Im Bann der Leidenschaft
verächtlich. Würden diese lästigen Szenen denn niemals ein Ende finden? »Was willst du hören? Ich habe dich geheiratet. Reicht das nicht?«
»Keine Ahnung …« In Zenas Augen schimmerten Tränen. Sie wußte, daß sie vergeblich auf eine Liebeserklärung wartete. So sehr sie ihren Mann auch bedrängte, er würde sie immer nur mit nichtssagenden Phrasen abspeisen.
»Weine nicht, dushka. Wir werden schon miteinander auskommen, nicht wahr?« Er legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzuschauen.
Schweigend nickte sie. Miteinander auskommen? Das war zuwenig. Aber diesen Gedanken behielt sie für sich.
»Verlang bloß nicht zuviel von mir, ma petite !« mahnte er. »Solchen Ansprüchen bin ich nicht gewachsen.«
Während der nächsten Tage herrschte ein beklemmender Waffenstillstand, und sie faßten einander mit Samthandschuhen an. Diese unnatürliche Situation belastete Zena ebenso stark wie Alex.
4
Yuris Bruder erhielt einen Gouverneursposten in der östlichen Provinz. An diesem Wochenende fand das Abschiedsfest statt, und Alex wurde natürlich eingeladen. »Wenn’s nicht der Bruder eines guten alten Freundes wäre, würde ich nicht hingehen. Tut mir leid, im Lauf der Jahre habe ich sehr viele Freunde gewonnen. Aber ich konnte nicht ahnen, daß sich deswegen Probleme ergeben würden«, fügte er brüsk hinzu, als er Zenas unglückliche Miene sah.
Statt zu antworten, nickte sie nur, und er winkte ihr lässig zu, bevor er die Datscha verließ.
Auf der Party leerte man wie üblich mehrere Kisten Champagner, spielte Karten und beobachtete Zigeunerinnen, die mehr als aufreizend tanzten. Den ganzen Abend wehrte Alex die Annäherungsversuche der Frauen ab.
Während er sich zu fortgeschrittener Stunde mit Yuri unterhielt, sank eine besonders schöne Zigeunerin auf seinen Schoß, schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn. Mit sanfter Gewalt befreite er sich, und sie starrte ihn verwundert an. Da sie auf den Schenkeln des hübschen Aristokraten saß, spürte sie seine Erregung deutlich genug.
Auch Yuri hob erstaunt die Brauen. »Nur weil du verheiratet bist, erwartet niemand von dir, daß du wie ein Mönch lebst. Da wärst du der einzige Ehemann in dieser Stadt. Oder möchtest du einen neuen Stil kreieren?«
»Zum Teufel, Yuri …« Alex versuchte seinem spöttischen Freund zu erklären, was ihn bewegte, fand aber nicht die richtigen Worte. Also drückte er die verführerische Schönheit an sich und küßte sie leidenschaftlich, dann schob er sie weg. »Vielleicht ein andermal, Schätzchen«, murmelte er und rief nach einer weiteren Champagnerflasche.
Einige Stunden später kehrte er ziemlich betrunken in die Datscha zurück und fühlte sich wie ein Märtyrer. Großer Gott, die ganze Zeit hatte er bezaubernde Frauen abgewiesen. Das war unnatürlich. Nicht ganz so vorsichtig wie sonst betrat er das Schlafzimmer, stieß mit einem gespornten Stiefel gegen den Toilettentisch und warf einen Stuhl um. Er fluchte lauthals, umklammerte sein schmerzendes Bein und weckte seine Frau.
»Wie spät ist es?« flüsterte sie, immer noch im Halbschlaf.
»Wie soll ich das wissen? Hier drin ist’s verdammt dunkel. Beinahe hätte ich mich umgebracht.« Mit ungelenken Fingern riß er ein Streichholz an und entzündete eine Wandlampe.
Die Elektrizität war noch nicht bis nach Podolsk gedrungen.
»Hättest du weniger getrunken, würdest du nicht über die Möbel stolpern«, tadelte Zena, als sie die Alkoholfahne roch, die den Raum durchwehte.
»Unsinn, ich bin nie betrunken!«
»Schrei nicht so!«
»Ich schreie nicht!« brüllte er.
Langsam ging er zum Bett. Ein schwüler Duft stieg ihr in die Nase. »Seit wann parfümieren sich deine Freunde mit Moschus und Rosenwasser?«
»Falls ich dir einen Rat geben darf – reize mich nicht! Im Augenblick kann ich nicht für meine Selbstkontrolle garantieren.«
»Ah, diesen Ton schlägst du immer öfter an, um deine kleine Frau in die Schranken zu weisen. Zur Hölle mit deinen Drohungen, deiner Arroganz und dem Miststück, das diesen Gestank an dir hinterlassen hat!« Wütend starrte sie auf den Rougefleck an seinem Hals. »Ich hoffe, dein Geturtel mit der elenden Hure war amüsant! Wenn du dich um deine Ehefrau auch so bemühen würdest, kämen wir vielleicht besser miteinander aus. In Zukunft bitte ich dich um etwas mehr Diskretion. Nach solchen Eskapaden mußt du in der Stadt übernachten.«
»O nein, Madame, ich muß gar nichts mehr. Ich mußte heiraten, ich
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