Im Bann der Versuchung
davon.
Leise schluchzend fiel Margaret Dougal in die Arme, obwohl er völlig erschöpft war. Iain stand zwischen ihnen. Sachte strich Dougal dem Jungen über das Haar und legte seine Wange an Margarets Stirn - so standen sie eine ganze Weile innig vereint in Regen und Sturm. Als Dougal sie küsste, verspürte sie eine Wärme und Gewissheit, dass sie zusammen allen Stürmen und Gefahren trotzen würden. Immer und immer wieder küssten sie einander, bis sie sich lachend trennten und er ihr wieder dieses zarte Lächeln schenkte, das nur ihr gehörte.
Und plötzlich, während sie noch zusammenstanden, alle drei eingehüllt in eine Decke und die Wärme der Liebe, die allen Gefahren trotzte, ließen Wind und Regen nach. Margaret schaute auf zu Dougal und erkannte, wie glücklich sie war, welches unermessliche Geschenk ihr der Kelpie gemacht hatte.
Dougal sah sie an, als ob er ihre Gedanken gelesen hätte. „ Gehen wir nach Hause, Mrs. Stewart", sagte er leise. „Wir brauchen alle drei Ruhe für neue Träume." Dann schaute er auf Iain, strich ihm über das blonde Haar und meinte: „Träume werden doch wahr."
Epilog
A pril, 1858
„Ganz nach oben?" fragte Iain, als er mit seinen Eltern in das enge, halbdunkle Treppenhaus trat.
„Ganz nach oben, bis zur Spitze", bestätigte Dougal und schloss die Leuchtturmtür hinter sich. Er sah Margaret und Iain liebevoll an. „Ich wollte euch beiden den Turm alleine zeigen, bevor die Leuchtturmwärter kommen und die Einweihungsfeierlichkeiten beginnen."
„Ich bin zuerst oben", rief Iain und rannte vor den Eltern die Stufen hinauf.
Dougal reichte Margaret die Hand. „Mrs. Stewart? Schaffen Sie das?" Er wusste, dass sie es gerne hörte, wenn man sie mit ihrem neuen Namen ansprach - insbesondere hier auf Caransay.
„Aber sicher. Geh du voraus. Ihr zwei seid zurzeit viel schneller. Ich komme langsam nach", versicherte sie ihrem Mann, der sie skeptisch anschaute. Sie legte ihre behandschuhte Hand auf ihren rundlichen Leib, der unter der weiten dunkelblauen Brokatjacke versteckt war.
„Nun kommt schon!" hallte es von oben. Iain hüpfte ungeduldig auf den Stufen.
„Warte da, Junge! Und spring nicht so viel herum, es macht deine Mutter nervös." Zwei Stufen auf einmal nehmend, erreichte Dougal seinen Sohn auf dem ersten Treppenabsatz des langen Aufstiegs. Mit einem Schwung setzte er sich den kichernden Knaben auf , die Schultern und schaute besorgt zurück zu seiner Frau.
Bildschön fand er sie. So anmutig, ganz wie eine Baroness sah sie in der Garderobe aus, die ihr Pariser Schneider für sie entworfen hatte. Ein blaues Samthütchen schmückte ihren Kopf, die blonden Locken waren mit einem dunklen Schleier gebändigt. Ihre rundlichen Formen, der volle Busen verstärkten nur sein Verlangen, seine Liebe, seinen Respekt für sie. Dougal liebte es, wenn sie ihr Haar offen und einfache Kleider trug - so wie sie es selbst bevorzugte -, aber er war stets stolz auf seine Frau, wenn sie die elegante Verkleidung der Lady Strathlin anlegte.
Dougal trug den schwarzen Anzug, den er auch schon bei ihrer kleinen, ruhigen Hochzeit angehabt hatte, und Iain hatte sich unter lautem Protest in einen neuen braunen Samtanzug stecken lassen. Doch Margaret hatte ihn beruhigt und ihm erklärt, dass an diesem Tag alle feierlich gekleidet sein müssten. Norrie und Fergus würden nämlich Gäste - Investoren und Kommissionäre - über das Wasser holen, damit sie der Taufe des neuen Caran Riff-Leuchtturms beiwohnen könnten.
Fröhlich winkte Margaret den beiden zu. Dougal stieg langsam hinauf, schaute sich ab und zu um. Sie war stark und gesund, und er bewunderte, wie sie in Edinburgh ihren vollen Arbeitsplan durchführte. Doch manchmal befiel ihn Angst um ihr Wohlbefinden.
Er bemühte sich, all die verpasste Zeit mit Iain aufzuholen, aber bei seinem zweiten Kind wollte er von Anfang an alles miterleben. Was er vor Jahren nicht gewesen war, das lag ihm nun ganz besonders am Herzen: für Margaret jederzeit da zu sein. Kürzlich hatte er das Angebot abgelehnt, den Bau eines neuen Leuchtturms auf einem einsamen Felsen in der Nordsee zu übernehmen. Es gab noch genug Chancen, Leuchttürme zu bauen!
Die Geburt war noch vier Monate hin, aber bereits jetzt war er nervös. Thora versuchte stets, ihn zu beruhigen, während Elga ihn ständig ein wenig neckte. Beide Frauen versicherten ihm aber immer wieder, dass seine Befürchtungen grundlos seien und dass er und Margaret eines Tages ein ganzes Haus voller
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