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Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition)

Titel: Im Bann des Nebels, 2, Der ewige Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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wusste sie nicht, aber es war ihr auch egal. Sie schleuderte die Decke weg und zog sich in Windeseile an. Hose, zwei Paar dicke Socken, T-Shirt, zwei dicke Pullover, Winterstiefel. Keine Sekunde dachte sie darüber nach, ob sie nun mutig war oder verrückt. Ihr einziger Gedanke war, dass sie Philipp helfen musste.
    Aus der Küche holte sie noch die große Taschenlampe, dann zog sie ihre Handschuhe und die Winterjacke an und schlich mit wild klopfendem Herzen zur Tür.
    Im Hausflur wagte sie nicht, das Licht anzuschalten, weil es durch die dicken Glasbausteine sofort von der Straße aus gesehen werden konnte. Also tastete sie sich durch die Dunkelheit nach unten, stolperte über ein Spielzeug, das vor Frau Krebels Tür liegen geblieben war, und öffnete schließlich vorsichtig die Haustür.
    Draußen wirbelte der Schnee durch eine fast vollkommene Stille. Alle Geräusche der kleinen Stadt waren verstummt, verschluckt oder gedämpft. Sonja zog leise die Haustür hinter sich zu und stapfte los. Der Geruch war jetzt stärker, und ihr wurde fast schlecht davon. Außer dem Knirschen ihrer Schritte hörte sie nichts; die ganze Stadt schien zu schlafen. Ab und zu schimmerte Licht durch ein Fenster: sehr fern, sehr fremd, wie aus einem anderen Leben. Hier draußen waren nur der Schnee und die Nacht. Aber als Sonja die Straßenecke erreichte, blieb sie abrupt stehen. Fünfzig Meter vor ihr kauerte eine dunkle Gestalt mitten auf der Straße.
    Philipp ! Fast hätte sie seinen Namen geschrien. Aber dann h ob das Wesen langsam den Kopf und schaute sich um, und das Wort blieb Sonja in der Kehle stecken.
    Es hatte kein Gesicht. Aus dem dunkel befiederten Kopf ragte ein riesiger schwarzer Schnabel.
    Der Gestank, der von dem Wesen ausging, traf sie wie ein Schlag.
    Sie drehte sich um und rannte los. Hinter sich hörte sie einen schrillen Schrei und ein Rauschen, doch sie schaute nicht zurück, um zu sehen, was das war. Sie rannte zum Haus zurück, aber da bewegte sich unter der Trauerweide im Vorgarten ein zweiter großer Schatten. Entsetzt blieb sie stehen. Wo sollte sie jetzt hin?
    »Sonja!« Der Schrei kam von links, aus der winzigen schmalen Gasse zwischen den Häusern, wo die Mülltonnen standen. »Hierher!«
    Der Schatten unter der Weide richtete sich auf, breitete Schwingen wie einen dunklen Mantel aus und glitt auf sie zu. Hastig warf Sonja einen Blick über die Schulter, und da war plötzlich auch das andere riesige Vogelwesen, das nicht flog, sondern mit hochgezogenen Schultern wie ein gerupfter Reiher auf sie zustakste, komisch und bedrohlich zugleich.
    »Sonja!«
    Sie dachte nicht länger nach, sondern rannte auf die Gasse zu. Die beiden Vogelwesen stießen erneut ihre schrillen Schreie aus. Flügel rauschten, Schnee wirbelte auf, und der durchdringende Gestank wie von einem dreckigen Hühnerstall betäubte sie. Sie stolperte über die Bordsteinkante, taumelte vorwärts – wo war diese Gasse? Schnee brannte in ihren Augen, für einen Moment konnte sie nichts sehen. Der nächste Flügelschlag riss sie von den Füßen, und sie stürzte in den Schnee. Verzweifelt versuchte s ie sich abzurollen und riss die Arme hoch, um ihren Kopf vor den riesigen Schnäbeln zu schützen.
    Ein Ruck, ein Kreischen. Schnee und schwarze Federn wirbelten durcheinander, und plötzlich ließen die beiden Monster von ihr ab. Das nächste Kreischen kam aus größerer Entfernung, und dann war alles still. Der Geruch verflog im kalten Wind. Zusammengekrümmt lag Sonja im Schnee, zitterte am ganzen Körper und kniff die Augen zu.
    Schritte knirschten im Schnee. Eine heisere Jungenstimme sagte: »Sie sind weg. Bist du verletzt?« Jemand kniete neben ihr nieder und strich ihr vorsichtig über die Stirn. »Alles in Ordnung, Sonja?«
    Die Stimme kam ihr bekannt vor. Sie riskierte es, ein Auge zu öffnen, und sah über sich ein schmales, kantiges Gesicht; glänzende dunkle Augen unter einem Schopf heller Haare.
    »Darian …?«, flüsterte sie ungläubig.
    »Ja, natürlich.« Der Prinz von Chiarron richtete sich auf und schob sein Messer in die Gürtelscheide. Er sah ein wenig anders aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, aber vielleicht lag das nur an seiner aus Pelz- und Lederstücken zusammengenähten Winterkleidung. Er hielt Sonja eine Hand hin. »Kannst du aufstehen?«
    Sie setzte sich unsicher auf und nickte. Darian griff nach ihrer Hand, zog sie hoch und hielt sie noch einen Moment länger fest, während er Sonja prüfend ins Gesicht schaute. Dann

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