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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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Nachlässigkeit handelte.
    Er blickte auf seine Uhr. Kurz nach dreiundzwanzig Uhr.
    »Dries, Sie haben nicht zufällig Roubauds private Telefonnummer?«
    »Er hat mir seine Handynummer gegeben… Was ist los?«
    »Geben Sie sie mir, bitte.«
    Der alte Mann suchte in seiner Brieftasche und reichte Nathan die Karte; dieser tippte sofort die Nummer auf seinem Handy.
    »Was ist denn los … Reden Sie, verdammt!«
    »Einen Augenblick …«
    Eine Stimme ertönte im Hörer.
    »Roubaud?«
    Nach kurzem Schweigen fragte der Chef von Hydra: »Falh?«
    »Wo sind die Leichensäcke hingekommen?«
    »Waren Sie das an Bord des Eisbrechers?«
    »Ja, und ich verspreche Ihnen, das war nur der Anfang, wenn Sie mir nicht sagen, wo diese verdammten Leichensäcke hingekommen sind.«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Warum dieser Halt in Spitzbergen?«

    »Wo sind Sie?«
    »Was ist mit dem Schiffsarzt passiert? Wo kommt dieser Fingernagel her, den ich im Kühlraum gefunden habe?«
    »Falh … wo sind Sie?«, fragte Roubaud erneut kühl.
    Seine Stimme klang wie eine Drohung. Nathan unterbrach die Verbindung. De Wilde packte ihn am Arm. Seine Augen waren gerötet, seine Stimme zitterte: »Was ist das für eine Geschichte? Dieser Fingernagel …«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    Der alte Mann schwankte jetzt und versuchte nicht mehr, seine Tränen zurückzuhalten, die über seine eingefallenen Wangen liefen. Er umklammerte Nathans Arm noch fester.
    »Sie sind mir eine Erklärung schuldig. Ich muss wissen, wie mein Sohn gestorben ist.«
    »Beruhigen Sie sich, Dries. Es ist noch zu früh für irgendwelche Schlussfolgerungen.«
    »Sie haben mich und Jan benutzt…«
    »Ich habe niemanden benutzt. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, Sie da nicht mit hineinzuziehen.«
    »Ich werde… ich werde die Polizei verständigen.«
    »Das werden Sie nicht tun. Wie Sie bemerkt haben, gibt es keinen Beweis, dass Jan auf andere Weise gestorben ist, als Roubaud Ihnen gesagt hat. Sie können nichts tun.«
    »Dreckskerl, Sie sind ein hundsgemeiner Dreckskerl!«
    Nathan befreite sich mit einer ruckartigen Bewegung aus der Umklammerung, ging dann wortlos in die Diele und eilig die Treppe hinunter.
     
    Der Regen hatte aufgehört, und die Lichter der Stadt ließen den nassen Asphalt immer heller erglänzen. Während Nathan zu seinem Wagen ging, sah er, wie die Straße sich durch Tausende zitternder Goldtropfen und dünne silberne Schlangen belebte, die mit jedem seiner Schritte zum Leben zu erwachen schienen. Er war ziemlich grob zu Dries de Wilde gewesen, er
mochte das gar nicht, aber hinter diesem Verhalten steckte eine unumstößliche Tatsache: Er durfte sich nicht länger mit diesem alten Mann belasten, und noch weniger durfte er ihn in eine Geschichte hineinziehen, die über seinen Verstand ging. Er bat ihn in Gedanken um Verzeihung.
    Die Nachforschungen nahmen erneut sein ganzes Denken in Anspruch. Er blieb stehen und blickte zum Himmel hinauf.
    Nichts passte zusammen. Die nicht vorhandenen Schwermetalle … Der Crash der Agusta … Die verschwundenen Leichensäcke … Der Zwischenhalt in Spitzbergen …
    Das alles war unverständlich. Nathan glaubte kein Wort der offiziellen Version. Die drei Männer waren auf eine ganz andere Weise gestorben, und ihre Körper waren geborgen worden. Der menschliche Fingernagel, den er im Kühlraum gefunden hatte, war der eindeutige Beweis.
    Roubaud und die Mannschaft hatten die Wahrheit verschleiert.
    Aber was versuchten sie zu verbergen? Was war geschehen, dass sie das Risiko eingingen, ein solches Lügengebäude zu errichten?
    Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
    17
    Von oben gesehen erinnerten die langen Zirruswolken mit ihren flaumigen Kronen an ein Grabtuch, das die Welt einhüllte, eine Welt von Geheimnissen und Toten. Je weiter er in seine Vergangenheit zurückging, desto mehr hatte Nathan das Gefühl, stecken zu bleiben: Jede Tür, die er öffnete, führte ihn mitten in ein neues Geheimnis.
    Am Abend zuvor war er nach Brüssel zurückgekehrt, hatte die Nacht in der Nähe des Flughafens verbracht und war in das
erste Flugzeug nach Oslo gestiegen. Anschließend hatte er sich nach Tromsø im äußersten Norden des Landes begeben und dort die planmäßige Linie genommen, die den Kontinent mit dem Svalbard-Archipel verband.
    Auf Bitten der Stewardess schloss Nathan seinen Sicherheitsgurt, und fast unmittelbar danach setzte die zweimotorige Maschine zum Sturzflug an, um in die dichte Wolkendecke

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