Im Bann der Leidenschaft
aller Lokalzeitungen – eine elegante Gestalt auf Bällen oder Gartenfesten, bei Pferderennen, an Bord seiner Yacht.
Unglücklicherweise las Zena die Zeitungen und sah die Bilder. Ihr Mann schien sich sehr gut ohne sie zu amüsieren. Doch das hatte sie ja schon vorher gewußt. In ihren Augen brannten Tränen. Warum mußte sie gerade jetzt an ihn erinnert werden, nachdem sie ihre Gefühle endlich unter Kontrolle gebracht und eine Entscheidung über ihre Zukunft getroffen hatte.
Wie gut er auf diesen Fotos aussah – im weißen Flanellanzug an der Reling seiner Yacht, auf der Tribüne der Rennbahn von Cagnes-sur-Mer … Oder er lehnte lässig an der Balustrade einer Veranda auf einer Gartenparty. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, tatenlos im Hotel zu warten, während die Detektive nach Zena suchten. Er war dazu erzogen worden, an solchen gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Das gehörte einfach zu seinen Gewohnheiten, ebenso wie der tägliche Alkoholkonsum.
Vier Tage nach seiner Ankunft entdeckten die Detektive Zenas Pension und verständigten ihn. Sofort brach er auf, um seine Frau aufzusuchen. Als die Kutsche den Stadtteil erreichte, in dem sie wohnte, entdeckte er sie in dem kleinen Park nahe ihrer Unterkunft. Er befahl dem Fahrer anzuhalten und stieg aus. Zögernd blieb er stehen.
Bobby spielte im Gras mit einem Ball. Und Zena saß auf einer Bank unter einem Baum. Offenbar weinte sie. Ein Mann legte seinen Arm um ihre Schultern und zog ihren Kopf an seine Brust.
Meine Frau, dachte Alex erbost. An der Seite eines anderen! Verdammt, ich bringe ihn um! Mühsam zwang er sich zur Ruhe. Sei vernünftig, beschwichtigte er seinen Zorn. Auch du bist ihr nicht treu geblieben, als du in all den Wochen versucht hast, sie zu vergessen … Aber seine Wut besiegte die logischen Gedanken. Wie konnte dieser Kerl es wagen, seine Frau anzurühren?
Ohne den dichten Straßenverkehr zu beachten, rannte er zum Park hinüber. Dem ersten Zweispänner wich er erfolgreich aus. Aber der Fahrer einer Karriole zügelte seine Pferde zu spät. Wiehernd bäumten sie sich auf, als die Gebißstangen schmerzhaft in die empfindlichen Mäuler schnitten, und das linke Vorderrad prallte gegen die Brust des Mannes, der so leichtsinnig über die Straße stürmte.
Nun schien die Hölle loszubrechen. Einige Fahrzeuge stießen aneinander, Fahrer fluchten, neugierige Passanten eilten herbei, um das bewußtlose Opfer anzustarren. Unter seinem Kopf und den Beinen bildeten sich Blutlachen.
Erschrocken über den Lärm, sprang Zena von der Bank auf und hielt Bobby zurück, der zur Straße laufen und das Spektakel beobachten wollte.
»Bleib hier, Zena«, mahnte Alistair, »und laß mich sehen, was geschehen ist. In deinem Zustand darfst du dich nicht aufregen.« Wenig später kehrte er zurück. »Ein Mann wurde von einem Wagen niedergefahren. Allem Anschein nach ist er bewußtlos und schwer verletzt. Am besten bringe ich dich und Bobby nach Hause.«
In ihrer Pension angekommen, bat sie: »Würdest du mich nun entschuldigen, Alistair? Ich bin sehr müde und möchte mich ausruhen. Morgen sehen wir uns wieder.«
»Natürlich, meine Liebe, bis morgen.«
3
Die Fotos in den Zeitungen und die Erkenntnis, daß Alex sich ganz in ihrer Nähe aufhielt, hatten die Barrieren niedergerissen, die Zena rings um ihr Herz errichtet hatte. Qualvoll kehrte die Sehnsucht nach ihm zurück. Sie weinte um ihre verlorene Liebe und fragte sich, wie sie Alistairs Antrag jemals hatte annehmen können, so gütig und fürsorglich er auch sein mochte.
Als sie Bobby an diesem Abend ins Bett gebracht hatte, saß sie zitternd vor dem Kaminfeuer in ihrem Zimmer und überlegte, wie sie die Zukunft ertragen sollte. Was sie vor sechs Tagen für eine vernünftige Lösung gehalten hatte – nämlich Alistair zu heiraten –, erschien ihr jetzt unmöglich. Werde ich mir vorstellen, er wäre Sasha, wenn ich in seinen Armen liege, fragte sie sich. Muß Sashas Kind ihn Papa nennen? Werde ich mich irgendwann daran gewöhnen, Countess of Glenagle zu heißen? O Gott, warum war Sasha in ihr Leben zurückgekehrt, um ihre mühsam errungene innere Ruhe zu zerstören?
Was sollte sie tun? In drei Wochen würde sie ihr Baby gebären – und bald danach Geld brauchen. Sie konnte zu ihrem Großvater reisen. Doch das wollte sie nicht. Und den Gedanken, Sasha um finanzielle Unterstützung zu bitten, wies sie weit von sich. Er hatte es nicht einmal für nötig befunden, ihren
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