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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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anstellen konnte. Mit Tom. Schnell schob sie die Vorstellung beiseite.
    Sie hatten Glück gehabt, so einfach war das – mit dem Alarm, mit dem Panic Code, mit der schnellen Reaktion der Polizei. Sie hatten Jack nicht besiegt, nein, ganz sicher nicht. Sie hatten bloß unglaubliches Glück gehabt.
    Und trotzdem waren sie nur gerade so davongekommen, mehr nicht. Jack war immer noch da draußen. Genauso intelligent und gefährlich wie zuvor, und mittlerweile ziemlich angefressen. Würde die Polizei sie wirklich beschützen? Konnte sie das überhaupt? Und für wie lange? »Vielleicht sollten wir die Stadt verlassen. Woanders hingehen.«
    »Früher oder später müssen wir zurückkommen.«
    »Stimmt schon. Aber ich will einfach möglichst weit weg von ihm, von ihm und von dem anderen. Wenn wir in Detroit wären, würde es mir schon bessergehen.«
    Als sie den letzten Satz aussprach, nippte Tom gerade an seinem Bourbon. Er stieß eine Art Lachen aus, das sich bald in ein Husten verwandelte, schüttelte sich und schluckte. Anna sah, dass er Tränen in den Augen hatte.
    »Was ist?«
    Tom schlug sich auf die Brust und hustete nochmal. »Was du eben gesagt hast.«
    »Was ist damit?«
    »Es ist nur –« Er blickte sie an. »Wenn du lieber in Detroit wärst, muss es wirklich schlecht um dich stehen.«
    Anna spürte, wie sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete. Dann platzte ein kleines Lachen aus ihr heraus, und schließlich brach sich ein lautes Gelächter Bahn. Es war albern, aber zugleich befreiend und reinigend – sie genossen es beide und trieben sich immer weiter an, bis ihre Heiterkeit gar nichts mehr mit dem Witz zu tun hatte.
    Als sie endlich verstummten, sagte Tom: »Besser wird’s mir so bald kaum gehen. Vielleicht sollten wir …«
    Sie nickte. Gemeinsam begaben sie sich ins Badezimmer, wo Anna das Wasser anstellte und laufen ließ, bis es lauwarm war. Als sie seine Hand darunter hielt, stöhnte Tom auf vor Schmerz, aber er wehrte sich nicht. Erst wusch sie ihre eigenen Finger gründlich ab, dann seine, jeden einzelnen, ganz vorsichtig. Nach und nach blätterte das angetrocknete Blut ab und legte die Verletzungen frei. Schrammen zogen sich über die Knöchel, ein tiefer Riss glänzte im Fleisch des Mittelfingers. Sämtliche Finger waren rot angeschwollen, Anna erschrak fast darüber, wie heiß das Blut darin pulsierte. Der kleine Finger war zweifellos gebrochen, so schief, wie er zur Seite stand.
    Anna trocknete Toms Arm und Hand mit einem flauschigen Handtuch ab und verteilte antiseptische Salbe darauf. »Das wird jetzt ein bisschen wehtun.«
    Tom nickte und setzte sich auf den Toilettendeckel. Sein Gesicht war blass. »Gib mir das Handtuch.« Er wickelte es zu einer Rolle, steckte sie zwischen die Zähne und biss zu, atmete einmal, zweimal, dreimal heftig durch die Nase ein, blickte sie an und nickte.
    Anna schloss für einen Moment die Augen. Lieber schnell und entschlossen, und dafür nur einmal. Sie fasste Toms kleinen Finger und riss ihn zur Handmitte. Tom brüllte durch die zusammengebissenen Zähne und das Handtuch hindurch.
    »Tut mir leid tut mir leid tut mir leid.« Anna spürte, wie sich ihr Gesicht verzog; es war entsetzlich, ihm wehtun zu müssen. Sie beugte sich über die Hand und ruckelte ganz leicht an dem Finger, um sicherzugehen, dass er in der richtigen Position war. Bloß nicht nochmal von vorne. Aber der Finger wirkte einigermaßen gerade, also brachte sie die Schiene an und umwickelte sie, bis sie fest saß. »So. Das sollte reichen«, meinte sie und bandagierte die restlichen Finger. »Ich denke, es wird alles verheilen. Die anderen Finger sind nicht gebrochen. Aber wahrscheinlich ist der kleine nicht perfekt ausgerichtet, wir sollten also wirklich bald zum Arzt gehen.«
    Tom spuckte das Handtuch aus und ließ den Atem ausströmen. »Versprich mir eins«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Alles.«
    »Keine Lügen mehr. In Ordnung? Nie mehr.«
    Anna blickte ihn an, den Mann, den sie besser kannte als irgendwen sonst. »Und kein Beschützerinstinkt mehr. Wir stehen das gemeinsam durch.«
    Ein Lächeln leuchtete in seinem Gesicht auf, süß wie ein Sonnenaufgang im Frühling. »Bonnie und Clyde.«
    »Bonnie und Clyde.« Sie lehnte sich nach vorne, über die bandagierte Hand, bis sie die rauen Lippen und die sanfte Zunge spürte. Es war kein leidenschaftlicher Kuss, keiner, der ins Schlafzimmer führen sollte. Aber er war so wahr, wie Worte nie sein konnten.
     
    Die Wärme des

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