Im Bann der Wasserfee
beiden zu. »Zu Euren Diensten, Prinzessinnen Niamh und Dahut«, sagte er. »Mein Name ist Caranthir.«
»Danke.« Dahut starrte Niamh entsetzt an. »Habe ich das richtig verstanden: Ich habe deine Mutter getötet? Aber warum hast du mir nichts davon gesagt?«
Niamh sah Dahut an. »Sie war böse. Nein, vielleicht nicht rein böse, niemand ist das. Sie war eher fehlgeleitet und vor allem sehr rücksichtslos. Es gab wirklich keine andere Möglichkeit. Sie hätte uns alle getötet, um ihre Macht zu erhalten. Ihr Name war Deirdre. Sie war deine Tante, Malgvens jüngere Schwester.«
»Meine Tante?« Dahuts Stimme bebte.
»Das hier ist Gwragedd Annwn.«
Dahut machte eine ausladende Geste, welche die Gegend umspannte. »Das hier ist Gwragedd?« Sie starrte Ragnar an.
Er hob die Achseln. »Also doch nicht der Trum y Gwragedd. Zumindest habe ich hier bisher keinen Schafskot entdeckt.«
Niamh wandte sich ihr zu. »Das ist die Anderswelt der Gwragedd Annwn, der Wasserfeen, deren ihr Reich sich mit dem Meeresboden deckt. Es ist eine andere Ebene der Welt. Größere Wasserflächen dienen uns als Portale.«
»Aber ich dachte, Gwragedd wäre in Cymru!«
»Zeit und Ort können wir manipulieren. Gwragedd Annwn gehört zu Cymru oder besser gesagt demselben Land, das ihr als Cymru kennt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Die Anderswelt besitzt andere Grenzen, als die eure.«
»Und ich bin eine von euch?«, fragte Dahut. »Aber mein Vater war doch ein Mensch?«
»Wir vermuten, dass er zu den Feen gehörte und auch Deirdre sich in ihn verliebte, doch er sie abwies. Zumindest verschwand einer unserer Krieger zum fraglichen Zeitpunkt.«
»Aber sicher seid ihr nicht?«
»Wer kann sich schon sicher sein?«
»Ragnar vermutete, dass ein Däne mein Vater sei.«
»Selbst wenn du zur Hälfte ein Mensch wärst, wir alle spüren deine Macht. Dein Volk würde dennoch deine Herrschaft nicht anzweifeln, weil das Blut deiner Mutter sehr stark in dir ist.«
»Und wenn ich sterblich bin?«
»Es gab sehr wenige Nachkommen von Menschen und Feen. Einige davon waren Sterbliche, jedoch zugleich machtvoller und unkontrollierbarer als Feen.«
Dahut sah sie aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Wieso habe ich das Gefühl, dass du mir etwas verschweigst? Sagtest du nicht vorhin, die Verbindung von Menschen und Feen sei verboten?«
»Unser Volk fürchtet, dass die Menschen an unsere Macht gelangen und diese zu falschen Zwecken verwenden könnten. Daher rauben die Feen den Menschen auch Kinder, die aus solchen Verbindungen stammen. Schon immer gab es Kriege unter den Menschen und Kämpfe um Macht und Reichtum.«
»Zum Glück gab es nie Krieg unter den Feen.«
Niamh nickte kaum merklich. »Das ist es eben: Es gab Krieg! Und Deirdre hat ihre Macht missbraucht, obwohl sie eine reinblütige Fee war! Dieses alte Gesetz ist also brüchig geworden. Die Menschen unterscheiden sich von uns nicht so sehr, wie viele gedacht haben.«
»Ich werde wohl nie erfahren, wer mein Vater war und ob er noch lebt.« Dahut senkte das Haupt.
»Das wusste wohl nur Malgven selbst.«
»Ich bin noch immer überwältigt von den Ereignissen. Ich habe die Königin der Wasserfeen getötet? Meine Mutter war ihre Schwester? Ich werde verrückt oder bin ich es schon?« Dahut seufzte. Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Niamh schüttelte den Kopf.»Deine Mutter war die Königin der Wasserfeen, nicht ihre jüngere Schwester Deirdre. Doch als Malgven sich in einen Sterblichen verliebte, was uns verboten ist, wurde sie verbannt. Daraufhin fiel das Amt Deirdre zu – zeitlich begrenzt, bis Malgvens Verbannung beendet sein würde.«
Niamh sah sie an. »Deirdre war immer nur die Zweitbeste für meine Großeltern gewesen, die stets Malgven bevorzugt hatten. Das muss bitter für meine Mutter gewesen sein. Deirdre wollte diesmal keine Lückenfüllerin sein. Sie wollte alles. So versuchte sie deine Mutter mit einem Zauber zu töten. Dies gelang, doch bevor Malgven starb, wob sie einen Zauber, sodass du und dein Ziehvater sicher an Land gelangen würdet.
Ihre Macht war ein Wegezauber, der nur über lange Jahre hinweg bestehen bleiben würde, wenn Gradlon ein Tor bauen würde, in dessen Schlüssel er das magische Juwel einarbeiten lassen musste, worin der Zauber gebunden wurde. Malgven verwendete ihre verbliebene Lebenskraft dafür, doch die im Diesseits verbliebene Kraft einer Toten neigt dazu, sich aufzubrauchen im Laufe der Zeit. Nach zwanzig Jahren magischer Arbeit gelang es
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