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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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riss sie aus ihrem Traum.

24
    Dienstag, 8. Mai, 2:00 Uhr
    Einen Moment lang schwebte Kate zwischen Schlafen und Wachen.
    Beim zweiten Heulen sprang sie aus dem Bett.
    »Alaska!«
    Sie griff nach ihrem Bademantel, zog ihn über und lief zugleich die Treppe hinab.
    Alaska heulte wieder. Er war in der Küche.
    Kate bekam eine Gänsehaut. Sie hatte Alaska bisher nur einmal heulen gehört. Da hatte er draußen auf der hinteren Veranda gestanden.
    Sie lief in die Küche. Alaska war auf die Arbeitsfläche gesprungen und tappte wie wild mit den Pfoten gegen das Fenster. Kate schaute ebenfalls hinaus.
    Da war jemand im Hof.
    Sie konnte die Gestalt gerade noch erkennen. Sie trug eine Kapuze und stand gebückt in Kates ungepflegtem Garten. Der Eindringling grub in der Erde.
    Sie fröstelte vor Angst.
    War das etwa der Mörder von Lisa MacAdam und Krissie Burns?
    Sie musste die Polizei rufen.
    »Sei still, Alaska«, zischte sie. Diesmal sollte der Eindringling gefasst werden. Bisher hatte er Alaskas schauriges Heulen anscheinend nicht gehört.
    Kate zerrte den Hund von der Arbeitsplatte. Da bemerkte sie draußen eine Bewegung.
    Jemand kam durchs Gartentor. Es war eine Frau. Sie schien alt zu sein, denn ihr Rücken war gebeugt, und ihr weißes Haar schimmerte unheimlich in der Dunkelheit. Langsam, aber zielstrebig durchquerte sie Kates Hof.
    Was machte sie denn da? Sah sie nicht, dass nur fünfzehn Meter entfernt ein Mörder stand?
    Die Frau passierte die hintere Veranda.
    Kate griff sich den Wischmopp und entriegelte die Küchentür. Sie lief auf die Veranda, stieß mit dem nackten Zeh schmerzhaft gegen ein unebenes Bodenbrett und zuckte zusammen.
    »Himmel!«
    Die alte Frau blieb wie angewurzelt stehen und blickte sie erschrocken an.
    »Passen Sie auf!« Kate eilte die Stufen hinab und hielt den Mopp wie eine Keule vor sich. »Da ist jemand in meinem Garten!« Sie deutete an der Frau vorbei. »Schnell! Kommen Sie mit ins Haus, ich rufe die Polizei.«
    Noch während sie sprach, befiel sie das Gefühl, als stünde sie noch in der Küche und sähe eine andere, wild gewordene Kate draußen mit dem Mopp herumfuchteln und wirres Zeug reden. Denn die alte Dame schien von ihrer Aufregung völlig unbeeindruckt.
    Kate blickte sich um. Der Mörder stand nach wie vor im Garten, inzwischen regungslos.
    Langsam senkte Kate den Mopp. Alaska war jetzt neben ihr. Er hatte die Ohren aufgestellt, und aus seiner Kehle drang ein tiefes Knurren.
    »Meine Liebe, es tut mir sehr leid, dass ich Sie störe«, sagte die alte Dame. Nervös blickte sie auf Alaska. »Und es tut mir leid, wenn meine Schwester Sie erschreckt haben sollte.«
    »Ihre Schwester?«, brachte Kate verdutzt heraus. Diese Gestalt im Kapuzenmantel war kein Mörder und Psychopath, sondern eine alte Frau?
    Die Dame nickte. »Ja, das ist meine Schwester.« Kate starrte die dunkle Gestalt an. Sie sah nur ihren Rücken. Aus der Entfernung und in der Dunkelheit war sie sicher gewesen, dass dieser Jemand im Kapuzenmantel ein Mann war, und zwar ein ziemlich großer.
    »Wir kennen uns noch nicht«, fuhr die Dame fort. »Mein Name ist Enid Richardson. Ich wohne mit Muriel hier in der Straße.«
    Kate blickte sie an. Die Richardson-Schwestern. In ihrem Hof. Sie hatte nicht geahnt, dass sie noch lebten, und noch dazu in diesem Viertel.
    Enid Richardson streckte ihr die Hand entgegen. Im Licht der Verandalampe wirkte diese Hand blass und durchscheinend, fasste aber kräftig zu. Kate hoffte nur, dass die Frau sich nicht an sie erinnerte. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mrs Richardson. Ich heiße Kate … Lange.«
    »Kate Lange?« Enid Richardson sah sie von Kopf bis Fuß an und schaute ihr dann ins Gesicht. Kate hätte sich am liebsten ganz in ihrem abgetragenen Bademantel verkrochen. »Ich habe mir doch gleich gedacht, dass mir diese Augen irgendwie bekannt vorkommen.« Enid lächelte. »Jetzt erinnere ich mich an Sie. Was für liebe kleine Mädchen Sie und Ihre Schwes…« Sie hielt abrupt inne. Ein mitleidiger Ausdruck trat in ihre Augen.
    »Ja, nun ja …« Kate schaute sich verzweifelt um. Ihr Blick fiel auf Muriel Richardson. »Mrs Richardson, warum kommt Ihre Schwester immer wieder in meinen Hof?«
    »Miss Richardson«, korrigierte die Dame. »Aber bitte nennen Sie mich Enid.« Sie lächelte und schaute dann ebenfalls zu Muriel hinüber, die jetzt auf dem Boden kniete. »Meine Schwester hat Alzheimer. Sie hat als Kind oft hier gespielt. Nun zieht es sie wieder her.« Sie seufzte.

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