Im Banne des schwarzen Schwertes
zu sein. Es gab zahlreiche Legenden über Elric und seine fürchterlichen Abenteuer, die in grausam ausgeschmückten Einzelheiten berichtet wurden. Es war auf die Verzweiflung dieser Männer zurückzuführen, daß sie ihn in dieser Angelegenheit um Hilfe baten. Sie brauchten einen Mann, der sich sowohl in den nigromantischen Künsten auskannte als auch mit dem Schwert. Elrics Ankunft in Bakshaan war möglicherweise die Rettung für sie.
»Wir möchten Nikorns Macht brechen«, fuhr Pilarno fort. »Und wenn dies bedeutet, daß wir Nikorn selbst vernichten müssen, dann...« Er setzte ein halbes Lächeln auf, zuckte die Achseln und beobachtete Elrics Gesicht.
»Gewöhnliche Mörder lassen sich doch leicht anwerben, besonders in Bakshaan«, sagte Elric leise.
»Äh - das ist richtig«, stimmte Pilarno zu. »Aber Nikorn hat einen Zauberer in Diensten - und eine Privatarmee. Der Zauberer schützt ihn und seinen Palast mit Magie. Und eine Garde von Wüstenbewohnern sorgt dafür, daß natürliche Methoden zum gleichen Zweck eingesetzt werden können, sollte die Magie versagen. Mörder haben bereits versucht, den Kaufmann aus der Welt zu schaffen, doch leider hatten sie damit kein Glück.«
Elric lachte. »Wie enttäuschend, meine Freunde! Trotzdem, Mörder sind nun mal die entbehrlichsten Mitglieder der Gemeinschaft - nicht wahr? Ihre Seelen haben wohl außerdem einen Dämon zufriedengestellt, der andernfalls ehrlichere Leute heimgesuchthätte.«
Die Kaufleute lachten halbherzig, worüber Mondmatt grinsen mußte; er saß im Schatten und freute sich über die Szene.
Elric schenkte den anderen fünf Wein von einem Jahrgang nach, den zu trinken den Bakshaanern gesetzlich verboten war. Zuviel davon raubte den Verstand; dabei hatte Elric bereits große Mengen genossen, ohne daß sich schlimme Nebenwirkungen zeigten. Er hob einen Becher des goldenen Weins an die Lippen und leerte ihn, danach atmete er tief und voller Zufriedenheit, als das Getränk seine Blutbahn erreichte. Die anderen kosteten eher vorsichtig. Die Kaufleute bedauerten bereits die Eile, mit der sie den Albino angesprochen hatten. Sie begannen zu ahnen, daß nicht nur die Legenden stimmten, sondern daß sie dem Manne mit den seltsamen Augen, den sie für ihre Zwecke einspannen wollten, irgendwie nicht gewachsen waren.
Elric schenkte neuen Wein in seinen Kelch, und seine Hand zitterte leicht. Er fuhr sich flüchtig mit trockener Zunge über die Lippen. Sein Atem ging schneller, während er sich den Trank tröpfchenweise in den Hals rinnen ließ. Er hatte mehr als genug Wein zu sich genommen, eine Menge, die andere Menschen zu wimmernden Idioten gemacht hätte, doch jene wenigen äußeren Anzeichen waren der einzige Hinweis, daß der Wein überhaupt eine Wirkung auf ihn ausübte.
Es war ein Wein für Menschen, die von anderen und weniger greifbaren Welten träumen wollten. Elric trank ihn in der Hoffnung, daß er eine Nacht oder zwei nicht träumen würde.
Jetzt fragte er: »Und wer ist dieser mächtige Zauberer, Herr Pilarno?«
»Er heißt Theleb K'aarna«, antwortete Pilarno nervös.
Elric kniff die roten Augen zusammen. »Der Zauberer aus Pan Tang?«
»Ja - er kommt von jener Insel.«
Elric stellte den Kelch auf den Tisch und stand auf, wobei er seine Klinge aus schwarzem Stahl betastete, das Runenschwert Sturmbringer.
Er sagte voller Überzeugung: » Ich werde euch helfen, meine Herren.« Er hatte beschlossen, die Kaufleute nun doch nicht zu berauben. Ein neuer und wichtigerer Plan begann sich in seinem Gehirn zu formen.
Theleb K'aarna, dachte er, du hast dich also in Bakshaan verkrochen!
Theleb K'aarna schnalzte mißbilligend mit der Zunge. Es war ein obszöner Laut aus der Kehle eines Zauberers, der über keine geringen Fähigkeiten verfügte. Er paßte nicht zu dem düsteren, schwarzbärtigen Antlitz, der großen, von einer roten Robe verhüllten Gestalt. Es war kein Laut, wie er von einem Manne seiner Weisheit erwartet wurde.
Theleb K'aarna schnalzte mit der Zunge und starrte verträumt auf die Frau, die neben ihm auf der Couch lag. Er flüsterte ihr ungeschickte Liebesworte ins Ohr, die sie wohlwollend lächelnd hinnahm, und strich ihr über das lange schwarze Haar wie über das Fell eines Hundes.
»Du bist ein Dummkopf, Theleb K'aarna«, murmelte sie, »trotz deiner Klugheit.« Ihre halb geschlossenen Augen starrten an ihm vorbei auf die hellgrünen und orangeroten Tapeten, mit denen die Steinwände ihres Schlafgemachs ausgekleidet waren.
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