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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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Gletscherforschern zufällig darauf gestoßen. Sie haben eine Argos-Bake auf dem Eisberg zurückgelassen. Dadurch sind wir in der Lage, seine Position auf den Meter genau und in Realzeit zu bestimmen.
    Der Auftraggeber hat die Spur des Schiffes wiedergefunden und bestätigt uns, dass das Kadmiumoxyd sich darin befindet (schätzungsweise +/ – 200 Fässer dem Archiv zufolge). Es präsentiert sich in Form von würfelförmigen Kristallen, die zur Herstellung elektrochemischer Batterien dienten. Die Taucher, die es heraufholen sollen, werden täglich mit den Fässern in Berührung sein. Ich bitte dich, die Risiken einzuschätzen und das bei der Vorbereitung des Materials, das du mitnimmst, zu berücksichtigen. Ich will keine unangenehmen Zwischenfälle. JPR
    Gletscherforscher … Ein Schiffbruch 1918… Kadmiumoxyd … Aber Roubaud machte keinerlei Angaben über den Auftraggeber. Nathan notierte sich die dürftigen Hinweise in seinem Notizheft. Weitere Dokumente auf Englisch enthielten Angaben über die Giftigkeit des Metalls und wissenschaftliche Daten über die verseuchten Böden sowie die empfindlichen lebenden Organismen. Nathan las sie aufmerksam und blätterte in aller Eile den Rest des Dossiers durch. Ein loses Blatt berichtete über das tragische Schicksal der Einwohner von Tateyama, einem japanischen Bergwerksdorf, dessen Wasservorräte und
Reisfelder durch die Abwässer einer Kadmiumfabrik kontaminiert worden waren. Eine Reihe alter Fotos zeigte das ganze Grauen des Dramas. Männer, Frauen, Säuglinge des asiatischen Typus: verstörte Augen, hervorstehende Knochen, verkümmerte, im rechten Winkel gebrochene Gliedmaßen. Das waren anthropometrische Beweise. Die Körper, die Schädel, die Gesichter schienen vom Teufel persönlich modelliert worden zu sein. Von Übelkeit gepackt, legte Nathan die Dossiers wieder in den Karton zurück und zog ein rasches Fazit aus den gesammelten Informationen.
    Trotz des Grauens, das es auslöste, stellte das Kadmiumoxyd nur dann eine Gefahr dar, wenn man über einen längeren Zeitraum mit ihm in Kontakt kam. Das bedeutete, dass die Teilnehmer an der Mission, selbst wenn sie Kristalle freigesetzt haben sollten, nichts oder wenig riskierten. Das Metall konnte also nicht die Ursache für Jan de Wildes Tod sein…
     
    Nathan durchkämmte gründlich die ganze restliche Wohnung, öffnete alle Schubladen, suchte die Möbel ab und durchforstete die große Bibliothek. Dries saß währenddessen stumm in einer Ecke des Raums. Seine Augen wirkten wie zwei von innen gespaltene Glaskugeln. Der Mann hatte jeden Halt verloren, der Tod seines Sohnes hatte ihm den Rest gegeben.
    Dennoch seufzte er nach einer Weile. »Ich habe da vielleicht eine Idee… Was uns helfen könnte, Auskünfte über das zu erhalten, was an Bord geschehen ist …«
    »Was?«
    »Die Ladeverzeichnisse.«
    »Was ist das?«
    »Zollerklärungen. Jedes Schiff ist an sehr präzise Bestimmungen gebunden und gehalten, alles darin anzugeben, was es an Bord transportiert, und sie von den Behörden der Häfen, in denen es liegt, stempeln zu lassen. Das Zollamt von Antwerpen besitzt sicher ein Exemplar.«

    »Kann man sie einsehen?«
    »Ich glaube nicht, aber ich verfüge über einen guten Kontakt, mit einem Scheinchen ließe sich da vielleicht was machen …«
    »Wann, glauben Sie, könnten wir sie bekommen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte de Wilde, während er die Platten des Fußbodens betrachtete. »Morgen …«
    Als er den Kopf hob, stand Nathan vor ihm, seinen Parka in der Hand.
    »Jetzt, Dries. Wir fahren jetzt hin!«
    16
    Draußen hatte der Regen an Heftigkeit noch zugenommen. Polypenartige Wolken wälzten sich durch die Nacht und ergossen ihre schwarzen, eisigen Sturzbäche über die Docks. Nathan wartete am Steuer seines Wagens, der gegenüber dem Zollbüro parkte. Vor knapp einer halben Stunde war de Wilde in das Betongebäude hineingegangen. Er musste jeden Augenblick wieder herauskommen.
    Was würde das Ladeverzeichnis enthüllen? Und wenn Roubaud es ebenfalls gefälscht hatte? Das war wenig wahrscheinlich; laut de Wilde waren die Kontrollen streng. Den Verlust eines Logbuchs konnte man noch rechtfertigen, aber der geringste Betrug würde für die Verantwortlichen von Hydra ein unkontrollierbares persönliches Risiko bedeuten. Nathan zündete sich eine Zigarette an. In diesem Augenblick tauchte Dries’ dunkle Gestalt auf, gebeutelt von den Regenbächen, die über die Wagenscheibe rannen. Nathan streckte den Arm

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