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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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auszutreten.« Sie griff nach der Tür vor ihr.
    »Im Zimmer der Mädchen?«
    Tess' Hand erstarrte über dem Türknauf. Stirnrunzelnd drehte sie sich um und ging langsam auf das Wohnzimmer zu.
    »Aber andere Türen gibt es nicht.«
    »Das stimmt. Nicht im Haus jedenfalls. In deinem Zimmer steht ein Nachtgeschirr. Oder wenn du tapferer bist als sonst, kannst du ...«
    Nein. Sag es nicht, sag bloß nicht, dass die Toilette ...
    »... hinausgehen.«
    »Hinaus«, wiederholte sie tonlos. »Natürlich.«
    Ihren von Krämpfen geplagten Unterleib umfassend, tastete sie sich am Sofa entlang und schleppte sich unter Schmerzen in die Küche. An der Haustür zögerte sie. Bei der Vorstellung, ihre blanke Kehrseite über ein finsteres Plumpsklo zu halten, revoltierte ihr Magen, doch war es ihr ebenso zuwider, über einem Porzellangeschirr in ihrem Schlafzimmer zu kauern.
    Sie sah zurück zum Wohnraum und suchte in der Dunkelheit nach Jack. Er stand noch immer am Fenster. Seine Umrisse hoben sich vor den hellen Vorhängen ab. »Sollte ich in zehn Minuten nicht zurück sein, rufst du 911 an.«
    »Was?«
    Sie öffnete die Tür und trat hinaus. Kalte Nachtluft, die den Geruch des Meeres mit sich trug, traf ihr Gesicht und glitt über ihren nackten Hals. Sie zog den Mantel oben enger um sich und machte vorsichtig einen Schritt. Abgetretene Bretter knarrten unter ihren Füßen.
    Sie humpelte die breite, gedeckte Veranda entlang, die sich über die gesamte Vorderseite des Hauses erstreckte. Auf der obersten Stufe hielt sie inne und wartete, dass der Schmerz erträglicher würde.
    Sie sah um sich. Mitternachtsblaue Schatten und schwarze Formen, von geisterhaften Lattenzäunen umgeben. Am Sternenhimmel ein riesiger leuchtender Mond. Weit unter ihr die schimmernde Meerenge wie eine unendliche Fläche aus getriebenem Stahl, in der sich das Mondlicht gekräuselt widerspiegelte. Am Ende einer Reihe dunkler, ländlicher Schuppen ein wenig abseits eine windschiefe Hütte, die das gewisse Örtchen sein musste.
    Sie umklammerte den wackligen Handlauf und stieg langsam die wenigen Stufen hinunter. Beim letzten Schritt rang sie wieder um Atem. Sie blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging steif über den ansteigenden, mit Gras bewachsenen Hof.
    Mit jedem Schritt sackte ihr Magen ein Stück weiter ab. Mit einer Grimasse hielt sie den Atem an, griff nach dem Zugschnurriegel und öffnete die Tür. Quietschend schwang sie auf und knallte laut gegen die Bretterwand. Die ganze Hütte erbebte unter dem Anprall.
    Sie spähte hinein, konnte aber außer einer tiefschwarzen Öffnung im Format einer Duschkabine nichts erkennen.
    Argwöhnisch betrat sie das dunkle Geviert. Nachtluft hüllte sie ein wie schwarzer Samt. Die erwarteten Gerüche stiegen ihr in die Nase, wurden dick und hässlich.
    Mit zusammengepressten Lippen hielt sie den Atem an, hob ihr Nachthemd und platzierte ihre nackte Kehrseite auf den kalten Holzrand.
    Plötzlich fiel die Tür zu und versetzte sie in gruftartige Finsternis. Ihre Phantasie lief Amok. Sie sah Ungeziefer, Schlangen und alle Arten unsäglicher Dinge unter der Tür hereinkriechen und auf sie zugleiten. Tierische und nächtliche
    Geräusche, unter anderen Umständen vielleicht nur seltsam und erregend, klangen nun bedrohlich.
    Eines stand für sie fest: Die Zeit um 1873 war nichts für empfindliche Typen.
     
    Savannah kuschelte sich unter die Decke, sie zitterte am ganzen Körper und hätte am liebsten am Daumen gelutscht, obwohl sie das längst nicht mehr tat. Sie drückte die geballte Faust an ihren Leib. Die unverkennbaren Geräusche elterlicher Streitigkeiten drangen unter der Tür hindurch und machten sich wie schlechter Geruch in dem engen Raum breit.
    »Vannah? Wieso schreit Daddy immer nach diesem Johnny?«
    Savannah zuckte in der Finsternis mit den Schultern. Ihre Kehle war vor ungeweinten Tränen so eng, dass sie nichts sagen konnte. Aber Katie erwartete keine Antwort. Sie hatten diese Szene schon zu oft erlebt, um von irgend jemandem etwas zu erwarten.
    »Glaubst du, dass mit Daddy alles in Ordnung ist?«
    Savannah schluckte. »Ja.« Das Wort, ohne Überzeugung geäußert, wurde von einem matten Seufzer begleitet.
    Katie kroch aus dem Bett. Ihre bloßen Füße tappten über den Holzboden. »Ich will nachsehen.«
    Savannah schob die Decke zurück und schwang die bestrumpften Beine auf den Boden. »Komm her, Katie.«
    Katie huschte zu ihrer Schwester und nahm deren Hand. Gemeinsam schlichen sie

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