Im Bann der Gefuehle
schlicht und einfach gerade verfügbar. Mehr als das: Sie war willens, sich ihm hinzugeben. Sie verzehrte sich nach ihm.
Entsetzt versteifte sie sich. Was tat sie hier überhaupt? Sie überließ ihrer Einsamkeit und ihrer Sehnsucht die Führung, was sie direkt in die absolute Selbstzerstörung stürzen würde.
„Nein! Halt!“ Carys bewegte sich so abrupt, dass Alessandro ein paar Millimeter zurückwich. Ihre nackten Füße berührten den Boden, und erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Strumpfhose und ihr Slip längst ein ganzes Stück neben ihr lagen.
Beinahe hätte er sie für sich gehabt – hier, an der Wand seiner unbezahlbar teuren Suite. Nicht einmal den Rock hatte sie ausgezogen! Nach allem, was geschehen war, wie konnte sie nur so viel Schwäche zeigen?
„Carys?“
Wortlos stieß sie seine Hand zur Seite, entschlossen zur Flucht, und stolperte dabei über einen ihrer Schuhe. Ihre Selbstachtung war zu Staub zerfallen. Hastig und mit Tränen in den Augen zerrte sie den Saum ihres Rocks hinunter.
„Ich helfe dir“, bot er an, doch Carys streckte beide Arme aus, um Alessandro auf Abstand zu halten.
„Nein!“ Selbst mit Lippenstift am Kinn und völlig zerzausten Haaren sah er so sexy aus, dass sie gleich wieder hätte schwachwerden können. Es war schlicht und ergreifend unfair!
Er atmete mindestens so schwer wie sie, und seine Wangen waren gerötet. Anzeichen animalischer Lust. Das war alles, was Alessandro jemals für sie empfunden hatte.
Wann lerne ich denn endlich mal dazu?, fragte Carys sich wütend. Verlegen biss sie sich auf die Unterlippe und hasste sich für das, was sie beinahe getan hätte. Nur ein Kuss – und die Dinge waren außer Kontrolle geraten. Carys war bereit gewesen, sich zur Hauptdarstellerin ihrer eigenen Demütigung zu machen.
Wieder einmal hatte Alessandro sich als übermächtiger Verführer bewiesen, aber das war bei Weitem keine Entschuldigung. Sie hätte ihm widerstehen müssen, allein schon aus Respekt vor sich selbst.
„Fass mich nicht an!“, zischte sie und richtete ihr Kostüm, so gut es eben ging. Dabei hielt sie ihren Blick fest auf seinen Oberkörper gerichtet, um dem Triumph in seinen Augen nicht begegnen zu müssen. So viel war ihr Stolz doch noch wert.
„ Va bene . Wie du willst.“ Seine Haltung war starr und unerbittlich. „Dann unterhalten wir uns eben. Fürs Erste.“
Rückwärts stolperte Carys über den dicken Teppich. Alessandro folgte ihr nicht, sondern sah sie nur aufmerksam an, so als würde er erwarten, dass sie in Kürze wieder zur Besinnung kam.
„Wir müssen miteinander reden, Carys.“
Von wegen, dachte sie. Ihr reichte, was heute Abend geschehen war. Carys’ Blick senkte sich nach unten. Wie hatte das alles nur passieren können? Und würde sie sich beim nächsten Mal standhafter wehren können?
„Ich werde nicht hierbleiben, nur um gleich wieder angefallen zu werden“, stieß sie hervor.
„Angefallen?“ Jetzt richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, und seine Miene wurde ernst. „So kann man das wohl kaum nennen. Du hast jede meiner Berührungen dankbar empfangen.“
Diese arrogante Feststellung brachte das Fass zum Überlaufen, weil sie stimmte. Carys war schwach und nicht in der Lage, sich vor Alessandro und seiner Anziehungskraft zu schützen.
Unschlüssig zuckte sie die Schultern. „Ich war neugierig, das ist schon alles. Außerdem ist es eine ganze Weile her, dass ich …“
„Du hast dich aufgespart, cara ? Ist es das?“
Seine Stimmlage verriet ihr, wie gern er daran glauben würde, dass es außer ihm keinen anderen Mann mehr gegeben hatte. Diese Erkenntnis machte Carys wütend. Wütend genug, um zu widersprechen. Immerhin hatte dieser Mann ihre Unschuld geraubt, zusammen mit ihrer Liebe und ihrem Vertrauen, und jetzt glaubte er auch noch, sie würde nur aufgrund eines Fingerschnippens zu ihm zurückkehren.
„Nein“, log sie dreist. Aber sie hatte ernsthaft kein Interesse daran, sein Ego zu füttern. „Mein Freund und ich hatten lediglich eine kleine Meinungsverschiedenheit und …“
„Freund?“ Sein Tonfall klang in den edlen Wänden der Suite wie ein Donnerhall. „Du vermisst deinen Freund ? Erzähl mir nicht, du hast gerade wirklich an ihn gedacht?“
„Wieso nicht?“ Mutig hielt sie seinem giftigen Blick stand.
„Ich glaube dir kein einziges Wort.“ Doch sie sah den Zweifel in seinen Augen, und endlich meldete sich der Triumph auf ihrer Seite zurück. Vielleicht konnte sie sich doch noch
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