Im Bann Der Herzen
hatte zwar nicht erwartet, dass er nur eine Sekunde darauf hereinfiel, doch wusste sie genau, dass der Akzent ihre Stimme sehr gut verfälschte. Und wenn der Zeitpunkt kam, ihm von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, was nötig sein würde, wenn sie ihn als Klienten akzeptierte, durfte er die Dame aus der National Gallery nicht mit der Ehrenwerten Chastity Duncan in Verbindung bringen.
Ohne auf die Frage einzugehen, fragte sie kühl: »Geht die Vermittlung recht in der Annahme, dass Sie kein Interesse an einer Ehe haben, in der Zuneigung oder Achtung eine Rolle spielen? Zählen für Sie nur Geld und gesellschaftliche Stellung?«
Diesmal konnte er die Schroffheit ihres Tones nicht überhören. Er schlug mit den Handschuhen gegen die Fläche der anderen Hand. »Das sind meine Prioritäten«, beharrte er. »Gehört es zu den Aufgaben der Vermittlerin, diese in Frage zu stellen? Sie sind Repräsentantin einer Agentur, die eine Dienstleistung anbietet.«
Chastity spürte, wie ihre Wangen erglühten. »Um Ihnen von Nutzen zu sein, M'sieur, müssen wir die Fragen stellen, die wir für nötig erachten.«
Er runzelte die Stirn, um dann wie zustimmend mit den Achseln zu zucken. »Sagen wir lieber, dass ich bei der Wahl meiner Frau nach ganz praktischen Gesichtspunkten vorgehe.« Er sah sie mit einem gewissen Unmut an. Was ihm ganz einfach erschienen war, erwies sich nun aus irgendeinem Grund als schwierig, und die Tatsache, dass er keine visuellen Anhaltspunkte hatte, an die er sich hätte halten können, erschwerte alles noch viel mehr.
Chastity beobachtete ihn durch ihren Schleier hindurch. Sie konnte ihn ganz deutlich sehen und seine Gedanken einigermaßen genau lesen. Ihre Instinkte rieten ihr, den Mann ohne weitere Umstände als Klienten abzulehnen, da ihre zarteren Empfindungen, mit denen sie überreich gesegnet war, sich dagegen sträubten, diesem unverschämt materialistisch eingestellten Kerl eine reiche Frau zu verschaffen. Es war jedoch eine Entscheidung, die sie nicht treffen konnte, ohne erst ihre Schwestern zu befragen, und sie wusste jetzt schon, dass diese ihre edleren Prinzipien einfach abtun würden. Sie führten ein Unternehmen und konnten es sich nicht leisten, einen zahlenden Klienten abzuweisen, mochte er ihnen auch noch so unsympathisch erscheinen. Chastity wusste, dass sie auf Prudences kühl pragmatische Stimme anstatt auf ihre eigene spontane und emotional geprägte Reaktion hören musste. Ebenso wusste sie, dass Constance - was immer diese vom guten Doktor halten mochte - einwenden würde, ein zahlender Klient sei ein zahlender Klient. Und es gab Frauen, die so verzweifelt einen Ehemann suchten, dass sie sich sogar auf eine Verbindung dieser Art einlassen würden. Natürlich würde Constance auch sagen, dass man diesen Frauen zu mehr Selbstvertrauen verhelfen und sie umerziehen müsse. Bis dahin aber bliebe einem nichts übrig, als mit ihnen zu ihren eigenen Bedingungen umzugehen.
Und sowohl Prudence als auch Constance hatten Recht. The Mayfair Lady und der Vermittlungsservice sicherten den Duncan-Schwestern ihre Unabhängigkeit und ermöglichten ihrem Vater ein relativ angenehmes Leben. Obwohl Prudence und Constance nun Ehemänner hatten, die spielend für ihren Unterhalt aufkommen konnten, war keine der beiden bereit, ihre Selbstständigkeit aufzugeben.
Beim Gedanken an ihren Vater stieß Chastity unwillkürlich einen Seufzer aus, der ihrem Begleiter nicht entging, als er das leichte Wehen ihres Schleiers sah.
»Ist etwas?«
»Nein«, sagte sie. »Für heute halte ich die Sache für beendet, M'sieur. Ich möchte mich im Büro mit meinen Schw ... meinen Mitarbeiterinnen beraten. Sie werden von uns noch vor Ablauf der Woche brieflich 'ören.« Damit stand sie auf und reichte ihm die Hand.
Er ergriff sie. »Wie werde ich mögliche Kandidatinnen kennen lernen?«
»Das werden Sie erfahren«, sagte sie. »Immer vorausgesetzt, wir können eine Frau finden, die so wie Sie gewillt ist, sich mit einer Vernunftehe ohne Achtung und Zuneigung zu begnügen. Guten Tag, Dr. Farrell.« Damit enteilte sie und war fort, ehe er reagieren konnte.
Er tat einen Schritt, ihr nach, und seine Fassungslosigkeit wich Zorn über ihren spitzen Ton und ihre Worte. Sie aber durchschritt bereits in weiter Ferne die belebte Galerie. An einem so öffentlichen Ort konnte er ihr nicht nachrennen und eine Entschuldigung von ihr fordern - aber bekommen würde er eine. Wie konnte man nur so engstirnig und selbstgerecht
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