Im Bann der Leidenschaft
gehülltes Bündel in den Arm legte.
»Ein Prachtbursche, Monsieur.«
Erleichtert hielt er das Baby fest. Zena lächelte schwach. »Ist es vorbei?«
»O ja, mein Liebling, und ich danke dir für einen schönen, starken Sohn.«
»Ein Junge – wie du …«, flüsterte sie, schloß die Augen und schlief erschöpft ein.
Nicht wie ich, dachte er, während er das Baby neben seine Frau legte.
Bestürzt musterte er das helle Haar, die blauen Augen. In der Familie Kuzan waren noch nie blonde, blauäugige Kinder geboren worden.
Als Yuri das Telegramm aus Nizza erhielt, saß Amalie gerade in seinem Salon und trank mit ihm Tee. Lässig warf er seiner neugierigen Freundin das Papier zu, nachdem er die wenigen Zeilen überflogen hatte.
»Verdammt!« fluchte sie.
»Jetzt ist er dir wohl endgültig durch die Lappen gegangen, ma chérie.«
Mit seelenvollen lavendelblauen Augen schaute sie ihn an. »Diesmal scheint die Ehe gültig zu sein.« Von neuer Hoffnung erfüllt, fragte sie: »Glaubst du, er hat nur wegen des Kindes auf einer rechtskräftigen Heirat bestanden?«
»Sei nicht albern, Amalie. Er wollte Zena zurückgewinnen. Endlich hat er erkannt, wie sehr er sie liebt. Natürlich denkt er auch an die Zukunft seines Kindes. Aber dieses Problem hätte er mit seinem Geld lösen können. Du kannst nicht alle Männer haben, die dich reizen, meine Liebe.«
»Bisher ist mir das immer gelungen.«
»Sasha ist nun mal anders.«
»Das weiß ich«, seufzte sie unglücklich. »Was soll ich nur machen? Jetzt bin ich schon zweiundzwanzig.«
»Hör mal, du redest nicht mit deinem derzeitigen Liebhaber, sondern mit einem alten Freund. Vierundzwanzig. Also im besten Alter.«
Mit ihren trüben Gedanken beschäftigt, ignorierte sie seinen ungalanten Einwand. »Die Männer mögen nur junge Mädchen. Ich will keine verblühte Schönheit werden, die auf die Jagd nach neuen Liebhabern geht. O Yuri, das wäre eine schreckliche Demütigung!« Tränen glänzten in ihren Augen.
Noch nie hatte er sie weinen sehen. Nicht einmal das fünfzehnjährige Mädchen, das nach dreitägigen schmerzhaften Wehen die kleine Betsy geboren hatte, war in Tränen ausgebrochen. Schon in ihrer Jugend hatte sie sehr stark sein müssen, um für ihren schwachen Vater zu sorgen.
»Auch ich habe Gefühle, Yuri«, klagte sie. »Oh, ich bin so verzweifelt!«
Er betrachtete ihr ebenmäßiges Gesicht, die klassischen Züge, die hohen Wangenknochen, die ausdrucksvollen Augen, den sinnlichen Mund, das dichte, goldblonde Haar. »Weine nicht, Liebes. So schlimm sieht die Zukunft gewiß nicht aus. Mit deinen vierundzwanzig Jahren bist du keineswegs alt, und deine Schönheit wird noch lange nicht vergehen.« Wehmütig erinnerte er sich an das bezaubernde Mädchen, das sich auf einer blumenübersäten Sommerwiese in seine Arme geworfen und die süße Leidenschaft der ersten Liebe genossen hatte. Jetzt war Amalie eine betörende Frau, der es gefiel, immer wieder ihre Wirkung auf Männer zu erproben. Mit Alex hatte sie ihre erste Niederlage erlitten. Die makellose Schönheit war ihre wichtigste Waffe, die ihre Erfolge sicherte –, der sie ihre Ehe mit einem steinreichen Mann verdankte und die so viele Männer bewog, sich vor ihre Füße zu werfen. Nun mußte sie jedoch weitere Niederlagen befürchten.
»O Yuri, ich habe solche Angst …«
Da setzte er sich zu ihr aufs Sofa und nahm sie in die Arme. Der Duft ihrer seidigen Haare stieg ihm in die Nase. Zu seiner eigenen Verblüffung hörte er sich in väterlichem Ton sagen: »Zum Teufel, Amalie, du haßt Boris, und Alex kannst du nicht kriegen. Und nachdem Zena für mich unerreichbar ist, würde ich mich gern mit dir begnügen.«
»Zena?« Verstört rückte sie ein wenig von ihm ab und starrte ihn an. »Du auch?«
»Eine bemerkenswerte Frau, ma chérie. Das wäre sogar dir aufgefallen, wenn du dich bemüht hättest, sie etwas besser kennenzulemen. Tapfer und stark wie du, schön und klug.«
Zunächst fühlte sie sich etwas gekränkt, weil sie für die zweitbeste Lösung gehalten wurde. Doch dann kam das warmherzige Mädchen vom Land zum Vorschein, das sich hinter der Fassade der Gesellschaftslöwin verbarg. »Wir beide, Yuri? Ach, ich weiß nicht recht …«
»Ich wollte dich schon vor zehn Jahren heiraten.«
»Dafür hattest du zuwenig Geld.«
»Jetzt ist dein Vater tot, und du mußt seine Spielsucht nicht mehr finanzieren.«
»Ja, das stimmt.«
»In vierzehn Tagen würde ich deine Scheidung arrangieren. Und dann
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