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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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zwei Wochen Mann und Vater genommen und freundliche Menschen in Wahnsinnige verwandelt hatte; an Aldith durfte sie jetzt nicht denken, auch nicht an Visma Unskar, die vor Entsetzen schrie, als Aldith ihr Baby rettete.
    Krämpfe schüttelten Charis’ Körper; sie mußte sie wehrlos erdulden. Demeter war eine so schöne Welt gewesen. Nach ihrer Landung war sie mit dem Ranger zu zwei Expeditionen unterwegs gewesen und hatte Material für seine Berichte gesammelt. Das hatten sie ihr zum Vorwurf gemacht, ihre Erziehung und ihre Gleichstellung mit den Regierungsbeamten, den Männern. Und jetzt blieben ihr drei Möglichkeiten zur Wahl.
    Sie konnte zurückkehren; oder sie konnte hierbleiben, bis ihre Verfolger sie fanden und sie als Sklavin zurückbrachten in das faule Nest, das sie aus der ersten menschlichen Ansiedlung auf Demeter gemacht hatten; oder sie konnte versuchen, die Berge zu erreichen, sich dort wie ein wildes Tier versteckt zu halten, bis früher oder später die Gefahren dieser Welt mit ihr Schluß machten.
    Sie stemmte sich gegen den Baumstamm und stand auf. Dann bückte sie sich nach dem kleinen Bündel, das ihre wenigen Habseligkeiten enthielt, die sie aus den Ruinen der Regierungsgebäude gerettet hatte.
    Ein vom Feuer geschwärztes Jagdmesser war ihre einzige Waffe; und in den Bergen gab es riesige wilde Tiere. Ihr Körper schmerzte; die Zungenspitze feuchtete die ausgedörrten Lippen an. Wann hatte sie zum letztenmal gegessen? Vergangene Nacht? Ein Stück hartes, angeschimmeltes Brot lag in ihrer Tasche. Weiter oben gab es sicher Beeren; sie sah sie vor sich, gelbe, pralle Beeren, und sie zogen die weidenähnlichen Zweige fast bis zum Boden hinunter. Charis schluckte, verließ den Baumstumpf und taumelte weiter.
    Ihre Sicherheit hing von der Entscheidung der Siedler ab. Ihre Spuren konnte sie nicht verwischen; am Morgen würde man sie wohl finden. Charis ahnte nicht, ob man sie verfolgen würde, oder ob man sie achselzuckend abschrieb und von den wilden Tieren erledigen ließ. Sie war das Symbol dessen, was Tolskegg verachtete und bekämpfte, ein Symbol des freiheitlichen, aufgeschlossenen Geistes, des »Unweiblichen«, wie sie es nannten. Jedes der wilden Tiere, die Ranger Franklyn katalogisiert hatte, war besser als diese Hüttensiedlung, in der Tolskegg nun sein Gift verbreitete.
    Charis stolperte den Pfad entlang. Ging denn die Sonne noch immer nicht auf? Dann bemerkte sie, daß die Wolken über ihr dichter wurden. In dumpfer Resignation beobachtete sie Charis; also hatte sie einen Tag kalten Regens vor sich, und wie bald würde sie bis auf die Haut durchnäßt sein! Vielleicht konnte sie im Dickicht weiter oben ein wenig Schutz finden, wenn der Regen losprasselte; aber schon jetzt fröstelte sie, und davor schützte sie nichts. Vielleicht fand sie irgendwo eine Höhle oder eine Spalte, in der sie ein wenig ausruhen konnte.
    Sie versuchte sich jede Einzelheit des Pfades wieder ins Gedächtnis zu rufen. Zweimal hatte sie ihn begangen; einmal auf einer der Expeditionen, das andere Mal, als sie die Kinder zur Quelle geführt hatte, um ihnen die wundervollen roten Blumenkissen und die kleinen, juwelengleichen fliegenden Eidechsen zu zeigen, die zwischen den blühenden Polstern lebten.
    Die Kinder … Charis’ Lächeln wurde zur Grimasse. Jonan hatte den Stein geworfen, der den großen blauen Flecken an ihrem Arm verursacht hatte; und dieser selbe Jonan hatte wenige Tage vorher begierig die Schönheit der Blumen in sich aufgenommen.
    Kinder und doch keine Kinder. Charis überlegte, wie viele Jungen dem weißen Tod entkommen sein konnten. Die kleinen, die unter zwölf Jahren, lebten noch; von den Älteren, denen unter Zwanzig, waren noch fünf übrig, und sie stammten alle aus Familien, die wenig Kontakt zu der Gruppe der Regierungsanhänger hatten, die deren fanatischste Gegner gewesen waren. Und von den Erwachsenen … Charis zwang sich dazu, sich eines jeden haßerfüllten Gesichts aus dem Mob zu erinnern.
    Zwanzig Erwachsene als Rest von mindestens hundert! Natürlich würden die Frauen die Felder bestellen, aber die schwere Arbeit des Rodens konnten sie nicht leisten. Wie lange würde Tolskegg brauchen, bis er sich darüber klar wurde, daß er, als er die verbliebene Ausrüstung absichtlich zerstörte, die restlichen Kolonisten einem langsamen Tod ausgeliefert hatte?
    Klar, früher oder später würde die Central Control Nachforschungen anstellen. Das nächste Regierungsschiff wurde aber erst viele

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