Im Bann des Prinzen
ihr das Gefühl von Sicherheit geraubt, bevor er feige aus dem Leben geschieden war.
Eine groÃe Rasenfläche erstreckte sich vor Tonys Haus, silbrig glänzend im Mondschein. Das Anwesen war schon am Tag einschüchternd, im Dunkeln wirkte es fast wie ein Schloss aus einem Gruselroman. Es war eine Sache, zu einer Verabredung ins Haus zu kommen. Aber eine völlig andere, hier Schutz zu suchen und Tonys Hilfe anzunehmen.
Mit Nolan hatte sie auch in einem groÃen Haus gelebt, aber selbst das hätte hier zweimal hineingepasst. Tonys Haus war im spanischen Stil gebaut, der hier in Texas allgegenwärtig war. Und jetzt, da sie seine wahre Herkunft kannte, konnte sie verstehen, warum es ihn in diese Gegend verschlagen hatte.
Schweigend lenkte er den Geländewagen in die Garage. Und endlich waren sie sicher vor der Welt da drauÃen. Aber wie lange?
Er öffnete Kolbys Sicherheitsgurt, und Shannon protestierte nicht. Ihr Sohn schlief ohnehin noch. Die Art, wie Tony das schlafende Kind geschickt und sanft aus dem Sitz hob und an seine Schulter presste, berührte Shannons Herz mehr als ein Strauà roter Rosen.
Während sie den beiden mit einem Rucksack voller Spielzeug folgte, nahm sie das Haus nur vage wahr. Es war ihr inzwischen vertraut, weil sie häufig nach Restaurant-, Kino- oder Konzertbesuchen hier gewesen war. Ihre Seele war regelrecht ausgehungert nach Musik gewesen, und sie hatte sie umso mehr genieÃen können.
Als hätte Tony das geahnt, hatte er sie, als er sie das erste Mal hierher eingeladen hatte, nicht nur mit einem Fünfgangmenü verwöhnt, sondern auch einen Geiger engagiert. Shannon hatte den Klang der Violine, die durch den groÃen Raum mit den hohen Decken und dem kunstvoll gefliesten MarmorfuÃboden hallte, noch immer im Ohr.
An jenem Abend waren sie und Tony sich nähergekommen, und auch wenn sie in der Nacht noch nicht miteinander geschlafen hatten, wusste sie damals schon, dass es unausweichlich war.
Doch sie hatte niemals eine ganze Nacht bleiben können. Bis jetzt.
Sie folgte Tony die geschwungene Treppe mit dem kunstvoll gearbeiteten Geländer hinauf. Die Zärtlichkeit, die sie verspürte, als sie Tony mit Kolby sah, erinnerte sie daran, was für einen besonderen Mann sie in ihr Leben gelassen hatte. Sie hatte ihn sehr sorgfältig ausgewählt, tief verletzt nach Nolans Tod, angezogen von Tonys innerer Kraft und seinem Ehrgefühl. War sie wirklich bereit, das alles aufzugeben?
Ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, betrat Tony eine Suite in dunklen Grüntönen mit alten, gerahmten Stichen an der Wand. Nachdem er durch den Wohnbereich gegangen war, schlug er die Brokattagesdecke zur Seite und legte Kolby in die Mitte des Betts.
Leise stellte Shannon auf jede Seite des Betts einen Stuhl als provisorische Absperrung, bevor sie die Decke über die Schultern ihres Sohnes zog. Sie küsste ihn auf die Stirn und atmete seinen frischen Duft ein.
Als ihr auf einmal bewusst wurde, in welch ungeheurem Ausmaà sich ihr Leben heute Abend verändert hatte, stiegen ihr Tränen in die Augen. Tony legte ihr eine Hand auf die Schulter, und sie lehnte sich zurück â¦
Verdammt! Abrupt löste sie sich von ihm. Wie einfach es doch war, in seiner Gegenwart wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen. âIch wollte nicht â¦â
âIch weiÃ.â Er lieà die Hand sinken. âIch hole dein Gepäck gleich hoch. Dem Personal habe ich heute Nacht freigegeben.â
Sie folgte ihm ins Wohnzimmer. âIch dachte, du vertraust ihnen.â
âTue ich auch. Bis zu einem gewissen Grad. Aber je weniger Leute im Haus sind, desto einfacher ist es zu bewachen. Deine Sorge, dass du dich von der Welt abgeschnitten fühlst, wenn ich dich zu meinem Vater bringe, kann ich durchaus nachvollziehen.â
Verflixt, jetzt hatte er auch noch Verständnis für sie. Wie sollte sie ihm denn da noch böse sein, ganz abgesehen von all den Erinnerungen, die das Haus in ihr wachrief? Wie oft hatten sie sich hier geliebt ⦠Vergiss nicht, er hat dich angelogen, ermahnte sie sich.
âIch muss tun, was am besten für Kolby ist.â Sie lieà sich aufs Sofa fallen, erschöpft nach diesem aufregenden Abend. âMir macht es höllische Angst, wenn ich daran denke, wie einfach es einem Teenager gelungen ist, in die Nähe meines Kindes zu kommen, noch dazu, da die ganze Sache gerade erst angefangen
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