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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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mir, haben die jüngsten Ereignisse keinerlei Erinnerungen bei Ihnen geweckt?«
    »Nein, nichts.«
    »Sind Sie wirklich sicher?«
    Nathan spürte, dass Woods ihm nicht so ganz glaubte. Er versuchte, seine Stimme so selbstsicher wie möglich klingen zu lassen: »Absolut.«
    Kurzes, nachdenkliches Schweigen. Nathan war sich jetzt sicher, dass Woods sein Spielchen durchschaut hatte, dass er begriffen hatte, dass er etwas vor ihm verbarg.
    Nach ein paar Sekunden sagte der Engländer: »Nathan, es hätte Sie beinahe erwischt. Sind Sie sicher, dass Sie nicht aufgeben wollen?«
    Die Frage verwirrte Nathan.
    »Wieso?«
    »Ich fürchte, die Sache ist ein paar Nummern zu groß für uns.«
    »Was ist los mit Ihnen, Ashley?«
    »Seien Sie nicht gleich eingeschnappt, ich mache mir einfach Sorgen um Sie, das ist alles. Sie haben zwei Ihrer Verfolger getötet, glauben Sie mir, sie werden nicht so einfach aufgeben. Sie wollen irgendetwas von Ihnen bekommen, von dem sie wissen, dass Sie es haben.«
    »Ich verspreche Ihnen, auf der Hut zu sein.«
    »Das müssen Sie wissen, aber passen Sie auf sich auf. Schön, nachdem Sie also jetzt eine Verbindung zwischen den Verbrechen hergestellt haben, werde ich an dem Manuskript weiterarbeiten, ich denke, es ist von entscheidender Wichtigkeit, den Text gründlich zu studieren. Trotz der Jahrhunderte, die sie
voneinander trennen, wird er uns vielleicht neue Hinweise liefern, die uns in unserer Geschichte weiterhelfen. Wir telefonieren, sobald es etwas Neues gibt.«
    Nathan verabschiedete sich von Woods und versprach ihm, sich bald wieder bei ihm zu melden. Er vermied es bewusst, sich zu fragen, was ihn veranlasst hatte, nicht über Rhoda zu sprechen, trank einen Schluck Kaffee und blickte auf seine Uhr. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen. In der Hotelboutique erwarb er ein weißes Hemd, eine Jeans und eine dunkle Brille, um die Kampfspuren zu verbergen, dann blieb er am Kiosk stehen und kaufte die aktuelle Ausgabe von Le Monde . Er schlug die Zeitung auf der Lokalseite auf und überflog die Artikel und Meldungen. Nichts. Die Leichen der Killer wurden mit keinem Wort erwähnt. Die Frage war, wie lange es dauern würde, bis sie entdeckt würden. Je später, desto besser. Wenn die Bullen die Leichen entdeckten, würden sie im Viertel ermitteln und mögliche Zeugen befragen, zu denen auch das Personal des Sofitel gehören würde. Und dann würden sie schnell bei ihm landen.
    Er klemmte sich die Zeitung unter den Arm und trat ins Licht hinaus.
    Paris tauchte wie eine Kette steiler Berge vor ihm auf. Die milde, helle Sonne schwang sich auf die Dachfirste und drang in jeden Winkel. Er schloss die Augen und ließ sich vom Brausen des Frühlings umfangen.
    Sie war irgendwo da draußen zwischen den schwarzgoldenen Kuppeln, dem zartgrünen Laub der Bäume und den hellen Wohnhäusern. Er dachte an ihren fremd klingenden Namen, an ihre aschblonden Locken, an ihre sanfte Stimme und an ihre smaragdenen Augen.
    In genau in diesem Augenblick bedeutete leben für ihn, sich zu erinnern, und er hatte nur ein Verlangen: Rhoda.

    25
    Nathan zog es vor, die letzten Meter zu Fuß zu gehen. Das Taxi setzte ihn in der rue Saint-Antoine vor der Metrostation Saint-Paul ab. Er ging die rue de Birague hinunter, durch den großen Bogen der Place des Vosges- und betrachtete aufmerksam die Galerien unter den Arkaden; dann wanderte sein Blick zum Garten jenseits des Gitterzauns.
    Und da sah er sie, im Schatten der großen Bäume.
    Nathan ging langsamer und betrachtete die grazile Gestalt. Sie stand da, blickte auf den Boden und drückte einen großen Umschlag an ihre Brust.
    Diesmal waren ihre Locken zu einem schweren Knoten zusammengebunden, der von einem Stäbchen gehalten wurde, so dass ihre dunklen Schultern und ihr dunkler Hals frei waren und einen starken Kontrast zu dem gebrochenen Weiß ihres Kleides bildeten, das sich perfekt ihrem schlanken Körper anschmiegte.
    Nathan spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er hatte keine Ahnung, welche Gefühle er bei ihrer Begegnung in Zaire für sie, für andere, unter anderen Himmeln empfunden haben mochte. Aber was er in diesem Moment empfand, schien ihm ein Augenblick reiner Gnade zu sein, und er war sicher, dass er eine solche Empfindung vorher noch niemals gehabt hatte.
    Wie gern hätte er alles vergessen: das ewige Eis der Arktis, Woods, das Manuskript, die Killer, die hinter ihm her waren, die Verletzung seines toten Gedächtnisses.
    Wie gern wäre er einfach nur ein

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