Im Bann der Träume
ihres Körpers schimmerten und funkelten vor Wut.
»Warte!« unterbrach Gidaya. »Es ist wahr, daß diese Träumerin eine Antwort der Stäbe hatte, und wir konnten sie nicht lesen. Aber die Antwort wurde ihr gesandt und war die Wahrheit. Könnt ihr das leugnen?« Keine Antwort.
»Und hier wurden Dinge gesagt, die einen Kern guter Gedanken in sich tragen.«
Gysmay machte eine wütende Bewegung, faßte ihren Zorn jedoch nicht in Worte.
»Warum stellst du dich jetzt gegen uns, Träumerin?« fragte Gidaya. »Wir haben dir viele Tore geöffnet; wir gaben dir die Kraft – warum willst du nun diese Gabe gegen uns wenden, die wir dir niemals Böses wollten?«
»Ich habe die schwache Stelle in eurer Kraft erkannt. Ihr wart blind gegen jene, die euch Böses wollen. Solange ihr eine gespaltene, uneinige Rasse seid, solange Haß und Rachegefühle euch trennen, solange besteht die Gefahr des Unheils für eure Rasse. Ihr habt mir Türen geöffnet und eine Straße gebaut; jetzt will ich dasselbe für euch tun, für euer Volk. Das Übel kam aus meinem Volk. Aber wir sind nicht alle so. Auch wir haben etwas, das uns trennt, wir haben Verbrecher und Ausgestoßene. Aber ich bitte dich, o Weise«, fuhr Charis flehend fort, »schließt diesen Riß in eurem Volk, damit kein Übel von draußen bei euch eindringen kann. Ihr habt gesehen, daß es zwei Möglichkeiten gibt, eurer Kraft zu widerstehen. Eine kommt von einer Maschine, die man an- und abschalten kann, wenn irgend jemand es wünscht. Die andere ist aus eurer Saat aufgegangen, und nun könnt ihr sie nähren.
Ohne diesen Mann hier habe ich nur die Kraft, die ihr mir gegeben habt. Mit ihm und den Tieren bin ich viel größer und brauche das hier nicht mehr …« Charis nahm das Plastiktäfelchen aus ihrer Kleidertasche und zeigte den Wyvern das darauf gezeichnete Muster. Sie zerbrach das Täfelchen und warf die Stücke zu Boden.
»Das müssen wir erst im Rat besprechen«, antwortete Gidaya, die mit zusammengekniffenen Augen die Zerstörung des Musters beobachtet hatte.
»So sei es«, pflichtete ihr Charis bei, und sie waren verschwunden.
»Wird es gehen?« Charis saß in der Wohnkuppel des Kommandanten. Ein Sichtschirm an der Wand zeigte eine Reihe von Wyvernkriegern, die auf ihren Fersen hockten und die noch immer betäubten Männer bewachten, die man in der Besucherkuppel gefangengesetzt hatte. Dort warteten sie nun auf die Ankunft des Patrouillenschiffes.
Lantee lag in einem Lehnstuhl. Zwischen seinen ausgestreckten Beinen hatten sich die Wolfsjungen zusammengeringelt.
»Wollt ihr nicht vielleicht doch deutlich reden?« brummte Thorvald und sah von einem Hilfsfunkgerät auf. »Wenn ihr beide das tut, dann summt es nur in meinem Gehirn, und ich bekomme Kopfschmerzen.«
Shann grinste. »Gut, daß du mich daran erinnerst. Ob ich glaube, unsere Argumente können sie überzeugen? Ich spiele nicht gerne mit Vermutungen herum. Aber die Hexen sind klug. Wir haben ihnen ihren eigenen Mißerfolg bewiesen und sie auf ihrem Boden in die Verteidigung getrieben. Das hat sie mehr erschüttert als sonst etwas, stelle ich mir vor. Bisher hatten sie ihre Krieger unter ihrer ausschließlichen Kontrolle; mit ihrer Kraft und ihren Träumen hielten sie sich für unüberwindlich. Jetzt wissen sie, daß sie es nicht sind. Für sie gibt es nun zwei Wege: Sie können stillstehen und untergehen, oder sie können den neuen Weg beschreiten, den wir ihnen aufgezeigt haben. Vielleicht sind sie vorläufig zu einem Waffenstillstand bereit, und die Fragen stellen sie nachher.«
»Sie haben ihren Stolz«, sagte Charis leise. »Den dürft ihr ihnen nicht nehmen.«
»Warum sollten wir?« fragte Thorvald. »Denk doch daran, daß auch wir geträumt haben. Aber gerade deshalb wirst du die Verhandlungen führen.«
Sein bestimmter Ton ließ sie erstaunt aufhorchen, aber schon sprach er weiter: »Jagan hatte recht. Die Verbindung muß eine Frau herstellen. Die Hexen müssen zugeben, daß Lantee – und bis zu einem gewissen Grad auch ich – Anspruch auf ihren Respekt haben, aber es wird ihnen wesentlich angenehmer sein, wenn du die Sache in die Hand nimmst.«
»Aber ich bin doch nicht …«
»… auf diplomatischer Basis dazu ermächtigt? Sicher bist du das. Dieser Regierungsposten hier hat für Notfälle weitreichende Vollmachten, und du wirst uns eben vertreten. Du, Tsstu und Taggi – ihr drei bereitet die Verträge mit den Hexen vor.«
»Und diesmal werden es richtige Abkommen sein!«
Charis wußte
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