Im Bann der Wasserfee
dich ohnehin schon lange loswerden, hatte jedoch bis jetzt keine Möglichkeit gefunden, dies zu tun, ohne dich zu beleidigen«, sagte Ragnar.
Dylan zog Niamh an sich, schlang die Arme um sie und nahm ihren Mund in Besitz. Sein Kuss war lang und leidenschaftlich. Als er von Niamh abließ, waren ihre Lippen gerötet und leicht angeschwollen. Ein verträumtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. So glücklich hatte Dahut sie niemals zuvor gesehen.
»Wirst du meinen Vater töten?«, fragte Dahut.
Ragnar seufzte. »Um ehrlich zu sein: Ich habe mit dem Gedanken gespielt. Die Verlockung war groß, zumal er dich vom Pferd gestoßen hat. Du weißt nicht, welche Wut damals in mir hochgestiegen ist. Am liebsten hätte ich ihn vom Gaul gezogen und ...«
Seit zwei Wochen befanden sie sich nun in Gwragedd Annwn. Dahuts Erinnerungen an diesen schicksalhaften Tag waren noch so frisch, als wären nur Stunden seitdem vergangen. Das Gefühl, für Gradlon kaum von Wert zu sein, war niederschmetternd für Dahut.
Sie nickte. »Ich verstehe, doch Gradlon wäre sonst ertrunken. Er tat es aus Selbstschutz. Sie wollten nur mich.«
»Du wirst niemals damit aufhören, ihn in Schutz zu nehmen, nicht wahr?«
Dahut nickte. Sie blickte auf das Grüne Meer. Niamh hatte ihr diese wunderschöne Bucht gezeigt, die abgeschirmt lag. Sie erkannte Kreiselschneckenhäuser und Muscheln im lichtblauen Sand zu ihren Füßen.
Ragnar sah sie nachdenklich an. »Du wirkst so traurig, obwohl dir ein ganzes Königreich zu Füßen gelegt wurde. Ein Königreich, das prächtiger ist als die Insel meines Vaters. Sein Reich wurde zerschlagen nach seinem Tod. Ich brauchte Jahre, um es wieder zu vereinen. Doch die Menschen fürchten die kriegerischen Einfälle deines Vaters nach wie vor. Ich wollte sie nicht in meinen Privatkrieg mit Gradlon hineinziehen – und dich auch nicht.« Seine Stimme bebte kaum merklich.
Dahut nickte. »Das verstehe ich und ich bewundere deinen Mut.« Sie seufzte. »Vielleicht ist es nicht das Königreich von Gwragedd Annwn, das ich will? Welche Bedeutung hat all dies«, sie machte eine Handbewegung, welche Ys und die Hauptstadt Gwragedd einschloss, »wenn man es nicht mit jemandem teilen kann, den man liebt. Mein Vater ist ein sehr einsamer Mensch. Selbst Kaira konnte diese Einsamkeit nicht von ihm nehmen, sonst hätte er nicht die Hälfte des Jahres in Ys verbracht. Oder denkst du, er hat dies für mich getan?« Sie wandte ihm den Blick zu, dem er standhielt.
»Um ehrlich zu sein: nein.«
»Du wirst uns bald verlassen.«
Er nickte. »Übermorgen.« Er hatte, wie sie wusste, den Tag nach dem Neumond, an dem Niamh und Dylan heiraten würden, für seinen Aufbruch ausgesucht. Es gab keinen Grund, den Abschied länger hinauszuzögern.
Dahut biss sich auf die Lippen. »Möchtest du, dass ich mit dir komme?«
»Ich würde nie etwas von dir verlangen, das du nicht willst, doch wenn du mit mir gehen möchtest, so würde ich es dir gewiss niemals verweigern.« Sein Gesicht verriet nicht, was er dachte.
Sie nahm all ihren Mut zusammen. »Liebst du mich?«
»Natürlich.«
»Dennoch wirst du mich verlassen?«
»Ich muss. Einen Schwur bricht man nicht. Es tut mir leid. Vielleicht finde ich einen Nachfolger, wenn jemand dieses Amt will, und wahrscheinlich wird dies einige Zeit dauern, doch versprechen kann ich es leider nicht.« Er senkte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck wirkte düster.
»Und wenn ich mit dir gehen würde?«
Ragnar blinzelte. Ein Ausdruck der Hoffnung huschte über sein Gesicht. »Das könnte ich nicht von dir verlangen.«
»Doch würde ich es tun, gerade, weil du es nicht von mir verlangst.«
»Es ist kühl, rau und im Winter düster im Norden.«
»Ohne dich ist es für mich überall kühl, rau und auf ewig düster.«
Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. Sie starrte in seine mesmerisierenden grünen Augen, auf sein Kinn, auf die ausgeprägte Wangenpartie und sein dunkles Haar, in das sie ihre Finger vergraben wollte.
»Ich liebe dich, Dahut, und ich wäre überglücklich, wenn du mit mir kommen würdest. Aber was ist mit dem Thron ...«
»Gradlon wollte nur den Thron. Er heiratete Kaira, weil sie Macht und Einfluss mit sich brachte, und nicht meine Mutter, die er liebte. Denkst du, ich würde aus den Fehlern von anderen nicht lernen?«
»Was ist mit Gwragedd?«
»Ich habe in den letzten Tagen lange Gespräche mit Niamh geführt. Sie wird es regieren, unwiderruflich, wenn du mich mitnimmst. Es wird keine
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