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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Callow
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Uhr abends …«
    Finn lächelte unbeschwert. Dieses Lächeln versetzte ihrem Gedächtnis erneut einen Stoß. Die Erinnerung wurde deutlicher. Moment … gleich hatte sie es … gleich …
    Die Beerdigung.
    Er sah aus wie der Mann, der bei der Trauerfeier zusammen mit ihr die Kirche betreten hatte. Später war er ihr bei ihrem peinlich überstürzten Abgang zu Hilfe geeilt, doch Ethan war ihm zuvorgekommen.
    Sie musterte ihn aufmerksam. Er trug Jeans und ein T-Shirt mit V-Ausschnitt, aber in einem Anzug …
    »Sie kommen mir bekannt vor«, sagte sie und fühlte gleich darauf, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Sicher versuchten es alle weiblichen Singles unter seiner Kundschaft irgendwann bei ihm. Hoffentlich dachte er jetzt nicht, dass sie genauso war.
    Um seine Augen bildeten sich Fältchen. Die Augen waren blaugrün. Und sehr schön. »Hm … Sie kommen mir auch bekannt vor.«
    Meinte er das ernst, oder spielte er nur den Ball zurück? Sie schlug einen geschäftsmäßigen Ton an: »Waren Sie vielleicht am Samstag auf der Beerdigung von Lisa MacAdam?«
    Er zuckte zusammen. »Ja. Waren Sie auch dort?«
    »Ja.«
    »Es ist wirklich schrecklich, was da mit ihr passiert ist.« Er vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Lisa war so ein nettes Mädchen.«
    Jetzt war sie überrascht. »Sie haben sie gekannt?«
    »Eine meiner Kundinnen wohnt auf der gleichen Etage wie Lisas Mutter. Lisa kam oft rüber, um den Hund zu besuchen. Sie hat Hunde geliebt.« Eine leichte Röte zeigte sich auf seinen gebräunten Wangen.
    Kate bemerkte es und war verwirrt. Doch dann ging ihr auf, weshalb er so reagierte. Die fünfzehnjährige Lisa hatte nicht nur den Hund gemocht. Sie hatte sich in den Hundeausführer verguckt. Das war nur zu verständlich: dieses markante Gesicht, dieses Geschick im Umgang mit Tieren. Wahrscheinlich passierte es ihm ständig.
    »Haben Sie sie oft gesehen?«
    Er trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Wir waren Freunde. Sie war ein nettes Mädchen, trotz allem.«
    »Trotz allem? Was meinen Sie damit?« Plötzlich wollte sie unbedingt herausfinden, was für ein Mädchen Lisa gewesen war. Was sie auf die Straße getrieben hatte.
    Er schien es zu verstehen. »Trotz der harten Schale. Sie wissen schon, die gefärbten Haare, das Make-up.« Er wirkte bedrückt. »Sie wollte unbedingt bei den anderen Mädchen mithalten – flirten und so –, aber eigentlich war sie noch ein Kind. Sie hatte so ein Tattoo …«
    »Ein Tattoo?« Das klang nicht gerade nach einem Kind.
    »Einen Hund. Sie hat mir erzählt, er sähe aus wie ein Hund, den sie mit acht Jahren kennengelernt hat. Sie hat diesen Hund geliebt und wollte unbedingt selbst einen haben. Aber ihre Mutter hat es nicht erlaubt.« Er wandte den Blick ab. »Das war grausam. Ich hätte ihn umsonst ausgeführt …« Er blickte Kate wieder an. »Sie war nur ein Kind, wissen Sie?«
    »Ich weiß«, sagte Kate leise. Ein Kind, das nie eine richtige Kindheit hatte.
    Sie schwiegen bedrückt, und zwischen ihnen entstand die seltsame Verbundenheit von Menschen, die gemeinsam trauern.
    »Wissen Sie, was mir wirklich unter die Haut gegangen ist?«, sagte er plötzlich. »Wie ihre Großmutter den Stoffhund in den Sarg gelegt hat. Das werde ich nie vergessen.«
    Dieser struppige, schmutzige Hund mit nur einem Ohr. Kate hatte versucht, die Erinnerung zu verdrängen. Das Kuscheltier war irgendwie am Hals des toten Mädchens zu liegen gekommen. Als ihr Beschützer.
    Kate musste blinzeln, ihr stiegen Tränen in die Augen. Was passierte da gerade mit ihr? Sie war kurz davor, vor einem Mann, den sie eben erst kennengelernt hatte, die Fassung zu verlieren. Sie warf ihm einen Blick zu. Ihm schien es nicht viel besser zu gehen.
    Kate räusperte sich. »Ich wollte Ihnen noch dafür danken, dass Sie am Ende des Gottesdienstes zu mir gekommen sind, um mir zu helfen …« Sie verstummte. Finn wirkte verblüfft. »Waren Sie das nicht?«
    »Nein.« Er lächelte entschuldigend. »Tut mir leid.«
    Kates Gedanken überschlugen sich. Er kam ihr so bekannt vor. Andererseits, wenn man lange genug in Halifax lebte, schien einem jedes zweite Gesicht bekannt.
    Finn wandte sich zum Gehen. Die merkwürdige Vertrautheit war verflogen. »Ich hole Alaska morgen früh um zehn ab«, sagte er betont munter, »und dann wieder um halb vier.«
    »Wunderbar. Ich wünschte, ich könnte um fünf zu Hause sein, aber meine Arbeit …«
    Er lächelte, ein sehr beruhigendes Lächeln. Kates Schuldgefühle

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