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Im Bann des Mondes

Im Bann des Mondes

Titel: Im Bann des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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wahr. Eine lange Locke ihres Haars, rot von Blut, fiel auf seine Brust, als er sie fester an sich drückte und hochkam.
    »Sie muss ärztlich versorgt werden.« Er hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, als ihm ein feiner Herr in den Weg trat.
    »Mal ganz langsam.« Der gewachste Oberlippenbart des Mannes zuckte. »Sie sehen überhaupt nicht wie ein Arzt aus.«
    Die Menge wurde unruhig und nahm offensichtlich erst jetzt Ians seltsamen Aufzug wahr.
    Ian packte die Frau fester, und sie gab einen leisen Schmerzenslaut von sich. Der Laut ging ihm direkt ins Mark. Frauen musste man beschützen und hegen. Immer. Er bedachte die näher rückende Menge mit einem durchdringenden Blick. »Und wie ein Marquis auch nicht, würde ich sagen. Trotzdem bin ich beides.« Er machte einen Schritt und drängte den Mann mit Leichtigkeit zur Seite. »Ich bin Northrup. Und Sie täten gut daran, mir den Weg frei zu machen.«
    Wieder ging ein Raunen durch die Menge, doch dann wichen alle zurück. Es gab nicht viele, die sich der Gefahr aussetzten, mit Lord Ian Ranulf, dem Marquis von Northrup, aneinanderzugeraten. An jenen, die nicht ganz so überzeugt waren, drängte er sich einfach vorbei. Er würde es mit allen aufnehmen, wenn es sein musste. Diese Frau würde er nicht mehr aus den Augen lassen. Zuerst musste er sie befragen. Und er würde ganz gewiss nicht zulassen, dass sie ganz London erzählte, eben den Angriff eines Werwolfs überlebt zu haben.

2
    »So ist gut … gutes Mädchen. Wachen Sie auf, Liebes.«
    Daisy war warm. Ihr war warm, und sie fühlte eine angenehme Schwere. Es fühlte sich wundervoll an. Kaum bildete sich dieser Gedanke, als die Verwirrung ihn auch schon wieder vertrieb. Außerhalb ihres dunklen Kokons war ein heimeliges Plätschern zu hören, als würde ein Bad eingelassen werden. Wo war sie? Wer redete mit so sanfter Stimme auf sie ein? Und was war passiert … Keuchend riss sie die Augen auf. Über sich nahm sie das Flackern einer Gaslampe wahr. Sie erhaschte einen Blick auf eine mit Mahagoni vertäfelte Wand, ehe sich das freundliche, runzelige Gesicht einer Frau mit einem Schopf grauer Haare davorschob.
    »Ganz ruhig, Mädchen.« Die Frau tätschelte Daisys Schulter.
    Daisy sah auf ihre Schulter und stellte fest, dass sie nackt war. Zwar in eine dicke Daunendecke gehüllt, aber trotzdem nackt. »Wo …« Sie schluckte. »Was …« Sie brachte kein Wort mehr hervor.
    Die Frau tätschelte sie noch einmal und ging dann zu der riesigen Kupferwanne in der Mitte des Raumes, um an den Hähnen zu drehen. Zweifellos das Badezimmer eines Mannes, ausgestattet mit Vorhängen aus Brokatsamt. Auf einem kleinen Tischchen lagen Rasierutensilien aus schimmerndem Silber. Der Duft von Wolle, Leinen und einem männlich herben Parfüm hing in der Luft.
    »Sie haben einen ziemlichen Schreck bekommen, glaube ich.« Die Frau drehte die Wasserhähne zu und tauchte eine Hand ins Wasser, um die Temperatur zu überprüfen. Die Person war weder dick noch dünn, sondern wirkte eher stämmig. »Genau richtig.«
    Die Frau sah Daisy an. »Sie sind im Haus des Marquis von Northrup. Seine Lordschaft hat Sie gefunden und hergebracht.« Sie trat zu Daisy und lächelte sie freundlich an. »Ich hielt es für besser, Sie zu wecken, ehe ich Sie in die Badewanne setze. Man bekommt doch einen ziemlichen Schreck, wenn man in einer Badewanne aufwacht, nicht wahr?« Ein sanfter Ausdruck trat in den Blick der Frau. »Sie brauchen eine gründliche Reinigung, Mädchen.«
    Daisy folgte dem Blick der Frau und sah, dass die Haare, die ihr um die nackten Schultern hingen, voll mit getrocknetem Blut waren. Und so rot, dass sie an die Haare ihrer Schwester Poppy erinnerten. »Oh Gott …« Sie keuchte, und der Drang, zu würgen und gleichzeitig zu schreien, ließ sie am ganzen Körper zittern. »Dieses Wesen … meine … Freundin …«
    Ihr Keuchen wurde zu einem Krächzen, und die Frau schlang einen kräftigen Arm um sie. »Schsch, Kindchen, schsch. Sie sind in Sicherheit.« Schwielige Hände strichen ihr besänftigend über die Arme. »Beruhigen Sie sich, sonst werden Sie noch krank.«
    Wie ein Kind ließ Daisy sich zur Badewanne führen. Das Wasser war herrlich heiß und duftete nach Lavendel und Kamille. Daisy seufzte. Die Frau lächelte zufrieden, ehe sie nach einem Krug und einem Seifenstück griff. »Dann wollen wir Sie jetzt mal waschen.« Sie bewegte sich so flink und umsichtig, dass Daisy sich zu entspannen begann, bis die Frau eine Stelle an ihrem

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