause, und dann ein scharfes Lachen. »Warum passiert mir das immer wieder? Ich schreibe dich als Schlappschwanz ab, und du beweist mir das Gegenteil. Die Idee mit dem Messer war übrigens nicht schlecht. Hat nicht ganz geklappt, aber Mut hast du offensichtlich. Genau wie deine Frau. Klar, jeder hätte den Panic Code auslösen können, aber dann auf Zeit zu spielen und von irgendwelchem Geld im Lüftungsschacht zu faseln? Respekt! Das war wirklich schlau.«
    »Sieht so aus.«
    »Und jetzt fühlt ihr euch sicher in eurem Luxushotel, was? Mit den großen Fenstern und dem romantischen Seeblick … Vielleicht hast du auch schon ein paar gekippt. Na, hab ich Recht? Du hast dir ein paar genehmigt, oder?
    »Ja.«
    »Was trinkt so ein Typ wie du?«
    »Bourbon.«
    »Mit Soda und Eis?«
    »Gerne.«
    »So, so. Wenn ich das gewusst hätte, wäre es vorhin etwas anders gelaufen. Jedenfalls hätte ich dich nicht allein gelassen.«
    »Tja, das stand eben nicht in unserer Post, was? Und daher hast du wohl auch meine Nummer.«
    »Sicher.« Jack machte eine Pause. »Übrigens, was stimmt eigentlich nicht mit deinem Schwanz? Da war so ein Brief von wegen künstlicher Befruchtung und so. Kann ich euch beiden vielleicht helfen? Ich spende Anna gern ein bisschen was von meinen Säften.«
    »Fick dich, du Psychoarsch.« Die Worte entfuhren ihm bissig und schnell, das Blut schoss ihm in den Kopf. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, war Tom fast erstaunt, dass Jack immer noch diese Macht über sie hatte, dass er immer noch etwas Kostbares vergiften konnte.
    »Mich ficken?« Jack lachte. »Ich glaub, das ist dein Problem. Kein Wunder, dass keine Babys kommen, wenn du dauernd versuchst, deinen Kolben in irgendwelchen mittelalten Polacken zu versenken. Stimmt’s, Tom? Du bist ’ne Schwuchtel?«
    Tom stand auf und ging zum Fenster, blickte hinaus auf den Lake Shore Drive, auf die roten und weißen Lichter, die aneinander vorbeirasten. Hier die Vergangenheit, dort die Zukunft, und dazwischen nur ein Moment, ein flackernder Schemen, der die Gegenwart markierte. »Wir haben der Polizei alles erzählt.«
    »Langsam, langsam. Du hast Eier, keine Frage, aber fürs Denken ist deine Frau zuständig. Ich weiß, dass

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