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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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Stirn glänzte Schweiß.
    »Ich bin wegen meiner Tante hier. Sie denkt daran, Ihnen ihre sterblichen Überreste zu Forschungszwecken zu überlassen. Aber sie ist zu krank, um selbst herzukommen.«
    »Ach ja?« In der Art, wie er an seiner Hakennase vorbei auf sie herabschaute, erinnerte er sie an einen Fischreiher.
    »Sie interessiert sich wirklich sehr für Ihre Arbeit. Sie würde gern mehr darüber erfahren.« Kate hoffte, ihre Schmeichelei würde ihn zugänglicher stimmen, sodass er sie ins Labor bat.
    Aber anscheinend wirkte ihr Charme heute nicht, denn Dr. Gill blieb im Eingang stehen. »Um es ganz kurz auszudrücken, Ms Lange: Ich versuche, einzelne Nerven und Nervenbahnen zu regenerieren«, sagte er knapp.
    »Sodass ein beschädigter Nerv wieder nachwachsen würde?« Sie legte die Stirn in Falten, in der Hoffnung, ihn durch offen gezeigtes Interesse aus der Reserve zu locken.
    »Ja. Nehmen wir an, ein Nerv in Ihrem Arm wird bei einem Autounfall zerquetscht. Dann wächst er zwar nach, aber nur mit einer Geschwindigkeit von einem Millimeter pro Monat. Und sehr wahrscheinlich folgt er nicht der ursprünglichen Nervenbahn.« Er sprach schnell. Offenbar konnte er dem Drang nicht widerstehen, über seine Forschungen zu reden, wollte aber auch die Tür so bald wie möglich wieder schließen. »Wenn sich der Nerv schneller wiederherstellen lässt, und das entlang der alten Nervenbahn, können Sie Ihre Hand innerhalb von Wochen wieder benutzen.«
    Er wirkte engagiert und begeistert. Kate war plötzlich sicher, dass er mit seiner Arbeit Erfolg haben würde.
    Aber um welchen Preis? Ihr fiel wieder ein, was Enid vor dem Bestattungsinstitut im Auto gesagt hatte: ›Richten Sie diesem Dr. Gill aus, dass er die Menschheit nicht auf Kosten von Leuten wie uns retten darf.‹
    »Und für diese Forschungen benutzen Sie Leichen?« Sie hätte fast »für diese Experimente« gesagt, konnte sich aber gerade noch zurückhalten. Das hätte doch zu sehr nach Dr. Jekyll geklungen.
    »Ja.«
    »Aber Sie brauchen doch nicht den gesamten Leichnam, oder?«
    »Warum wollen Sie das wissen?« Er kniff misstrauisch die Augen zusammen.
    »Meine Tante fragt sich, was genau mit ihrem Körper geschehen würde.«
    »Wir verwenden die Arme und Beine.«
    »Was passiert mit dem Rest der Leiche?«
    Dr. Gill rückte seine Brille zurecht. »Er wird eingeäschert.«
    »Von wem?«
    Er blickte ihr forschend in die Augen. Es war ihm deutlich anzusehen, wie er innerlich mit sich kämpfte; einerseits wollte er ihr erklären, wie großartig seine Arbeit war, und weitere Spender gewinnen, andererseits gefiel ihm die Richtung nicht, in die ihre Fragen gingen.
    Kate lächelte ein wenig und zuckte die Schultern. »Meine Tante ist etwas … eigen. In letzter Zeit sind viele ihrer Freunde verstorben, und sie ist sehr wählerisch, welchem Bestatter sie ihre sterblichen Überreste anvertrauen soll.«
    Er zögerte. »Wir arbeiten mit
Keane’s
zusammen.«
    Kate lächelte. »Perfekt. Genau dieses Institut schwebt meiner Tante vor.«
    Dr. Gill griff nach dem Türknauf. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, Ms Lange, ich muss wieder zurück an die Arbeit …«
    »Natürlich.« Sie versuchte nochmals, einen Blick in das Labor zu erhaschen, aber Dr. Gill wich nicht von der Stelle.
    »Auf Wiedersehen.« Man sah ihm deutlich an, was er eigentlich sagen wollte: »Jetzt gehen Sie endlich.«
    »Auf Wiedersehen.« Ein letztes Mal versuchte sie, an ihm vorbeizuschauen. Ihr war so, als wäre der blonde Mann vorhin aus diesem Labor gekommen. Aber sie konnte nichts erkennen.
    Als sie ins Freie trat, atmete sie die kühle, feuchte Luft in tiefen Zügen ein. Der Himmel war inzwischen grau und wolkenverhangen.
    Dr. Gills Nervosität hatte sie angesteckt. Ihr Magen rebellierte, so unwohl war ihr.
    Und als sie über das nachdachte, was Dr. Gill ihr gesagt hatte, wuchs ihre Unruhe noch mehr. Sie glaubte ihm, dass er die Leichen der Spender zur Einäscherung an
Keane’s Funeral Home
schickte. Die Frage war nur, ob Anna Keane sie tatsächlich sofort verbrannte.
    War Anna Keane lediglich eine clevere Geschäftsfrau, die ihr Bestattungsinstitut nutzte, um Leichen für die medizinische Forschung und für dringend benötigte Gewebetransplantate zu akquirieren?
    Oder war sie eine Leichendiebin?
    Kates Bauchgefühl sprach für den Leichendiebstahl. »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile«, hieß es immer, doch im Gewebehandel war es genau umgekehrt.
    Wie viel wusste Dr. Gill über

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